…notierte Bach oft an seinen Kompositionen. Am 1. Advent führte die Kantorei St. Stephan Das Weihnachtsoratorium auf, von Insidern kurz „WO“ genannt. Es war das erste große Werk, dass unsere junge Kantorin Liga Auguste zur Aufführung brachte, und um es ganz kurz zu machen: Sie hat es souverän gemeistert.

Im Frühjahr war sie „frisch“ von der Hochschule für Kirchenmusik in Herford (die einen internationalen Ruf hat) gekommen, um die neue Stelle anzutreten. Sabrina Gründling hatte bis dahin ein Jahr „Interregnum“ überbrückt, quasi als Liebesdienst, denn sie hatte als Jugendliche selbst in der Kantorei mitgesungen. Unsere „alte“ Kantorin war nach Süddeutschland gegangen, denn eine Musikerin dieses Formats kann nicht jahrelang auf einer Stelle hocken. Dennoch gestaltete sich die Suche nach einem geeigneten neuen Kirchenmusiker, der den speziellen Vorstellungen des Kirchenkreises für die Stelle auch entsprach schwierig und auch langwierig.

Ich kann ein Lied davon singen, denn ich sass in dem Besetzungsausschuss des Kirchenkreises, der alle Bewerbungen sichtete und Kandidaten zum Vorstellungsgespräch lud. Zwei Ausschreibungen und prolongierte Bewerbungsgespräche brachten uns an den Rand der Verzweiflung, und als wir am Ende der zweiten „Bewerbungswelle“, nach inzwischen über einem Jahr, immer noch keinen Kandidaten gefunden hatten, der wirklich „passte“, kam Liga von der Hochschule daher und fegte alles weg… nicht nur, weil sie eine exzellente Musikerin ist, sondern auch wegen ihrer enormen Sozialkompetenz. Denn ein Kantor kann eben nicht nur in den oberen Sphären des Musikhimmels schweben, er muss auch mit den Menschen in den Gemeinden klar kommen, mit Pastoren, mit Laienmusikern, anderen Organisten, von den ermüdenden Erfordernissen der kirchlichen Bürokratie ganz abgesehen. Damit musste schon Bach kämpfen.

Leica M10 + Q

Liga Auguste – hatte alles im Griff. Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4  1/125sec  ISO 1250

Liga hatte sich das „WO“ gewünscht, erstens, weil wohl so ziemlich jeder evangelische Kirchenmusiker gern ein Chorwerk von Bach anleitet und zweitens, weil die Kantorei das Stück im Lauf der Jahre natürlich schon mehrmals aufgeführt hatte. Ein paar Wochen Probenarbeit reichten aus, um die Erinnerung aufzufrischen. Nach einer fast schon unheimlich entspannte Generalprobe am Samstag trafen sich Chor, Solisten und Orchester am Sonntag zwei Stunden vor Beginn zu einer letzten Anspielprobe, um ein paar Übergänge und knifflige Stellen ins Kurzzeitgedächtnis zu brennen.

 

Eine kurze Fotosession

Normalerweise hänge ich im Bass herum (kann daher während des Konzerts nicht fotografieren), aber da liess ich mir die Gelegenheit nicht entgehen, Fotos für die Chronik der Kantorei zu machen (die auch immer für künftige Konzertankündigungen in der Presse gebraucht werden). Trotz meines derzeitigen „Analog-Trips“, überlegte ich nur sehr kurz, ob ich etwas auf Negativ bannen sollte, verwarf es dann aber aus verschiedenen Gründen. Zum einen kenne ich das Licht (oder besser gesagt: Die Dunkelheit) in „meiner“ Kirche zur Genüge. Will man Menschen, die sich unpraktischerweise tatsächlich gelegentlich bewegen, einigermassen scharf ablichten, braucht man kurze Belichtungszeiten. Selbst mit f/1.4 weit offen hängt man ständig im Bereich von mindestens ISO 1000, häufig bis ISO 6400 herum. Ich wollte mir nicht extra so empfindlichen Film bestellen (für den ich sonst keine Verwendung habe), oder einen Kodak TMax soweit pushen.

Leica M10 + Q

Die Kantorei St. Stephan und das Orchester „Opus 7“. Leica Q bei f/2.8  1/125sec  ISO 5000

Zum anderen erfordert analoges Fotografieren immer noch ein Quentchen mehr Sorgfalt. Ich wollte es mir nicht unnötig schwer machen, also griff ich auf meine bewährte Kombination Leica Q + Leica M zurück, die bei Konzert- und Event-Fotografie keine Wünsche offen lassen. Wie die beiden zusammen arbeiten, habe ich ja schon oft beschrieben. Alle Bilder sind in LR Schwarzweiss bearbeitet, ohne Rauschunterdrückung.

Das war also vor der Aufführung. Während wir dann dabei waren, hing die M10 mit 50er Summilux hinter mir am Podest für den Chor, aber als wir dann den letzten Chorsatz „Herrscher des Himmels“ sangen, zückte ich sie hervor (der Bass hat genug Pause in dem Stück) und machte noch ein paar Bilder von Ligas Dirigat. Das erzeugte bei den Solisten, die mir vis-à-vis gegenüber sassen, ein breites Grinsen.

Tenor-Einsatz: „Herrscher des Himmels“. Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4  1/125sec  ISO 2500

Nachdem wir unsere Kantorin nach dem Konzert ausgiebig bejubelt hatten, fand der Abend noch einen feuchtfröhlichen Abschluss, so gehört sich das nun mal…

 

Die Leica CL: Der Beginn einer Ära

Noch ein paar Worte zur neuen Leica CL: Ich bin sehr angetan von ihr, und wenn ich nicht schon bei der M gelandet wäre, würde ich ohne zögern („in a heartbeat“) mit der CL in ein valides System einsteigen. Bildqualität, ISO-Performance und Handling der Kamera finde ich höchst überzeugend, aber darüber haben andere schon genug geschrieben (hier ein entsprechender Artikel von Mike). Und einmal gehe ich nicht mit David Taylor-Hughes konform, der (möglicherweise aus einem natürlichen Widerspruchgeist heraus) die Kamera wie folgt umschrieb: „The Leica Cl – The camera that makes you look a complete prat!“ (Die Leica Cl – Die Kamera, mit der du wie ein totaler Vollpfosten aussiehst). Ich weiss nicht, was ihn da gerade geritten hat.

I beg to differ. Die Kamera hat ein zeitlosen und ansprechendes Design, von den inneren Werten ganz abgesehen. Dazu können nicht nur die Optiken des TL-Systems angesetzt werden, sondern mit Adapter die unzähligen Linsen des M-Systems. Manuelles fokussieren fällt mit dem sehr guten elektronischen Sucher der CL leicht (endlich hat es Leica kapiert, dass ein Sucher essentieller Bestandteil ist).

Möglicherweise trösten sich mit der Kamera auch die Leute, die immer noch auf eine Q mit längerer Brennweite warten. Ich weiss nicht, ob da jemals was kommt. Im Frühjahr gab es zwar Gerüchte, aber mittlerweile bin ich im Zweifel, ob mein anfänglicher Einwand, dass ein Objektiv, das mit schnellem Autofokus zugleich lichtstark und bildstabilisiert sein soll, nicht Ausmasse erreicht, die die Bauhöhe des Gehäuses überragen (und so aus der Kompaktkamera einen unförmigen Klotz machen).

Den „Verkaufs-Artikel“ habe ich übrigens wieder herausgenommen, ich wollte meine allein der Fotografie gewidmete Seite nicht mit solchem Kram belasten. Alle Angebote habe in eBay gesetzt. Die Verkaufschancen sind nicht besonders hoch (wegen der hohen Preise), aber ich behalte die Sachen lieber selbst, bevor ich sie verschenke.

Einmal noch in Farbe: Die Kantorei St. Stephan und das Orchester „Opus 7“. Leica Q bei f/2.8  1/125sec  ISO 5000

Eine alte Tafel aus unserer Kirche (vermutlich aus dem 19. Jahrhundert), die immer zu Weihnachten aufgehängt wird. Ich nahm sie als Grundlage für das Design des Konzertplakats (das man am Ende des vorangehenden Blog-Artikels als Vorankündigung sieht).

Da ich mich vermutlich erst nächstes Jahr mit einem neuen Blog-Beitrag melde, wünsche ich allen Lesern eine schöne (vor allem nicht so hektische) Adventszeit und ein frohes Weihnachtsfest!

4 Kommentare

  1. hallo
    seit einer woche nun besitze ich die cl. sie stand in der leica vitrine meines fotogeschäfts.
    kurz dort ausprobiert-begeistert und gekauft. auf den bildern im internet sieht die cl mit dem oben „aufgeklebten“ sucher etwas japanisch aus, eben keine m! aber in natura schaut das viel solider aus. sie ist recht schwer und alles hervorragend verarbeitet. der sucher ist sehr sehr gut. der sensor lässt keine wünsche offen. der t m adapter von leica ist ein feinmechanisches wunderwerk. die manuelle scharfstellung mit der sehr guten fokushilfe arbeitet äußerst genau. die dynamik hat einen großen umfang und was viel wichtiger ist – sie ist samt den farben schön definiert. klappdisplay mag ich überhaupt nich. generell ist zu sagen apsc hat vollformatniveau erreicht – siehe fuji oder sony. aber für mich macht die cl die besten farben! mit dem 0,95 50 hat man ein 75 0,95 – hey wasń wahnsinn. ein kompaktes 2,5 90 wird zu einem fantastischen 135 ger. alles relativ kompakt. was ich noch nie in der hand hate sind die t objektive wie das 35 1,4. diese autofokusobjektive sind dann schon wieder klobiger – aber bei gelegenheit werde ich das ausprobieren.
    ach wie herrlich ist die leica welt. weiter so.
    schöne weihnachten an alle
    hans

  2. ich habe selbst bei der Fuji XT mehrfach das Klappdisplay ausprobiert. Und einmal mehr festgestellt, dass ich gar kein Display brauche. Da kann ich auch genauso gut die Kamera hoch halten und den Ausschnitt schätzen. oder eben auch in Bodennähe. Bei der neuen Leica habe ich sofort an alle gedacht, die sich von der Brennweiter her bei der Leica Q eingeengt fühlen. Zum ersten Mal sehe ich in der Leica T (TL) einen Sinn. Denn ein guter Sucher ist einfach durch nichts zu ersetzen.
    Für mich durchaus eine digitale preiswerte Alternative zur Leica M 10 oder vielleicht auch all diejenigen, die an der Leica M den Autofocus vermissen.

  3. Hallo Dr. Sassenberg,
    na endlich dachte ich, als ich die ersten Bilder der CL sah. So stelle ich mir eigentlich
    heute eine kleine Leica vor. Ja, ich kann mich noch sehr gut an die Minolta-Leica CL erinnern.
    Aber, ein Blick auf die Rückseite der CL: Kein Klappsucher! Für mich der Grund, die CL nicht zu kaufen.
    Anscheinend stört sich kein Mensch daran, ich lese nirgends Kritik an diesem fest eingebauten Display…Bin ich es allein, der gern die Kamera mit einem Klapp-display in die Höhe hält, um dann Aufnahmen über die Köpfe hinweg zu machen? Oder bin ich es allein, der gern mal Aufnahmen in Bodennähe macht und dann von oben bequem auf das Display schauen kann?
    Haben Sie noch nie ein klappbares Display vermisst?
    Auch nicht bei den anderen digitalen Leicas?

    Vielen Dank für Ihren Blog, ich lese ihn immer mit Gewinn!

    Viele Grüsse nach Vlotho,
    Bodo H.

    • Claus Sassenberg

      Hmmm, also ein Klappdisplay direkt vermisst kann ich nicht sagen, es kommt auf den Winkel an, bei dem sich ein Display noch gut anschauen lässt. Bei der Q oder M10 mache ich oft Aufnahmen „über Kopf“ und kann es gut sehen.

      Aber die Sinnhaftigkeit der Einrichtung leuchtet voll ein, bei der Fuji X-70 finde ich es sehr praktisch. Für mich wäre das jetzt aber kein „no-go“ für die CL. Da zählt für mich eher das Bedienungskonzept, die Bildqualität, die verfügbaren Objektive. Aber es steht natürlich jedem frei, Schwerpunkte zu setzten, die einem wichtig sind. Jürgen legt auch Wert auf so etwas (er schielt deshalb auf eine X-T2).

      Also, die Eingangsfrage: Klappdisplay bei meinen Leicas vermisst? Antwort: Ich persönlich nicht.

      Viele Grüße, schöne Adventszeit,

      Claus

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