Meine Leica M3 (Bj. 1955) mit Elmar 50mm (Bj. 1963), Bild analog mit M2 und 90mm Summarit, Kodak TMax400

Am 1. April veröffentlichte Mike Evans eine schöne Glosse über eine fiktive Leica M3 „Digital“, die der CEO von Leica …Hektor Barnack (!!) in Bad Wolkenkuckucksheim (nahe Wetzlar, muss ich unbedingt mal hin) vorstellte. Diese M3D sollte exakt die Ausmasse der alten M3 haben, keinen Monitor auf der Rückseite (stattdessen ISO-Wahlrad), einen Filmtransporthebel zum Spannen des Verschlusses und als einzige Konzession zur Moderne die Verschlusszeiten-Automatik wie bei der M7, da viele Messsucher-Enthusiasten (wie auch ich)  das Fofografieren mit Blenden-Priorität bevorzugen. immerhin gefiel der Artikel sogar bei Leica, denn sie nahmen den Tweet auf.

Ich muss sagen, meine Gefühle beim Lesen dieses Artikels waren bittersüss. Ich hatte einen Kloss im Hals. Wenn es doch nur wahr wäre! Wenn Leica eine solche Kamera mit „State of the Art“- Sensor herausbringen würde… Hammer! Was für eine digitale Schönheit das wäre…wie die echte M3. Wäre super, wenn jemand bei Leica sich über den Marktwert einer solchen Kamera mal Gedanken machen würde.

Analogfotografie
Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter

Aber wenn das auch nicht wahr werden muss, ein Trost bleibt mir: Ich habe eine M3,  „the real thing“ schon vor Jahren erworben, zusammen mit einer M2. Wenn ich in meinem Arbeitszimmer meinen Blick vom Bildschirm zur Seite wende, sehe ich die beiden im Schrank, hinter Glas. Wenn ich sie zur Hand nehme, durchströmt mich ein Gefühl der Ehrfurcht vor der Ingenieurskunst, die darin liegt. Ich löse aus und horche auf das leise Klicken des Tuchverschlusses, oder vielleicht lasse ich das Vorlaufwerk (den mechanischen Selbstauslöser) mal schnurren. Weiß jemand nicht, was „Mojo“ ist? Diese Kameras haben Mengen davon.

Aber sie sind keine Ausstellungsstücke, und ich bin kein Sammler. Ich benutze sie, wenn auch unregelmässig. Das schon das Fotografieren mit einer digitalen Messsucherkamera „entschleunigt“, ist klar. Nehme ich die M3 oder M2 zur Hand, begebe ich mich auf eine Zeitreise in einen guten Teil der Vergangenheit (es ist ein Mythos, das früher alles besser war) und fühle mich den Grossen (Burri, Capa, Eisenberg… die Liste ist lang) nahe.

Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter Classic-Cars, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Tri-X 400, Gelbfilter

Classic-Car-Rallye, M3 und Kodak Tri-X 400

Die M-Kameras sind legendär für ihre Diskretion, können aber auch ein Blickfang sein. Zunächst mal ist der Form-Faktor der Kamera so, dass sich niemand von ihr bedroht fühlt, ein Plus für die Strassenfotografie. Es kann auch durchaus sein, dass man Komplimente zu der Kamera von wildfremden Menschen bekommt. Dies gilt auch in begrenztem Masse für die „Erben“, oft wurde ich gefragt, ob die M oder M9 noch ein analoges Modell sei, ebenso kann es einem mit der Fuji X100 oder der X-Pro1 oder 2 gehen. Zurückzuführen ist das alles aber auf die M3, den Archetyp einer Kamera.Yours truly in action with M3 Warum wohl sehen alle Ikons, die irgendwie eine Kamera darstellen sollen, wie eine M3 aus? Was übrigens Schönheit einer Kamera betrifft, ist es mir nicht möglich, dafür objektive Parameter anzugeben. Ich weiss nur, dass die M-Kameras es sind und davon profitieren alle Nachfolger (inklusive Fuji). Die Aesthetik der M3 verhält sich zu einer modernen DSLR  etwa so wie ein Porsche 911 zu einem Schaufelbagger.

An zwei Begegnungen erinnere ich mich besonders gut: Das eine mal war ich auf einem südfranzösischen Markt. Ein Standbesitzer kam auf einmal hervor und bewunderte die M9. Er war immerhin sachkundig genug, nachzufragen, ob das ein Summicron-Objektiv sei (es war das Summilux) und schwärmte von Leica („grand Marque!“) mit der entsprechenden Gestik, die nur ein Franzose drauf hat. Als ich dann meine M3 hervorholte, die ich in der Tasche hatte, weil ich zuvor eine Rolle Kodak-Ektar belichtet hatte, fiel er fast auf die Knie. Er behandelte sie wie die Gebeine Christi. Wir schieden in der einvernehmlichen Meinung voneinander, dass es nie eine bessere Kamera gab.

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Auf einem südfranzösischen Markt, M3 mit Kodak Ektar 100

Das zweite Mal war im Skiurlaub in Südtirol. Ich hatte mit der M3 an der Hauptsammelstelle der Skischulen fotografiert, als ich auf einmal den Blick eines Skilehrers schwer auf mir ruhen fühlte. Er starrte. Auf meine Brust. Dort hing die M3. Er kam auf mich zu und griff sich wortlos die Kamera. Betrachtete sie von allen Seiten, sah durch den Sucher. Sein Gesichtsausdruck war schwer lesbar, aber es lag etwas weiches, sentimentales in seinem Blick. Schliesslich gab er mir die Kamera zurück und eröffnete mir, dass er in den 60er Jahren Fotograf war und damit gearbeitet hatte. Das war also der Blick. Er hatte einen alten, langvermissten Freund wieder getroffen. Es war übrigens der Chef der Skischule (Hier im Bild bei der Siegerehrung des Skirennens, M3 mit Kodak Ektar).Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100

Geschichte

Ein Exkurs zur Geschichte der M3: Sie wurde 1954 vorgestellt und ist das erste Modell der Reihe mit dem damals neu entwickelten M-Bajonett. Die „3“ kommt von den drei Messsucher-Rahmen (50, 90 und 135mm), die eingespiegelt werden, je nach Objektiv. Der Sucher ist riesig und hell, optimiert für die damals üblichen 50mm. Um die Nomenklatur klarzustellen: Die M2 ist tatsächlich ein späteres Modell (1958 vorgestellt), etwas einfacher ausgestattet, aber natürlich ebenso solide und unverwüstlich. Der Sucher ist für 35, 50 und 90mm-Objektive ausgestattet. Wenn ich mit 35mm (28mm geht auch noch so grade) analog fotografiere, greife ich zur M2, weil sie mich der Notwendigkeit enthebt, ein Objektiv mit „Brille“ vor dem Sucher zu verwenden. Die M1 kam 1959 als nochmals vereinfachte Version der M2 auf den Markt und hatte keinen Messsucher.

Analog

Nein, analog ist nicht tot und wird es auf absehbare Zeit auch nicht sein. Es gibt genügend Leute, die sich viel mehr noch als ich ausschließlich mit analoger Fotografie beschäftigen und damit zufrieden sind, besser gesagt: Sie vermissen überhaupt nichts! Für die schreibe ich auch diesen Artikel nicht, die wissen, wie’s geht. Mehr für diejenigen, die schon mal mit einer alten Kamera geliebäugelt haben, aber nicht recht wussten, wie sie’s anfangen sollten.

Homeless, Leica M2 mit Elmar 50mm, Kodak TMax400

Homeless – Leica M2 mit Elmar 50mm, Kodak TMax400

Filmauswahl und Entwicklung

Wenn ich mit der M2 oder M3 losziehe, muss ich mir vorher Gedanken machen, welchen Film ich einlege. Die klassische Wahl ist natürlich Schwarzweiss. Leica-Shooter lieben den Kodak Tri-X, der mit 400 ASA (wir können ASA mit ISO gleichsetzen) recht empfindlich ist, und den man bei Bedarf auch auf 800 ASA und mehr „pushen“ kann (die Entwicklung wird nur etwas kniffliger). Wem der Tri-X zu grobkörnig ist, kann auch auf Filme wie den Kodak TMax100 oder Fuji Neopan zurückgreifen, um nur mal was zu nennen. Die Auswahl ist immer noch immens. Wer entsprechend fanatisiert ist, kann diese Filme ohne Probleme zuhause entwickeln, man braucht nicht viel Equipment und es ist leicht zu bekommen, zum Beispiel hier.Alles für die Schwarzweiss-Entwicklung Ich kann leider nicht empfehlen, solche „echten“ Schwarzweissfilme in die gewöhnlichen Drogeriemärkte zum Entwickeln zu geben, erstens dauert es sehr lange, zweitens ist das Ergebnis möglicherweise „suboptimal“, weil sie einfach nicht mehr wissen, wie man mit der Schwarzweiss-Entwicklung richtig umgeht. Will man das vermeiden, sollte man einen sogenannten „Mädchenfilm“ (rieche ich hier Sexismus? Der Ausdruck stammt nicht von mir…) nehmen, das sind Schwarzweissfilme (z.B. der Ilford XP2), die man mit der gewöhnlichen Farbmethode (C41) entwickeln muss. Daher kommen die grossen Ketten damit klar.

Leica M3 mit 50mm Elmar, Fuji Provia

Ein Vorspiel, Leica M3 mit 50mm Elmar, Fuji Provia

Ich selbst war dazu übergegangen, selbst zu entwickeln, gebe allerdings ehrlich zu, dass mir das zwar Spass macht, aber einfach zu zeitaufwendig wird. So habe ich mich nach Alternativen umgesehen. Das Wissen um die Entwicklung der Schwarzweissfilme ist in vielen kleineren Laboren noch präsent, vielleicht findet man etwas in der Nähe. Ich bin auf eine Webseite einer Firma aus Berlin gestossen, die sich auf diese Sache spezialisiert hat. Vermutlich werde ich meine nächsten Tri-X- Filme dorthin schicken.

Bundeskanzleramt, Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100

Angie’s Palace, auch Bundeskanzleramt genannt, Leica M3 mit 50mm Elmar, Kodak Ektar 100

Aber warum nicht auch Farbfilm? Es gibt zum Beispiel einen Riesenvorteil, wenn man in Farbe fotografiert (von der Entwicklung mal abgesehen, denn diese Filme kann man überall hingeben): Beim einscannen kann das ICE-System der Scanner die Staubpartikel und Kratzer erkennen und automatisch beseitigen, eine Riesen-Zeitersparnis. Das geht bei Schwarzweiss aus technischen Gründen nicht. Ich bevorzuge (reine Geschmacksache) den 60er-Jahre Look des Kodak Ektar, aber habe auch schon Fuji Superia, Velvia oder Provia etc,. benutzt. Jeder Film hat seinen eigenen Charakter, und das macht auch einen Teil der Faszination aus. Darum sind Film-Emulationsfilter so populär.

Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100 Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100 Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100

Drei Bilder vom Checkpoint Charlie, Leica M3 mit 50mm Elmar, Kodak Ektar 100

Film einlegen

Es gibt möglicherweise heute Menschen, die so etwas noch nie gemacht haben… am besten schaut man sich mal eine der Original-Bedienungsanleitungen an, die im Leica-Wiki herunterzuladen sind. Dies ist sowieso eine empfehlenswerte Lektüre und herrlich überschaubar. Macht einen geradezu Aggressiv, wenn man an die aufgeblähten Manuals der modernen Kameras denkt.

Friends, Leica M2 mit 50mm Elmar, Kodak TMax400

Freundinnen, Leica M2 mit 50mm Elmar, Kodak TMax400

Filter

Bei Schwarzweissfilmen (Leica Monochrom-Leute, aufgepasst! Das gilt auch für euch!) sollte man sich verschiedener Farbfilter bedienen. Es geht um Tonwerttrennung. Was das ist? Ogottogott, das führt zu weit, aber man kann hier was darüber nachlesen. Ich nehme jedenfalls standardmässig einen Gelbfilter. Wenn man mit einer digitalen Kamera Schwarzweissfotos macht, kann man die Tonwerttrennung im Postprocessing (in Lightroom oder Silver Efex) durchführen, dazu habe ich schon mal ein Video-Tutorial gemacht. Farbfilter für die Schwarzweiss-FotografieWer es sich ansieht, versteht dann auch, um was es geht. Das funktioniert aber eben nur bei Bilddateien mit Farbkanälen, also nicht bei der Leica Monochrom. Und eben darum ist sie, genau wie die analogen Schwarzweissfilme, auf physische Filter vor dem Objektiv angewiesen! Achtung: Die Filter schlucken je nach Farbe Licht. Bei einer Kamera mit TTL-Messung ist das natürlich egal, aber bei einem externen Belichtungsmesser wie dem Leicameter (siehe unten) muss man Filterfaktoren beachten, d.h., die ASA-Zahl des jeweiligen Films verringert sich. Bei Faktor 2 eines Gelbfilters zum Beispiel ist der 100-ASA Film in der Kamera plötzlich bei 50. Der Faktor ist auf den Filtern vermerkt.

Leica M2 mit 35mm Summilux, Kodak Tri-X 400

Kleines Konzert, Leica M2 mit 35mm Summilux, Kodak Tri-X 400

Objektive

Vor meiner M3 habe ich meist ein versenkbares 50mm Elmar von 1963, es ist einfach „in Style“. Mit eingefahrenem Objektiv wird die Kamera dann Manteltaschentauglich. Die M2 nehme ich gerne, wenn ich vorhabe, mein (modernes) 35er Summilux zu benutzen, weil sie den passenden Sucherrahmen hat. Aber das Schöne am M-System ist, dass es beliebig Auf- und Abwärtskompatibel ist. Die M3 funktioniert genauso gut mit dem neuesten 2016er 28er Summilux wie mit den Objektiven der Schraub-Leicas bis 1923 zurück. Bitte mal ein anderes Kamerasystem nennen, wo es so etwas gibt. Scharf nachgedacht? Genau, es gibt nämlich sonst keins.

Belichtungsmessung

Die M2 und die M3 sind vollmechanisch, sie brauchen keinen Strom, keine Batterien. Sie haben keinen eingebauten Belichtungsmesser, also braucht man einen separat oder muss schätzen. Das geht mit einiger Erfahrung übrigens erstaunlich gut. Man kann sich auch an der „Sunny-Sixteen“-Regel orientieren: Bei Sonnenschein den reziproken Wert der Filmempfindlichkeit in ASA als Belichtungszeit bei Blende 16. Also: Ein 100 ASA Film bei Blende 16 (bei Sonne) 1/100sec, dann je nach Blende zurückrechnen: Bei Blende 11 1/200sec, Blende 8 1/400sec und so weiter (bei jeder vollen Blendenzahl halbiert sich die Belichtungszeit). Funktioniert bei normalem Tageslicht erstaunlich gut. Ansonsten gibt’s jede Menge Belichtungsmesser-Apps für Smartphones, wenn man sich die Mühe machen will, so ein Teil herumzuschwenken.

Viel cooler ist es, ein „Leicameter“ zu benutzen. Leicameter MREs ist sozusagen ein Belichtungsmesser mit Umrechner, man kann bei vorgewählter Blende oder Belichtungszeit den entsprechen anderen Wert ablesen und einstellen. Das Leicameter wird auf den Blitzschuh aufgesteckt und greift in eine Nut im Zeitwahlrad der Leica. Filterfaktoren beachten, wenn man die ASA-Zahl am Leicameter einstellt! In das Leicameter gehört eine Batterie. Ich war sehr verblüfft, als es ankam, denn die uralte Batterie darin versorgte das Ding tadellos. Wahrscheinlich seit 1960 oder so. Ich las darüber im Web, dass die alten Originalbatterien aus irgendeinem Grund ewig halten (anscheinend ewig im Sinne von Ewig). Vielleicht ist es möglich, die Energieprobleme unserer Zeit zu lösen, wenn ein Forscherteam das Geheimnis des Leicameters ergründet…

Fotografieren

Wenn man nun so loszieht, unterscheidet sich die Bedienung der Kamera nicht von dem, was auch ein Nutzer einer digitalen Leica M gewohnt ist. Befindet man sich in relativ konstanten Lichtbedingungen, muss man auch nicht dauernd die Belichtung messen. Nach kurzer Gewöhnung ist man genau so schnell wie mit den digitalen Modellen. Ein guter Nebeneffekt ist, dass man sich vielleicht mehr Gedanken über Bildkomposition und Motiv macht, bevor man drauflos knipst. Zuerst sucht man sich vielleicht besser statische Motive aus, um in Ruhe alles einzustellen. Später, wenn man routinierter ist, kann man aber auch mal mehr „Action“ ablichten, immerhin macht die M3 eine 1/1000 Sekunde. Am Anfang war es so, dass ich ständig auf die Rückwand der Kamera starrte und mir dann wie ein Esel vorkam, nach einer Zeit gab sich das. Zurück bei der M9 oder M240 suchte ich dann den Filmtransporthebel.

Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100

Bei einer 1000tel Sekunde kann man auch mit der M3 Action „einfrieren“

Der hybride Workflow

Man kann natürlich seine Bilder entwickeln, dann ganz normale Papierabzüge machen lassen und das war’s. Aber die Digitalisierung der Negative oder Dias macht die Bilder wesentlich besser für uns verfügbar, man kann sie in Lightroom nachbearbeiten, selbst ausdrucken (mein Epson-Drucker macht sehr schöne Schwarzweiss Prints auf dem exzellenten Sihl-Masterclass Baryt-Papier) oder in soziale Medien verschicken, eben alles damit machen, was wir heute so gewohnt sind.Am Sammelplatz der Skischulen, Leica M2 mit Elmar 50mm, Fuji Velvia

Aber dazu muss man sie einscannen, und hier betreten wir ein Tal der Tränen, denn es gibt kaum (noch) gute Scanner für den Hausgebrauch. Professionelle High-End- oder Trommel-Scans kann man von einzelnen, besonders wertvollen Bildern machen lassen, aber für jemanden, der ganze Filmrollen digitalisieren will, ist das finanzieller Selbstmord. Also muss man sich einen Filmscanner beschaffen. Das Problem ist, dass die wirklich guten Modelle gar nicht mehr gebaut werden. Wer sich für die genaueren technischen Details beim Scannen und die Gebrauchsfähigkeit der auf dem Markt vorhandenen Modelle informieren will, kann dies hier tun. Zur derzeitigen Lage kann kurz gesagt werden, dass die Epson-Flachbettscanner (z.B. Epson V 800 Foto) zur Zeit die günstigste Alternative darstellen, wer bessere Qualität möchte, sollte versuchen, einen gebrauchten Nikon Coolscan V ED zu bekommen, der wird inzwischen allerdings mit Gold aufgewogen.Nikon Coolscan V ED Ich habe so einen vor Jahren neu in diesem Shop gekauft, der sich offenbar einen Vorrat neuer Geräte auf Lager gelegt hat. Kurzes Nachsehen ergab, dass es immer noch neue Scanner gibt, aber fast zu dem doppelten Preis, den ich bezahlt habe…

Den Epson V 700 Foto habe ich auch, ich benutze ihn für alle Arten von Negativen, die nicht im Kleinbildformat sind. Mein persönlicher Vergleich zeigt aber, dass die Scans aus dem Nikon deutlich besser sind. Die Nikon-Software, die zu den Coolscans gehört, funktioniert übrigens schon lange nicht mehr an Mac OS X. Mit dem Gerät muss man sich eine Scan-Software anschaffen, die den passenden Treiber enthält, der einzige Anbieter ist Silverfast. Sie bieten Software zu allen Scannern an, also auch für den Epson V800, möglicherweise sind die Scan-Ergebnisse dann besser als mit der Epson-Software, die ich benutze. Für meinen Nikon habe ich die Silverfast-Software laufen (ohne die der Scanner nicht am Mac funktionieren würde) und komme gut klar. Die Einstellmöglichkeiten sind sehr komplex, Auflösung, Filmtypen, Automatische Reparaturen, Staubentfernung, Fokuspunkt beim scannen und jede Menge mehr. Die Ergebnisse sind sehr gut, aber das scannen einer Rolle Film kostet richtig Zeit. Das ist auch der Grund, warum ich mich mit analoger Fotografie zurückhalte, sonst würde ich vielleicht noch häufiger mit der M3 losziehen.

Leica M3 mit 50mm Elmar, Kodak TMax400

Konzert des Jugendchores, Leica M3 mit 50mm Elmar, Kodak TMax400

Neben dem Scannen sei noch eine Alternative erwähnt, derer ich mich auch schon bedient habe: Das Abfotografieren von Negativen/Dias. Alles was man braucht, ist eine halbwegs gute Kamera mit Makro-Objektiv. Ich habe mal Glasdias aus den 50er Jahren für die lokale Geschichtswerkstatt abfotografiert, dazu nahm ich eine Fuji X-Pro 1 und das Fujinon 60mm Makro-Objektiv. Mithilfe eines alten Diaprojektors als Lichtquelle, eines Rasierspiegels, einer Glasscheibe und Schreibpapier als Mattscheibe baute ich einen improvisierten Leuchttisch und konnte sehr gute digitale Dateien der Dias machen. Das Gleiche kann man sich für Kleinbildfilm basteln.Leica M3 mit Elmar 50mm, Kodak Ektar 100

Conclusion

Analoger Film hat immer noch Stellenwert in dieser Welt und wird ihn behalten. Er wird nie wieder Digital verdrängen, wie Leica-Offizielle es noch am Anfang des Jahrtausends behaupteten, bevor Ihnen Dr. Kaufmann zeigte, wo’s langgeht. Aber er wird immer eine kleine Gruppe von Leuten ansprechen, die in die Tiefen der Fotografie vorstoßen. Das Gefühl, mit einer Film-Leica zu fotografieren, ist unbeschreiblich und eine Erfahrung wert. Es gibt eine Menge guter gebrauchter, funktionsfähiger Modelle auf dem Markt, von M3 bis M7.  Sicher, die gut erhaltenen haben ihren Preis, aber ist es nicht auch faszinierend, dass man bei Leica selbst die ältesten Modelle noch reparieren kann? Wenn ich auf dem Dachboden eine Leica II finde (so viel Glück müsste man mal haben), bringt sie der Customer Service genauso in Gang wie eine M240. Und ist Leica nicht die letzte analoge Bastion? Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, die Leica M-A und die M7 sind die einzigen Filmkameras auf dem Markt. Aber welches Modell man sich auch zulegt: Die Leicas fallen nicht mehr im Preis…

Und dann gibt es noch die Pessimisten, die behaupten, dass wir die digitalen Daten der heutigen Bilddateien irgendwann entweder nicht mehr haben oder nicht mehr lesen können, und dann mit einem überlegenen Lächeln die Schublade mit den Negativen aufziehen…

Am Reschensee, Leica M3 mit 50mm Elmar, Fuji Provia

Am Reschensee, Leica M3 mit 50mm Elmar, Fuji Provia

8 Kommentare

  1. Hallo Claus, wenn ich Sie mit Verlaub so nennen darf, habe an den gewissen Stellen herzhaft lachen müssen, Chapeau für ihre warscheinlich nächtelange Arbeit die ich begeistert gelesen habe, habe mit 12 Lenzen eine Agfamatik 100 geschenkt bekommen und habe ungefähr nur einen Fim im Jahr bekommen, weil Geld für Unnütz ganz knapp war, tatsächlich fing mein richtiges Interesse erst mit 20 Lenzen an zu fotografieren, 2003 die erste digitale als“digilux 2″ diese war wunderbar zum Weiterentwickeln im Sinne von Lernen, und jetzt erst seit 2 Wochen stolzer Eigner einer M3 ds, bin weit gefahren um sie abzuholen und saß später fassungslos zuhause vor dieser „M“ wie Meisterstueck. Mich begleitet nun ein Gefühl, als würde ich ab jetzt von neuem beginnen fotografieren zu lernen, einfach Hammer, liebe Grüße Achim

    • Claus Sassenberg

      Guten Morgen Achim,

      gratuliere zum Erwerb der M3, ich könnte mir vorstellen, dass damit eine „neue Ära“ der Sicht auf Motive beginnt. Vielen Dank auch für das Lob zur Webseite, die übrigens in aktuelleren Beiträgen als diesem „älteren“ aus 2016 mehr Tipps zur analogen Fotografie oder zum leidigen Thema des Scannens gibt. Im Moment kann ich zur Entwicklung (und Scan) warmen Herzens „Mein Film Lab“ empfehlen (nein, ich habe keine Aktien bei Jörg Bergs, sie liefern einfach das beste Ergebnis).

      Viele Freude mit dem mechanischen Wunderwerk,

      Claus

  2. Achim Dederichs

    Lieber Claus!

    Es war mir fast unheimlich, wie ich mich durch diesen Blog unmittelbar angesprochen gefühlt habe. Zum einen bin ich ja seit ein paar Wochen mit meiner Monochrom unterwegs und zum anderen habe ich mir auch eine M 3 zugelegt. Nach über 15 Jahren Autofokus-Fotografie muss ich erst mal wieder „laufen“ lernen. Tatsächlich kommen einige Dinge wie aus dunklen Tiefen wieder hoch, aber es ist doch ein erhebliches Stück Umgewöhnung notwendig. Eins kann ich jetzt schon ganz klar feststellen: das Fotografieren macht wieder deutlich mehr Spaß, weil es wieder etwas reflektierter stattfinden muss. Die Tipps werde ich mir jedenfalls zu Herzen nehmen.
    Liebe Grüße
    Achim

    P. S.: Dein Output ist unheimlich – wie schaffst du das?

    • Claus Sassenberg

      Lieber Achim,

      schön, dass du was mit dem Beitrag anfangen kannst. Was du jetzt erlebst, war bei mir vor einigen Jahren mit der M9. Das Verrückte ist, dass einen gerade die Einschränkungen weiterbringen.

      Was den Output betrifft: Immer, wie’s gerade kommt, zur Zeit ist viel los (und ich habe die eine oder andere Nachtschicht eingelegt), aber es macht auch Spass. Es kann aber sein, dass ich irgendwann wieder vier Wochen oder länger Pause mache…

      Weiterhin viel Freude mit MM und M3, liebe Grüße,

      Claus

  3. Hallo Claus,
    Vielen Dank für die Info.
    Der Scanner ist ok da z.B. mit Farbdias super Ergebnisse entstehen.
    Hab noch mal paar Einstellungen ausprobiert und das Ergebnis ist ganz ok. Würde dir gern ein Beispiel Foto senden. Geht aber hier nicht oder
    ich bin zu …
    Gruß Dirk

  4. Fiktiv! O ihr Kleingläubigen! Man muss nur Geduld haben…….wie immer.

    Hektor†

  5. Hallo Herr Sassenberg,
    ich bewundere schon länger Ihre i net Seite sowohl die „alte“ wie auch die „neue“ Messucherwelt.
    Glückwunsch sehr schön gelungen und tolle Beiträge.
    Da ich auch dem Leica Virus verfallen bin und mir jetzt günstig über ebay einen Nikon Coolscan V ED ersteigert habe komme ich mit dem einscannen meiner selbst entwickelten SW Negative meistens auf Ilford HP 5 Plus nicht klar. Diese sind irgendwie flau. Haben Sie einen Tip bzw. wie sieht Ihr Workflow bei Ihren SW Filmen aus. Über eine Antwort würde ich mich freuen. Vielen Dank.
    Mit freundlichen Grüßen Dirk Sabrowski

    • Claus Sassenberg

      Hallo Herr Sabrowski,

      erste Frage: Sind sie sicher, dass der Scanner o.k. ist? Haben Sie schon andere Filme mit dem eingescannt, die nicht flau waren? Wenn ja, dann: Evtl. ein anderes Filmpreset versuchen (Kodak TMax oder ähnliches). Oder die Belichtung stark nach unten ziehen (der Regler unter dem Filmpresets), ebenso kann bei „Bildeinstellungen“ unterhalb des Histogramms korrigiert werden, oder bei „Histogramm“ selbst. Bei all diesem setze ich voraus, das Sie mit Silverfast arbeiten. Leider kann man nicht mehr sagen, wenn man die Situation nicht vor Augen hat.

      Viele Grüße, ich drücke die Daumen,

      Claus

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