
Vergleich mit dem Vorgängermodell
Anfang des Jahres brachte Leica in aller Stille neue Versionen von drei sehr populären Objektiven heraus:
- 35mm f/2 Summicron ASPH: Mit zusätzlichen Blendenlamellen
- 28mm f/2.8 Elmarit ASPH : Mit verbesserten optischen Eigenschaften
- 28mm f/2 Summicron ASPH: Mit verbesserten optischen Eigenschaften
Alle drei Objektive verfügen über Leicas verbesserte Gegenlichtblenden mit Gewinde.
Ich testete die drei neuen Objektive im Herbst 2015, es gipfelte in einem grossen Vergleichstest zwischen den Alten und den Neuen in Venedig, dabei benutzte ich drei verschieden Kameras (die Leica M240, Sony A7 Mark II und die Leica SL).
Die Ergebnisse waren ziemlich eindeutig, die neuen 28mm-Objektive waren den Alten offensichtlich überlegen. Dennoch waren diese Prototypen, es war nicht angebracht, Bilder davon zu veröffentlichen.
In der Zwischenzeit hatte Sean Reid einen exzellenten Artikel über die Objektive an der M240 und der SL geschrieben (er verlangt eine kleine Subskriptions-Gebühr, die Ihr Geld wirklich wert ist), einen Bericht über den praktischen Gebrauch im Feld als auch sorgfältige Studio-Tests.
Ich benutzte das alte Summicron mehrere Jahre und hatte es mit der Einführung des unvergleichlichen 28er Summilux asph. verkauft. Das Summilux ist allerdings vergleichsweise groß und schwer, ausserdem war ich von dem neuen Summicron so beeindruckt, dass ich mir kürzlich selbst eins gekauft habe, einfach um leicht reisen zu können.
Wenn ich die Diskussionen im Internet und meine E-Mail-Korrespondenz betrachte, kommt es mir so vor, als wenn die Verbesserungen an den drei Objektiven nicht richtig wahrgenommen werden. So kam mir die Idee, einen Vergleichstest durchzuführen. Eine Reise nach Le Marche in Italien, um Vieri Bottazini zu treffen, schien eine gute Gelegenheit zu sein, ein paar Aufnahmen in der klaren Luft der Appeninen zu machen.
Ivor Cooper von Red Dot Cameras in London lieh mir freundlicherweise ein altes 28er Summicron und mein Sohn Silas stellte seine Sony A7 Mark II für das Wochenende zur Verfügung.
Es wäre schön gewesen, auch die Elmarite für den Test zu haben, aber es war zu kompliziert, sie in der kurzen Zeit zu besorgen. Meine vorangegangenen Tests in Venedig hatten mir allerdings gezeigt, dass die Verbesserungen ziemlich gleichartig waren, also lohnte es sich auf jeden Fall, das Summicron auch allein zu testen.
Das 28mm Summicron ASPH.
Dieses Objektiv war seit seiner Einführung im Jahr 2000 bei Leica-Fotografen sehr beliebt. Trotz seiner perfekten Schärfe hat es eine weichere Zeichnung als die meisten anderen hochwertigen Weitwinkel-Objektive. Reportage-, Street- und Landschaftsfotografen schätzten es gleichermaßen.
Es ist allerdings sehr problematisch, will man es an Kameras anderer Hersteller benutzen, insbesondere der Sony A7 Reihe, aber auch an Leicas eigener SL. Das hintere Linsenelement ist sehr nah an der „Filmebene“ und erzeugt einen extrem flachen Eintritts-Winkel zum Sensor. Für die Filmkameras, für die das Objektiv konstruiert wurde, war das nicht so tragisch, aber der Durchmesser des Deckglases und die Konstruktion des Mikrolinsensystems bei digitalen Kameras erzeugt echte Hindernisse, die sich in Form von weichen Ecken und Auftreten von Colour-Shift über das ganze Bild äussern.
Das spezielle Mikrolinsen-Design und das relativ dünne Deckglas bei der M240 trugen dazu bei, das Beste aus dem Objektiv herauszuholen. Die Leica SL verfügt zudem in ihrer Firmware über ein Korrektur-Profil für das Objektiv. Nichtsdestotrotz ist es eines der wenigen Objektive, das auf der M240 bessere Ergebnisse zeigt. Auf den Sony-A7 Kameras ist es (meiner Meinung nach) ein no-go Objektiv.
Veränderungen im Design
Die drei neuen Objektive kommen in den Genuss der neuen, aufgeschraubten Gegenlichtblenden. Das ist eine echte Verbesserung, die alten Gegenlichtblenden waren groß und klobig und die metallischen Klemmen verkratzten schnell den Schaft des Objektivs, oder noch schlimmer, neigten dazu, sich zu lösen und verloren zu gehen.
Davon abgesehen sind die äusserlichen Unterschiede zu den alten Objektiven nicht sehr offensichtlich. Dennoch wurden die optischen Eigenschaften vor allem zum Gebrauch mit digitalen Kameras radikal verbessert. Die Verzeichnung der Objektive wurde verringert (dadurch sind die Ecken auch bei großen Blenden schärfer), die MFT-Werte des 28er Summicron sind besser.
Beim 35er Summicron hat man an der Optik nichts verändert. Es hat allerdings zwei zusätzliche Blendenlamellen, die die Öffnung abrunden und so ein schöneres Bokeh erzeugen (ausser natürlich bei voller Öffnung).
Test-Bedingungen
Das hintere Linsen-Element ist dem Sensor bei Unendlichkeit am nächsten, also lag es nahe, die Objektive so nah wie möglich an dieser Einstellung zu prüfen, das ist nicht immer so einfach, besonders weil die Luftbeschaffenheit (besonders Diesigkeit bei Hitze) die Ergebnisse ernsthaft beeinflussen kann.

Ich habe ein paar Bilder einer alten Scheune aus einer Entfernung von etwa 4 Metern hinzugefügt, die ich noch in England gemacht hatte. Die Tests waren interessant, weil sofort klar wurde, wie stark die Verzeichnung bei den alten Objektiven ist (nicht, dass mir das beim normalen Fotografieren aufgefallen,wäre… ich wußte nur, dass man weiche Ecken bekam, wenn man den Messsucher zum fokussieren benutzte!)
Obwohl der Anschlag des Entfernungsrings bei Leica-Messsucher-Kameras normalerweise ziemlich der Unendlichkeit entspricht, trifft das nicht auf andere spiegellose Kameras zu, bei denen man oft über die Unendlichkeit hinaus fokussieren kann. Also war es wichtig, mit Fokus-Bracketing zu arbeiten, um auf jeden Fall den bestmöglichen Fokus zu gewährleisten.
Die Belichtung ist ebenfalls knifflig, vor allem bei Offenblende, wenn mehr Vignettierung dazukommt. Am meisten bei der Sony, weil sie keine Profile für die Leica-Objektive hat. Es mag etwas dafür sprechen, den Vergleicht mit abgeschalteten Profilen bei den Leicas zu machen, die Ergebnisse wären sicher interessant, würden aber wohl kaum für den realen Gebrauch von Nutzen sein.
Ich habe die Sony mit dazu genommen, weil viele Sony-Benutzer mit Leica Objektiven arbeiten, manche lassen sogar die Stärke des Deckglases über dem Sensor reduzieren. Das ist nicht als Kritik an Sony gemeint, die hervorragende und spannende Kameras produzieren und von denen man nicht erwarten kann, dass sie ihre Kameras für den Gebrauch von Leica-Objektiven optimieren – besonders nicht in Hinsicht auf ihre Zusammenarbeit mit Zeiss. Es zielt auf Besitzer von Leica-Objektiven ab, die erwägen (oder schon dabei sind) eine Sony A7 zu verwenden.
Die drei Kameras, die ich auswählte, sind zur Zeit die einzigen, die digitale Vollformat-Bilder mit M-Objektiven ermöglichen und obwohl es verschiedene Modelle der jeweiligen M- oder A7-Reihe gibt, hat sich die Glasstärke des Deckglases und die Mikrolinsen-Konstruktion innerhalb der Reihen nicht geändert.
Ich erwähnte schon weiter oben, dass das 28er Summicron das wahrscheinlich Forderndste der gegenwärtigen Leica-Objektive ist. Viele der modernen Weitwinkel-Objektive wie die weiten Summiluxe (21,24 und 28) sind weniger schwierig und das Weitwinkel-Tri-Elmar zeigt auch bessere Ergebnisse.

Ganzes Bild, Nah

Ganzes Bild, Unendlich
Ergebnisse
Leider war das Licht in Le Marche nicht das, was ich mir erhofft hatte, aber wenigstens war es konstant. Die vier-Meter-Aufnahmen wurden an einem grauen Tag in England gemacht, nicht gerade berauschend, aber gut für den Test.
Für alle Aufnahmen in Italien und bei denen von der Scheune mit der Sony und der SL benutzte ich Tageslicht als Weissabgleich, aber dummerweise hatte ich automatischen Weissabgleich bei der M240 eingestellt, als ich die Scheune fotografierte, also sind diese etwas wärmer im Ton.
Die Belichtung habe ich etwas korrigiert. Das war nötig, weil insbesondere die Sony viel mehr Vignettierung aufweist (sie hat keine Objektiv-Profile). Der Zweck des Tests war ein Vergleich von Auflösung und Qualität, nicht der Vignettierung, also habe ich diese nach Kräften ausgeglichen.
Ich habe bei jedem Bild die gleiche Ecke gewählt, um die Auflösung am Rand zu zeigen, aber auch die zur Bildmitte hin, die nicht weit entfernt ist. Die Gruppen sind in Photoshop erstellt und bei voller Auflösung abgespeichert. Man kann auf jedes Bild klicken, um es grösser zu sehen (oder sie hier herunterladen).


Schlussfolgerungen
Ziemlich eindeutig. Das neue 28er Summicron zeigt beträchtliche Verbesserungen gegenüber dem alten Modell, insbesondere weit offen, und insbesondere mit der Leica SL und der Sony A7 Mark II. Bei der M240 ist ebenfalls eine Verbesserung spürbar, aber da das Mikrolinsen-Design das alte Objektiv besser unterstützt, ist diese nicht annähernd so deutlich.
Möchte man Landschafts-Fotografie mit diesem (oder anderen) Leica Objektiven betreiben, denke ich, das sich die SL wesentlich besser eignet als die Sony. Will man aber die beste Performance, ist die Leica M immer noch erste Wahl im Gebrauch mit M-Objektiven.
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Alle Bilder in diesem Artikel sind von Jonathan Slack. Produktbilder von Leica.
Hier der Originalartikel auf Macfilos.com
Sie können mehr von Jonathan Slack lesen unter slack.co.uk
Übersetzung mit Genehmigung des Autors von Claus Sassenberg
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