Alte Negative: Lohnt der Scan?

Wer in den Beiträgen der Webseite etwas zurückgeht, findet den Reisebericht über Korsika, fotografiert mit der Leica Q3. Wieder daheim sichtete ich die Fotos, die ich beim letzten Besuch dieser Mittelmeerinsel gemacht hatte. Da das 32 Jahre zurücklag, existierten sie in einem Flip-Album als 9×13-Abzüge. Einige der Orte von damals hatten wir auch jetzt wieder besucht, aber ein paar Sachen hatte ich völlig vergessen. Es ist verblüffend, wie Fotos die Erinnerung triggern und wie wichtig es demzufolge ist, sie irgendwie zu konservieren oder zu sichern. Ich frage mich wirklich, wie es bei manchen in 20 oder 30 Jahren aussieht, die heutzutage ihre gesamte Familienhistorie auf Handy bannen, ohne sich Gedanken über Datensicherung zu machen. Das kann ganz schön traurig enden.

Corte
Zitadelle von Corte 1991

Stöbern im Achiv

Scan
Steilküste bei Bonifacio, die „Bonbonfarbe“ ist vom Fujifilm

Im Fall der Korsika-Fotos hatte ich nicht nur das Album, sondern auch die Negative dazu sorgsam abgelegt. Nachdem ich dem Teenager-Alter entwachsen war, hatte ich mir angewöhnt, die Fototaschen, die man vom Entwicklungs-Service bekam, mit Datum und kurzer Inhaltsbeschreibung in einem  Karton sortiert aufzubewahren. Dieses rudimentäre System behielt ich bis kurz nach der Jahrtausendwende bei. Es gibt auch einige Kästen mit Dias, die ebenfalls nach Datum sortiert und beschriftet sind. So profan das ist, immerhin finde ich alles in Nullkommanix wieder. Und überhaupt ist diese einfache Archivierung ein Segen, wenn selbst die Negative aus dem Margarinekarton, die mir mein Großvater hinterliess und die bis in die 20er-Jahre zurückreichen, bestens erhalten sind. Auch der verbissenste Verfechter der Digital-Fotografie kann nicht leugnen, dass ein Negativ als Datenträger wesentlich pflegeleichter ist als Festplatten.

Die Abzüge der alten Korsika-Aufnahmen gefielen mir gut und ich stellte mir die Frage, wie sich die alten Negative (in diesem Fall von Agfa- und Fuji-Filmen) wohl scannen liessen. Ich bin froh, noch einen Nikon Coolscan zu besitzen, dessen Produktion 2007 eingestellt wurde. Dieser Kleinbild-Scanner ist in der Lage, Negative mit immerhin 20 Megapixeln als Tiff-Dateien zu digitalisieren. Dass eine Hardware aus der digitalen Jungsteinzeit noch mit MacOS Sonoma funktioniert, ist den Treibern und der Scan-Software von Silverfast zu verdanken.

Scan
Schwimmen in der Restonica

Ich war gespannt, wie gut die Scan-Ergebnisse der alten Negative aus einer Zeit sein würden, wo noch niemand an deren scanbarkeit gedacht hatte. Sicher, die Qualität des Scans hängt entscheidend von der Belichtung ab. Unterbelichtung ist Gift, überbelichtet eher vorteilhaft. Heutzutage legt man ja bei jedem Farbnegativ-Film routinemässig eine Blende drauf. Von Belichtungsfehlern abgesehen war man insgesamt schmerzfreier bei der Auswahl. Wenn auch mal ein Foto verwackelt oder unscharf war, wurde es dennoch aufbewahrt (naja, das Negativ sowieso).

Scan
Der Hafen von Bonifacio 1991
Scan
Korsika: Die Anbetung der Sonne. Nicht besonders scharf. Solche Fotos haben eher ideellen Wert

Aber: Die vier Filme, die ich von Korsika mitgebracht hatte, waren zu 90% gut scanbar und erstrahlten auf dem Apple-Display in nie gekanntem Glanz. Die kleinen Papierabzüge (was damals 08/15-Massenware war) werden dem, was in den Negativen steckt, überhaupt nicht gerecht. Prints selbst von DIN-A3+ funktionieren hervorragend. Ich war davon derartig angefixt, dass ich in den folgenden Wochen Filme aus den 80er und 90er Jahren bis kurz nach der Jahrtausendwende (als ich für ein paar Jahre komplett auf Digital umstieg) nach und nach scannte. Die Scan-Eigenschaften der alten (Consumer-) Filme differierten natürlich stark und manches habe ich einfach wegen des Erinnerungswertes digitalisiert, aber von den persönlichen und wertvollen Erinnerungen abgesehen waren auch viele Aufnahmen dabei, die mich rein fototechnisch ansprachen.

Die Auswahl der Bilder für diesen Beitrag fiel mir schwer. Ich habe eine ganze Reihe, die wirklich Klasse sind, aber viel zu persönlichen Inhalts.

Die Filme, die ich früher benutzte, waren meist von Agfa (meist 100 oder 200 ASA, auch Diafilme) oder Fujifilm. Gelegentlich auch mal von Polaroid oder Kodak. Bis Mitte der 90er Jahre hatte ich eine Cosina CSM Spiegelreflex-Kamera, die mir mein Großvater Anfang der 70er geschenkt hatte. Die Korsika-Fotos sind folglich alle aus der. Danach kaufte ich mir eine Minolta Dynax, die ich bis zu meiner ersten digitalen Canon benutzte. Bilder aus Paris von Ende der 80er (als dort eine Freundin studierte, die wir besuchten) sind eindeutig aus der Agfa Optima 1535 meiner Frau, weil von der Reise ein „Bathroom Classic“ von ihr mit Kamera existiert. Die Optima fand ich erst 2020 in einem Schrankfach wieder, ich hatte deren Existenz völlig vergessen.

Scan
Ardèche Anfang der 90er: Abends an der Aussichtsstelle

Kleinbild-Scanner: Es mangelt an guter Hardware

Scan
Der Nikon Coolscan 5000 ED mit Zubehör

Für mich kann ich die rhetorische Frage in der ersten Artikelüberschrift klar mit „ja“ beantworten. Aber sicher ist, dass ich nicht halb so viel Motivation gehabt hätte, wenn ich nicht der Nikon Coolscan wäre. Zum einen liefert er eine Qualität, die den Negativen zumindest halbwegs gerecht wird, zum anderen erzeugt die Möglichkeit, ganze Filmstreifen einzuziehen und im „Batch“ zu scannen, eine große Zeitersparnis. Und da von alten Negativen die Rede ist: Trotz halbwegs sorgfältiger Aufbewahrung bleiben Staub und Kratzer in unterschiedlicher Ausprägung nicht aus. Der Coolscan verfügt über eine hardware-basierte Infrarot Entfernung (ICE, iSRD) solcher Probleme. Wenn man das alles bei einer größeren Anzahl von Negativen in Photoshop beseitigen müsste, würde man nach einigen Stunden mit Krampfanfällen unterm Rechner liegen.

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An der Loire

Und das sei auch zu dem Thema abfotografieren von Negativen gesagt. Es ist ungleich zeitaufwändiger und eignet sich nur für ausgewählte Aufnahmen. Eine gute Kamera und Durchlichteinheit sind Voraussetzung, ferner sollte die Planlage des Filmes sichergestellt sein. Danach muss (bei Farbfilm-Negativen) irgendwie die Orange-Maske verschwinden. Am besten geht das mit Programmen wie Negative Lab Pro. Zum dicken Ende kommt die Geschichte mit Staub und Kratzern und es kann lustig werden. Das habe ich auch alles schon praktiziert und es ergibt durchaus qualitativ gute Ergebnisse, aber wenn man einen vernünftigen Scanner hat, verzichtet man dankend auf diese Methode.

Scan
Ardèche 1999.
Scan
Forum Romanum, 90er Jahre

Im Jahr 2017 habe ich schon mal einen längeren Artikel über das Dilemma verfasst, dass es eigentlich keine hochwertigen Scanner für den Hausgebrauch auf dem Markt gibt. Leider hat sich bis heute nichts daran geändert. Die alten Nikon Coolscans sind immer noch „top of the line“. Vom legendären Super Coolscan 9000 ED ganz abgesehen (der auch Mittelformat scannt). Ich wäre neugierig, wie der Vergleich mit dem Plustek 8300i SE aussehen würde, der mir als aktuelles Produkt von seinen Eigenschaften am ehesten geeignet zu sein scheint. Aber allein der Unterschied beim Dichtumfang ist schon gewaltig: Der Plustek 8300i liegt laut Hersteller bei 3,9 Dmax, beim Coolscan sind es 4,8! Nun kann ich hier keinen Scanner-Test liefern, hier zuhause habe ich nur noch den Epson V700 Photo Flachbettscanner (für Mittelformat tut er’s), der dem Coolscan nicht annähernd das Wasser reicht. Die neuere Modellvariante V850 bietet nur marginale Verbesserungen. Das hatte ich schon im Scanner-Artikel von 2017 festgestellt. Ein guter anderer Beitrag aus dem Jahr 2019 zum Thema Scanner (und zum Plustek) ist auch bei Matz Binder zu finden.

Die Thematik nahm ich sogar zum Anlass, im November eine Mail an Stefan Daniel zu senden und ihm vor Augen zu führen, dass gerade Leica mit dem Anspruch auf höchste Qualität und als Hersteller entsprechender Filmkameras eigentlich dafür sorgen könnte, dass ein dazu passender High-End-Filmscanner auf den Markt kommt. Er bedankte sich höflich für die Anregung und versicherte immerhin, damit hätten sie sich zwar noch nicht beschäftigt, aber er nähme diese Mail zum Anlass, das zu tun. Er ist immer diplomatisch und ob das irgendeine Konsequenz hat, wage ich zu bezweifeln. Ich wollte den Wunsch wenigstens loswerden. Wenn ich das nächste Mal in Wetzlar bin, sind wir verabredet und dann spreche ich das Thema mit Sicherheit nochmal an.

Scan
Toscana, Ende 80er Jahre

Methodik

Saumur
Saumur an der Loire. Auch ein Film mit deutlichem Korn.

Damit der Nikon Coolscan mit einem modernen Mac arbeitet, ist man auf die Treiber von Silverfast angewiesen (oder VueScan, siehe weiter unten). Als Scan-Software habe ich Silverfast Ai Studio. Entgegen der Behauptung des Herstellers ist die Benutzeroberfläche alles andere als intuitiv. Es war am Anfang durchaus „trial and error“ nötig, bis ich ein für mich optimales Ergebnis bekam. Meist nehme ich den Filmstreifeneinzug, dazu müssen die Negativ-Streifen aber sauber und ohne Knicke, Falzen oder Verdickungen sein. Einmal blieb ein Streifen im Scanner stecken, weil ich (dooferweise) eine Lasche daran übersehen hatte und ich kam gewaltig ins Schwitzen, den wieder zu befreien. Bei den alten Negativen war es manchmal nervig, die seitlichen Papierstreifen vorsichtig abzuziehen, die früher zwecks Markierung von Abzügen daran befestigt wurden. Eine zahnärztliche Pinzette und Gefühl sind da Gold wert.

Toscana
Toscana 1988

Für Dias gibt es einen entsprechenden anderen Halter, der stattdessen ins Gehäuse geschoben wird. Er nimmt nur einzelne Dias. Es gibt auch einen „Slide-Feeder“, der ca. 50 Dias automatisch verarbeitet. Da ich nicht tausende von Dias besitze, brauchte ich dieses Teil nicht. Der Filmstreifenhalter (der auch in den Dia-Schlitz kommt) hingegen wird immer dann wichtig, wenn Negativstreifen Knicke, Risse oder eine beschädigte Perforation haben, denn die dürfen (wie oben beschrieben) auf keinen Fall in den Einzug.

Zieht der Scanner den Filmstreifen ein, macht er einen Pre-Scan und zeigt an, was darauf ist. Schon da kann man sehen, wohin der Hase läuft. Unterbelichtete Bilder sind (je nach Grad der Unterbelichtung) nur bedingt brauchbar. Die Filme sind ebenfalls mehr zufällig gut scanbar, einige sind doch recht grobkörnig, ich kaufte halt damals nur Consumerprodukte. Man kann einzelne Bilder anwählen oder den ganzen Streifen im Batch scannen. Für einen Streifen mit 6 Negativen braucht der Coolscan (mit Silverfast) 4 Min 39 Sek. Ein kompletter Film (36 Bilder) ist in 35 bis 40 Minuten gescannt, wenn der Workflow passt.

Scan
Bretagne 1995. Dieser Film-Batch hat sich z.B. trotz regelrechter Belichtung als sehr grobkörnig erwiesen.

Scan Konzept

Scan
Hier ist zu sehen, was mit dem Flat-Scan aus dem Nikon Coolscan in Lightroom passiert

Der Scanner schafft „echte“ 20 Megapixel und diese Auflösung (4000 ppi) lasse ich immer stehen. Die Scans werden als Tiff abgespeichert, brauchen also ein bisschen Platz. Mein Konzept beim scannen ist es, so etwas wie „Flat-Scans“ herzustellen. Darum versuche ich, möglichst hell und mit niedrigem Kontrast zu scannen, weil damit auch die dunkleren Negativ-Bereiche durchzeichnen (nur bei deutlicher Unterbelichtung ist da Ende im Gelände). Bei Negativfilm bietet Silverfast eine große Auswahl an Filmsorten (auch Vintage-Produkte), die man in einem Drop-down Menü anwählen kann („Negafix“) und jeweils ein entsprechendes Farbprofil anlegen. Bei Bedarf kann man ein Häkchen machen, um automatisch Farbstiche zu entfernen. Dass ein Scan in der Vorschau selbstverständlich gleich als Positiv (Orange Maske eliminiert) dargestellt wird, ist klar. Unbedingt Autofokus und Infrarot-Staubentfernung aktivieren.

Paris
Paris 1989, als hinter La Defense noch alles im Bau war. Foto mit Agfa Optima 1535

Damit sehen meine Scans ein wenig aus wie die von Silbersalz, recht flach und tendenziell zu hell. Dabei kommt der Coolscan (für sein Alter) recht gut mit den Highlights zurecht. Die resultierenden Tiffs werden in Lightroom in Bezug auf Tonwerte und Kontrast korrigiert, ein wenig nachgeschärft und ggf. auch in der Farbtemperatur und Tönung eingestellt, sollte sich doch ein Farbstich eingeschlichen haben. Bei den Scans der Portra oder Ektar Filme aus den letzten Jahren war letzteres nie nötig. Die Nachbearbeitung ist kaum ein Zeitfaktor, weil man für ganze Filme identische Einstellungen auf jedes Tiff übertragen kann. Dafür hat man alle Optionen, wenn man sich doch mit einem bestimmten Bild mehr Mühe geben will. Mit den 16-Bit Tiffs ist bei der Dynamik „Luft nach oben“. Scannt man hingegen mit dem Ziel, ein fertiges JPG schon aus dem Scanner zu produzieren, verschenkt man eindeutig Potential.

Scan
Ardèche, 1994

Scan Software

Scan
Sundowner auf dem Pont du Gard, Ende 80er Jahre. Da darf heute keiner mehr drauf.

Ich gebe zu, dass mich Silverfast schon mehrfach an den Rand des Wahnsinns getrieben hat. Das fängt schon mit der unübersichtlichen Webseite an. Dann nerven die Lizenzbestimmungen für die Software. Dass man für jeden Scanner eine eigene Lizenz erwerben muss, ist echt Geldschneiderei (ich habe die für den Coolscan und den Epson V700, letzteren brauche ich für Mittelformat-Scans, wo der sich einigermaßen bewährt). Auf keinen Fall darf man seine Lizenzschlüssel verbummeln, dann hat man die A… Karte. Ab und zu kommt es nämlich vor, dass das Programm die „vergisst“ und dann muss man sowas neu eintragen. Bei den online erworbenen Lizenzen scheint die Software (ähnlich wie bei LR) ab und zu beim Programmstart den Lizenzstatus zu prüfen. Wenn man vorhat, einige Wochen offline zu arbeiten, kann das frustrierend enden.

Entgegen der Behauptung von Silverfast ist die Benutzeroberfläche sehr unübersichtlich. Ich habe Ai Studio für den Coolscan und SE für den Epson V700. (Seufz) Irgendwann findet man sich zurecht. Die Kunst ist, das redundante Zeug zu erkennen und wegzulassen. Dafür hat man bei Bedarf eine Unmenge an Einstelloptionen, die (hat man mal deren Effekt erkannt) durchaus hilfreich sein können. Zum Beispiel gibt mir das die Möglichkeit, meine „Flat-Scans“ herzustellen.

All diese Defizite treiben einen eigentlich zum Konkurrenzprogramm VueScan, das sowohl preislich moderat ist als auch eine schnell überschaubare Benutzeroberfläche hat. Aber… ich habe es schon vor Jahren probiert und jetzt (als ich diesen Artikel schrieb) aktuell nochmal, um nicht ungerecht zu sein. Leider holt es nicht das Optimale aus meinem Coolscan (das muss ja nicht für alle Geräte zutreffen, z.B. beim Plustek kann es anders sein). Vielleicht eine Sache des Treibers. Jedenfalls sind die resultierenden Tiffs aus Vuescan denen aus Silverfast (gleiches Gerät!) unterlegen.

Scan Software
Outcome der Scans mit Coolscan und identischem Negativ, Farbprofil „Kodak Portra 400“ in beiden Programmen ausgewählt: Links Silverfast, rechts VueScan. Bei beiden Scan-Dateien Weissabgleich und Tönung „wie Aufnahme“ (aus dem Scanner). Die Farben bei VueScan sind „off“
Scansoftware
Weissabgleich und Tönung bei VueScan (rechts) so gut es geht angeglichen. Tonwert-Einstellungen beider Dateien so identisch wie möglich.
Scansoftware
200% Vergrößerung des vorigen Bildes. Zwar mehr Korn, aber bessere Farben und bessere Schärfe bei Silverfast (links).
Sacnsoftware
200% Vergrößerung. Farben (Hauttöne), Brillanz, Farbnuancen bei Silverfast (links) akzentuierter. Schärfe bei gleicher Einstellung beider Dateien beim Silverfast-Scan besser.
Scan
Ikonisches Schnellrestaurant weit nördlich. Hier das Bild für den Software-Vergleich aus dem Coolscan mit Silverfast.

Bessere Farben, bessere Schärfe bei Silverfast. Trotz Auswahlmöglichkeit für Farbprofile von Filmen (wie bei Silverfast auch) muss Tönung und Weissabgleich bei VueScan nachträglich angepasst werden. Bei Silverfast braucht man da nichts zu ändern. Die Scans mit Silverfast haben deutlicheres Filmkorn, das liegt daran, dass ich die „Unterdrückung“ dafür auf niedrigster Stufe habe. Bei Vue-Scan allerdings auch, trotzdem zu stark. Evtl. ist das derselbe Effekt wie zu starke Rauschunterdrückung bei manchen Kameras. Was das Korn betrifft, ist das z.B. bei Prints längst nicht so prominent wie bei der Darstellung auf dem Monitor. Das habe ich schon vor langer Zeit festgestellt, weil Tri-X oder HP5 Scans oft starke Körnung zeigen aber ausgedruckt davon kaum was zu sehen ist.

Dies ist nur ein Beispiel von mehreren, ich habe diverse Negativ-Scans beider Anbieter verglichen. Immer mit demselben Ergebnis.  Bei Vuescan fehlen doch einige Einstellmöglichkeiten, die für mich wichtig sind. So nervig Silverfast auch sein mag, hat man seinen Workflow und seine Einstellungen gefunden, sind die Ergebnisse top.

Scan
An der Ardèche, 1995. Ein Autor dieser Webseite in Aktion

„Normale“ (nicht High-End) Scans vom Fotoservice

Zu dem folgenden Absatz möchte ich vorausschicken, dass es mir nicht darum geht, die Arbeit der Fotoservice-Dienstleister zu diskreditieren. Aber das scannen ist nun mal der Flaschenhals beim hybriden Workflow (analog-digital). Wenn ich Wert auf Scans lege, die möglichst viel aus meinen Negativen holen, muss ich das schon selbst tun. Man kann nicht erwarten, das die „Economy-Class-Scans“ des Fotoservice das Maximum erreichen. Sonst muss man dafür mehr Geld anwenden. Ein gutes Gerät vorausgesetzt, bevorzuge ich bei Kleinbild-Scans meine selbst gescannten Dateien. Vermutlich, weil ich mir auch mehr Zeit nehmen kann, ggf. auch individuelle Einstellungen vorzunehmen.

Im Jahr 2011 begann ich wieder mit der Filmfotografie und bald darauf erstand ich einen neuen Nikon Coolscan mit Filmstreifeneinzug, Diarahmen- und Filmstreifenhalter. Ich liess meine Filme bei einem Anbieter aus Berlin entwickeln, dazu orderte ich große Scans (20MP) von einem Fuji Frontier, die im Tiff-Format ankamen. Eigentlich erhoffte ich mir eine bessere Qualität, als ich sie zuhause erreichen konnte, aber dazu hätte ich mir vermutlich Scans von einem Hasselblad X5 gönnen müssen, die deutlich mehr kosten. Jedenfalls stellte ich bald fest, dass mein Scanner nicht nur schärfere, sondern auch dank der Silverfast-Software farblich (vor allem Hauttöne) bessere Bilder erzeugte. Im Lauf der Jahre scannte ich alle Filme nochmal selbst, selbst die Schwarzweissen, denn neben Schärfe und Farbe zeichnen auch die Schatten besser durch (insgesamt eine bessere Dynamik), die bei den professionellen Scans häufig „abgesoffen“ waren. Die besten Scans (vor allem bei Mittelformat) bekam ich, als ich endlich bei Meinfilmlab gelandet war (Empfehlung!). Trotzdem hat bei Kleinbild der Nikon zuhause immer noch die Nase vorn.

In dem obigen Slider sind einige Vergleiche zwischen Nikon-Scans und denen der Dienstleister aus ganz unterschiedlichen Jahren. Die Scans mit den 200%-Vergleichen sind etwa gleich groß und beide moderat nachgeschärft. Die Tiff-Dateien der Dienstleister sind tonwertmässig leicht angepasst (weil zu dunkel und die Schatten „abgesoffen“), aber keine Veränderung des Weissabgleichs. Die Körnung beim Coolscan ist ausgeprägter, ich stelle aber fest, dass sie bei Prints keine Rolle spielt. Jeder mag sich selbst eine Meinung bilden, für mich sind die Nikon-Dateien qualitativ überlegen.

Und damit wir uns nicht missverstehen, damit will ich nicht die Entwicklungs-Services „bashen“, denn echte High-End-Scans sind Hardware- und Personal-Intensiv und damit teuer. Aber wenn man sich mit einem guten Gerät kombiniert mit Silverfast-Software (die wahrlich nicht benutzerfreundlich ist) eingearbeitet hat, kann man viel erreichen. In meinem Negativ-Scan-Archiv befinden sich zur Zeit knapp 8000 Bilder, alle aus dem Coolscan. Über den Winter sind einige dazu gekommen, denn dank des Filmstreifeneinzugs habe ich viel „nebenher“ gescannt, wenn ich sowieso Büroarbeit machen musste.

Es gibt im Kleinbildbereich nur eine Ausnahme, was die Scan-Qualität betrifft: Seit Silbersalz35 dazu gekommen ist, kann ich deren Qualität nicht mit meinen Scans toppen, selbst bevor sie den neuen Apollon-Scanner in Betrieb genommen hatten. Über die speziellen Gegebenheiten bei den Silbersalz-Filmen habe ich mehrfach berichtet und das ist im Lager der Analog-Fotografen nicht jedermanns Sache.

Scan
Cote Sauvage 1995

Fazit

Es muss wohl daran liegen, dass so viele miese Scans kursieren. Darum entsteht der Eindruck, Film sei digitalen Sensoren unterlegen. In Wirklichkeit ist keiner über- oder unterlegen, Digital und Analog hat gleichen Stellenwert, je nach Präferenz. Sogar die alten Negative beweisen noch, was in ihnen steckt, wenn man es denn herauslocken kann. Aber der analoge Workflow ist ungleich mühsamer und dann ist da die Schwierigkeit mit dem scannen. Wieviel man aus einem Negativ heutzutage holen kann, zeigt Silbersalz mit dem Apollon-Scanner. Seither kann man auch nicht mehr sagen, dass Scans, die die Auflösung des Films überschreiten, Nonsens sind. Es funktioniert ganz offensichtlich. Es ist auch kein Spleen von Hollywood-Regisseuren, dass sie weiterhin mit analogen Kameras auf Kodak-Film drehen. Für zuhause fehlt für den Scan ein zeitgemässes High-End-Gerät. Wenn der Nikon Coolscan, der 2003 vorgestellt wurde, alle kontemporären Geräte in den Schatten stellt, sollte man annehmen, dass technologisch (nach 20 Jahren) eigentlich mehr möglich sein sollte und deswegen eine weit klaffende Marktlücke besteht.

Scan
Morgens in den Pyrenäen, 1986

Es muss ja nicht jeder den Drang haben, sein Negativ/Dia-Archiv zu digitalisieren. Einige werden mit den „traditionellen“ Fotoalben zufrieden sein. Vielleicht ist es auch schon gut, wenn man einfach mal Ordnung in seine Negative bringt. Andere haben möglicherweise so viele Dias, dass sie vor dem schieren Arbeitsaufwand zurückschrecken, und hier kommt sicher nur ein automatisierter Scan von ganzen Magazinen in Betracht. Und dann ist wieder die Frage, welche Qualität man mit vorhandener Hardware erreichen kann.

Nicht alle alten Negative lassen sich vom Material her gut scannen und es gibt Schwierigkeiten bei suboptimal belichteten Bildern. Dennoch hängen viele persönliche Erinnerungen an Fotos, die bis in meine Schulzeit zurückreichen und die meist ohne weiteres scanbar sind. Sie digital verfügbar zu machen und mit ungeahnter Brillanz wieder betrachten zu können, lässt bei dem Trip „down memory lane“ die verblassten Erinnerungen in satten Farben wieder aufleben.

 

12 Kommentare

  1. Hallo zusammen.
    Ich finde es spannend, da wichtige Dokumente, Bilder, Pläne aus digitalem Ursprung auf Papier und Film archiviert werden. Also wird es ja immer Filmscanner mit aktueller Software geben müssen. Selbst 35mm Film wird zum Archivieren genutzt.
    Ein anderer Gedanke ist, wie man einen Vergrößerer zum Scannen umfunktionieren könnte. Das Objektiv müsste an die Kamera adaptiert werden und das Licht müsste auf die Grundplatte liegen. Bereits bei der Aufnahme könnte man selbst Ausschnitte mit hoher Auflösung aufnehmen und spart sich damit den späteren verkleinernden Beschnitt.

  2. Hallo Claus!

    Zur Renaissance des Films gehört sicher auch ein guter Scanner für den Heimbedarf. Es ist wirklich ein Trauerspiel, was an erschwinglichen „Stand Alone“ Lösungen zur Zeit vorhanden ist. Vielleicht erbarmt sich Leica ja eine passende Lösung auf den Markt zu bringen?

    Als Alternative zum Scanner habe ich in Finnland das Valoi Easy35 System entdeckt. Eine Aufstecklösung mit LED Durchleuchtung und Halterung in Kombination mit einem Makro Objektiv. Die Nachbearbeitung erfolgt dann in Negative Lab Pro.
    Die Scanvorrichtung wird mit verschiedenen Adaptern für die meisten gängigen Objetivdurchmesser geliefert.

    Für den L Mount nutze ich ein Sigma 70mm f/2.8 Macro. Die Leica Q ist nicht kompatibel, für das M System besitze ich kein geeignetes Makro, habe aber schon ein adaptiertes Nikon 60mm f/2.8 AF im Einsatz gesehen.
    Der Preis ist mit 235€ recht günstig, vorausgesetzt Objektiv und Kamera sind kompatibel und schon vorhanden.

    https://www.valoi.co/easy35

    Grüße

    Andy

    • Claus Sassenberg

      Hallo Andy,

      es gibt tatsächlich für’s abfotografieren einige ganz patente Lösungen und deine Empfehlung ist auch sehr gut! Ein Leser schrieb mir z.B., Leica sollten den Kopierständer BEOON wieder herstellen. Mit diesem System „pixl-latr“ zusammen hat man auch eine Alternative. Für Nikon gibt es ebenfalls einen Aufsatz mit Halter für Negative, dann das weiter unten im Kommentar erwähnte Kaiser Vario Copy Set, etc., etc.

      Aber gäbe es einen zeitgemäßen Scanner, würde das mehrere Arbeitsschritte einsparen und die IR-Staub und Kratzer-Entfernung ist (besonders für „Vintage-Negative) ein Segen.

      Viele Grüße,

      Claus

  3. Jörg-Peter Rau

    Lieber Claus, vielen Dank, dass Du das wichtige Thema hier ansprichst. Ich beiße mich in den Hintern, dass ich damals nicht in einen Coolscan investiert habe. Vielleicht findet sich mal ein Crowdfunding-Projekt für einen praxisorientierten Filmscanner? Ich bin gerne und zufrieden Kunde bei MeinFilmLab, aber ich fände es schon auch schön, die ganze Prozesskette selbst in der Hand zu haben, wie früher in der eigenen Dunkelkammer. Grüße, Jörg-Peter

  4. Stefano Strampelli

    Die alten Bilder haben eine wunderschöne Anmutung. Sie wirken fast malerisch.
    Zum Apollon von Silbersalz35. Bisher habe ich es nur mit Silbersalz35 Filmen benutzt. Wie sind die Scans von anderen Farbfilmen? Sie sind auch so flach und „bearbeitungsintensiv“ oder sind sie etwas pflegeleichter? Nur aus Interesse. Die Unterschiede in den Details zwischen den Scans von Coolscan und von den Dienstleistern sind ordentlich und da ich keinen eigenen Scanner habe, wären die Apollon Scans (die insbesondere im 4-er Bündel günstig sind) eine interessante Alternative.

    Viele Grüße
    Stefano

    • Claus Sassenberg

      Hallo Stefano,

      die anderen Farbfilme kommen ebenso als JP2-Flatscans wie die Silbersalz-Filme und muten ähnlich an. Ich finde sie allerdings relativ unkompliziert zu bearbeiten. Meist handelt es sich nur um die Tonwerte (Weiß- Schwarzpunkt, Kontrast, Highlights zurück, Tiefen etwas holen) und man hat in der Regel schon was brauchbares (und oft genügt das bereits). Mach ich in LR.
      Ich hatte jedenfalls mit Kodak Portra 400 keine Probleme.

      Viele Grüße, Claus

      • Stefano Strampelli

        Hallo Claus,
        danke für die Antwort, die sich mit meiner Erfahrungen deckt (meistens passe ich auch den Weißabgleich an, da mir die Farben oft zu warm sind).
        Meine Eigentliche Frage war aber eine andere, was zugegeben an mir lag. Die Nachricht war nicht deutlich formuliert. Ich wollte wissen, ob die Scans von Negativfilmen so flach und flau sind, wie die Scan von Silbersalzfilmen.

        Viele Grüße
        Stefano

      • Claus Sassenberg

        Hallo Stefano,

        ein Bild sagt mehr als tausend Worte… hier ein Screenshot aus LR eines Kodak Portra 400 Apollon Scans vorher/nachher:

        Screenshot aus LR, Flatscan Kodak Portra 400

        Viele Grüße, Claus

      • Stefano Strampelli

        Hallo Claus,

        besten Dank für das Bild, sehr auflussreich. Der Eindruck ist, die Bilder kommen genauso flach wie die Silbersalz-Scans an. Der Weißabgleich stimmt jedoch. Das wäre anders als bei SIlbersalzfilmen, wo ich dagegen meistens die Farbtemperatur (i.d.R. um einen Wert zwischen -10 und -12) senke, weil mir die Farben zu warm sind.

        Viele Grüße
        Stefano

  5. Stefan Funke

    Erfahrungen eines vielscannenden reinen Linuxnutzers mit aktuellen Scannern (2024):

    Silverfast läuft unter Linux nicht, also immer Vuescan. Habe ersteres früher unter Windows 98 benutzt. Unübersichtliche Oberfläche, blieb häufig beim Scannen einfach stehen, so dass ich schon damals zu Vuescan wechseln musste

    Mittelformat: Epson 750 und 850: Reicht zur Betrachtung an einem 4K-Monitor aus, vorausgesetzt man verwendet ein Antinewtonglas zum Planhalten und (wichtig!) justiert die Höhe der Filmträgerbeinchen peinlich genau. Wenn das nicht reicht, Reflecta MF5000: Deutlich bessere Auflösung und deutlich schneller, aber umständlich zu bedienen, da man nur 2 Negative pro Durchlauf bearbeiten kann und den Filmstreifen dann umdrehen muss.
    Kleinbild: Reflecta RPS 10M: Zieht einen ganzen Streifen auf einmal ein, findet manchmal die Grenzen zwischen den Negativen nicht korrekt, dann muss man den Filmstreifen umdrehen und nochmal scannen. Qualität gut, aber langsam. Reflecta RPS 7200: Unter Windows mit Vuescan OK, unter Linux feines senkrechtes Banding und daher nicht verwendbar.
    Am ausreichenden Dynamikumfang fehlt es leider bei allen. Aktuelle gute Scanner wären dringend nötig, bitte auch für Mittelformat!

  6. Fritz Reinhard

    Hallo Claus,
    ein sehr interessanter Bericht zum Thema der Digitalisierung analoger Archive. Zur besseren Übersicht habe ich schon vor Jahren die Kontaktabzüge und Indexprints mit einem Flachbettscanner eingescannt, um einen Überblick über das Archiv zu erhalten. Anfangs habe ich die Negative mit einem PhotoSmart von HP gescannt, da es aber keine Treiber höher als Windows XP gab, digitalisiere ich jetzt durch abfotografieren. Dazu nutze ich das Makro Elmarit R 2,8/60 an meiner M 240 und das Kaiser VarioCopy-Set. Die Negative werden dann in LR mit Negativ Lab Pro 3 konvertiert und ein Positiv im Tif-Format erzeugt, dieses lässt sich ganz einfach in LR normal weiterverarbeiten. Staub und andere Bildfehler werden vorher in Akvis Retoucher entfernt. So ist grob meine Vorgehensweise. Die Ergebnisse sind recht brauchbar, einige Beispiele sind auf meinem Instagram Account zu sehen. Ansonsten habe ich recht gute Erfahrungen mit MeinFilmLab gemacht

    • Claus Sassenberg

      Hallo Fritz,

      deine Methodik und Workflow sind auf jeden Fall optimal, wenn es um das abfotografieren geht. Das Kaiser VarioCopy-Set finde ich übrigens sehr empfehlenswert. Ich selbst benutze zum abfotografieren das Leica 100mm Apo-Macro Elmarit-R 1:2.8, das mit meiner M11-P gepaart nichts zu wünschen übrig lässt.
      Funktioniert und liefert gute Ergebnisse, aber es ist eine „Hauptbeschäftigung“ und ungleich mühsamer, als einfach einen Filmstreifen in den Scanner zu füttern, der einem mehrere Arbeitsschritte abnimmt (und ich wirklich nebenbei was anderes machen kann). Darum wünschte ich, es gäbe aktuell vernünftige Scanner auf dem Markt. Denn mit abfotografieren kann man vermutlich mehr erreichen als mit den Scannern, die zur Zeit real (neu) zu kaufen sind. Sollte mein Coolscan mal den Geist aufgeben, würde ich vermutlich erst mal nach einem identischen Ersatz-Gerät suchen.

      Und dass man bei Meinfilmlab sehr gut versorgt wird, wenn man der ganzen Thematik und der Mühe des selber scannens aus dem Weg gehen will, ist absolut korrekt.

      Viele Grüße,

      Claus

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