Wer gleich zur Kernaussage des Artikels vordringen will, sollte zur Überschrift “Falsche Propheten” weiter scrollen. Hier kommt erst eine Menge Geschwafel in eigener Sache vorweg,
Metaphysik
Laut Douglas Adams findet sich Gottes letzte Botschaft an seine Schöpfung auf dem Planeten Preliumtarn in den Quentulus Qazgar-Bergen, auf deren Hängen in feurig lodernden riesigen Buchstaben zu lesen ist: “We apologise for the inconvenience”. Hmm. Da wird einem manches klarer.
Mit diesem metaphysischen Einstieg möchte ich auf keinen Fall eine religiöse Diskussion lostreten (obwohl Religion im weitesten Sinne etwas mit diesem Beitrag zu tun hat), nur kommt mir dieses Zitat immer in den Sinn, wenn ich sehe, was in der Welt so los ist. Aber will man nicht vollends zum Zyniker werden, darf man nicht nur auf das Schreckliche achten, sondern sollte sich auch um das Gute bemühen und wahrnehmen.
Wow. Wie aus der Sonntagspredigt eine Televangelisten. Keine Angst. Ich komme auf den Boden zurück. Muss nur noch gerade meine weissen Schwingen zusammenfalten.
Wie das jetzt mit Fotografie zusammenhängt? Nun, wie schon Jürgen in seinem Beitrag “Glückssucher” ausführte, kann man auch als Fotograf seinen Mitmenschen etwas Gutes tun, sei es, dass man Erinnerungen festhält oder eine Botschaft vermittelt. In meinem Fall kann ich neben der Serotoninfreisetzung bei Betätigung des Auslösers in Anspruch nehmen, dass die Beteiligten bei Konzerten und anderen Events sich über die Fotos freuen oder ich auch z.B. durch die Reportage über das Cellissimo-Konzert in einem Flüchtlingsheim (hoffentlich) helfe, Toleranz zu erzeugen. Die Stadt Vlotho benutzt seit Jahren meine Bilder für Flyer und Werbebroschüren, um den Tourismus zu fördern. Auch für den Kirchenkreis ist eine ganze Menge verwendet worden. Der dunklen Seite der Macht habe ich zumeist widerstanden. Ich trolle nicht in Foren herum und versehe meine verwaschenen, aber überschärften Shots ohne erkennbare Komposition auch noch mit Wasserzeichen. Dafür kommt man nämlich in die Fotografen-Hölle, um sich stundenlang Flickr und Leica Fotopark in Echtzeit anzugucken, oder mit einer Hasselblad Lunar zu fotografieren. Wenn man’s ganz schlimm getrieben hat, landet man in dem Raum mit den verstorbenen Leica-Forum Platzhirschen und muss mit ihnen diskutieren. Das ist richtig gruselig.
Ich lese die letzten Sätze und kenne mich selbst nicht wieder. Seit wann bin ich so undiplomatisch? Musste wohl mal raus…

Frostiger Morgen an der Weser. Bild mit der M240 und dem 90mm Macro-Elmar.
Zur Entstehung dieser Webseite
Jetzt schreibe ich diesen Blogbeitrag nicht mit dem Ziel der Selbstbeweihräucherung, denn wie Gertrude Stein sagte: “The deepest thing in any one is the conviction of the bad luck that follows boasting.” Gottseidank bin ich nicht abergläubisch, das bringt nämlich Unglück. Im Grunde handelt es sich immer noch um eine Art überlanger Einleitung, um auf den Punkt zu kommen. Also weiter:
Anfang Dezember schrieb ich den Artikel “Ein Jahr mit der Leica Q“, der seither auch bei Macfilos in Englisch erschienen ist. Bei der Vorbereitung und Sichtung der Beiträge aus dem letzten Jahr wurde mir klar, wie stark sich die Webseite entwickelt hat. Lucky me.
Letzte Woche war ein Reporter der Lokalpresse bei mir, der einen Artikel darüber vorbereitet. Irgendwie hatte der Chefredakteur Wind bekommen, dass in unserem kleinen Städtchen die Basis einer Webseite ist, die in dieser Nische der Fotografie eine gewisse Bedeutung erlangt hat. Durch Verlinkungen, Pingbacks und Trackbacks auch mit englischsprachigen Webseiten ist die Besucherschar tatsächlich international (wenn ich auch annehme, das viele nur die Bilder ansehen). Die eigentliche Leserschaft beschränkt sich im wesentlichen natürlich auf das deutschsprachige Europa und Nachbarländer (Benelux), wo viele gute Deutschkenntnisse haben. Immerhin erreichen einige Inhalte auch wesentlich weitere Verbreitung, wenn Mike sie ins Englische übersetzt auf Macfilos einstellt.
Auf die Kernfrage des Reporters, nämlich warum ich die Webseite überhaupt angefangen habe, musste ich etwas in meinem Gedächtnis wühlen. Neben dem offensichtlichen Bedürfnis der Selbstdarstellung (der Narzisst, der in jedem steckt, aber bei Schriftstellern, Malern und Fotografen monströse Ausmasse annehmen kann), hatte ich in 2009 das Gefühl, genügend Wissen über Fotografie angesammelt zu haben, um etwas davon weitergeben zu können. Gleichzeitig kam mit dem Wechsel von der Canon 5D II zur M9 ein starker kreativer Anschub. Ich war plötzlich im “Leica-Fieber” und wollte der Welt mitteilen, was ich gefunden hatte. Der heilige Barnack hatte einen neuen Propheten. Allerdings hatte ich nicht vor, die Inquisition einzuführen. Die anderen durften ruhig mit ihren DSLR’s weiterknipsen… das ist schon Strafe genug. O.k., sorry, klingt das etwa voreingenommen? Ich nehme alles zurück, zur Versöhnung folgendes:

Ein Winterbild aus der Leica M9. Mit dieser Kamera begann für mich eine neue Ära.
Vorhin hatte ich schon Gertrude Stein zitiert und an dieser Stelle muss ich die (vermutlich vielen bekannte) Anekdote einwerfen, die von ihrem Besuch einer Ausstellung von Leica-Ikone Henri Cartier-Bresson handelt. Besonders pikant ist dabei noch, dass H.C.B. ursprünglich viel früher eine Karriere als Maler anstrebte und die Stein nur einen Blick auf eines seiner Werke geworfen hatte, um ihm dann zu raten, doch lieber ins Familiengeschäft einzusteigen. Ziemlich vernichtende Kritik also. Jetzt, einige Jahre später, hatte H.C.B. seine Berufung gefunden und auch schon einen Namen. Gertrude Stein besuchte also seine Vernissage. Nach ausführlicher Begutachtung der Fotos lobte sie diese und fragte ihn, mit welcher Kamera er sie gemacht habe. Daraufhin antwortete Cartier-Bresson offenbar deutlich angefressen: “Meine Liebe, ich habe Ihr letztes Buch gelesen, es ist wunderbar. Sagen Sie, mit welcher Schreibmaschine haben sie es getippt?”
Die Moral dieser Geschichte ist ganz klar. Selbst im (Leica-) Fieberwahn würde ich nie soweit gehen zu behaupten, dass man mit anderen Geräten nicht auch hervorragende Fotos machen kann. Na klar, ebenso, wie man auf einer Blockflöte auch prima stilecht “Highway to Hell” spielen kann… uh… fange ich schon wieder an? Werde mich bessern (die auf dem Rücken gekreuzten Finger sieht ja jetzt keiner). Jedenfalls habe ich für mich gefunden, dass mir das schlichte Design und die Haptik des M-Systems am meisten zusagen. Dabei schliesse ich heutzutage die Leica Q mit ein. Die einzige andere Firma, die dem nahe kommt, ist Fujifilm, und damit gehe ich wohl in der Meinung mit den meisten Leicaphilen konform. Oder? Uiuiui! Wenn das mal keine Häresie war! Zum Glück wird man bei Leica nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt, sondern höchstens exkommuniziert – will sagen, das Kundenkonto wird gelöscht.
Im Jahr 2009 glaubte ich schon viel zu wissen. Hah! Welche Hybris! Man denke an Oscar Wilde: “Experience, the name men give to their mistakes”. Vor allem im alten Blog sind sicher viele Bilder, die insbesondere bearbeitungstechnisch nicht meinen heutigen (sehr viel schlichteren) Vorstellungen entsprechen. Aber – hey!- jeder macht eine Entwicklung durch, und ich stehe dazu. Panta rhei und so weiter… schöne Grüße von Heraklit.
Weihnachtsreiten 2016: Die Leica Q mit Serienbildaufnahme.
Das Wachstum der Webseite brachte noch etwas mit sich, was ich durchaus als Gewinn betrachte: Nämlich den Kontakt zu gleichgesinnten Blogger-Kollegen und vielen Lesern, allesamt sehr gebildete und interessante Menschen (nein, das ist nicht ironisch gemeint!). Gemessen an der Menge der Besucher ist die Anzahl Kommentare gar nicht so gross, aber viele suchen eher den direkten E-Mail-Kontakt. Es gibt Fragen, die alle Bereiche der Fotografie berühren und wenn Siri auf dem Schlauch steht, bemühe ich mich nach Kräften, etwas halbwegs Sinnvolles zu antworten. In den meisten Fällen ist das nicht unbedingt von allgemeinen Interesse, daher muss es nicht im Blog diskutiert werden. Aber neulich brachte mir eine Anfrage zu Bewusstsein, dass es Dinge gibt, die unbedingt mal explizit erwähnt werden müssen. Und ich meine nicht Donald Trumps IQ. Aber lassen wir den Mann, er arbeitet sicher hart, den in den zweistelligen Bereich zu bekommen.
Falsche Propheten
Vor ein paar Tagen fragte mich ein Leser, ob ich schon mal einen Workshop von Thorsten Overgaard besucht hätte und ich das empfehlen könne, da er erwäge, dies zu tun. Ich setzte mich geschockt zurück, nachdem ich die Mail gelesen hatte. Ja, hatte er denn noch nicht gehört… offenbar nicht. Was genau? Kommt gleich.
Friedrich der Grosse sagte schon “ein jeder solle nach seiner Façon selig werden“. Religionsfreiheit ist ein Grundrecht. Bloss hat Religion meiner Meinung nach so viel mit einer Sekte wie Scientology zu tun wie MacDonald’s mit Nordkorea.
Meine Annahme, dass wohl schon alle mitbekommen haben, dass Overgaard Scientology’s Lockvogel für Leica-Liebhaber ist, war ebenso begründet wie der Glaube an Walter Ulbrichts Aussage: “Niemand hat vor, eine Mauer zu bauen“. Und leider hat dieser Typ (nicht Ulbricht, sondern Overgaard) eine umfangreiche Webpräsenz aufgebaut, über die jeder stolpert, der Leica recherchiert. Das reinste Lebkuchenhaus für Leica-Freunde. Wer will da nicht mal knabbern? Das war auch bei mir vor Jahren so. Aber ziemlich bald merkte ich, das etwas faul ist im Staate Dänemark (sehr passend, was?). Hier und da auf der Seite kommt man plötzlich zu Scientology-Inhalten und ja, die “Celebrities”, die er so fotografiert – sind fast alle ebenfalls Scientologen. Aber wie gesagt, das ist nicht unbedingt offensichtlich und gerade “Leica-Neulinge” stürzen sich mit Begeisterung auf die Seite. Leute, stosst die Hexe in den Ofen. Jeder, der mal die Stichworte “Thorsten Overgaard Scientology” in Google eingibt, wird staunen, was da herauskommt. Ein gut recherchierter Artikel findet sich auf LaVidaLeica.

Kantoreiprobe unter Sabrina Gründling. Während das Bild kompositorisch sicher keinen vom Hocker reisst, ist es für mich ein Nachweis der Leistungsfähigkeit der Dynamik und Bildqualität der Leica Q. Man muss einfach wissen, wie schwierig die Lichtbedingungen in der Kirche sind, dazu ist der Weissabgleich dort für jeden Apparat ein Alptraum, dennoch erscheinen die Farben (ohne in LR nachgeholfen zu haben) intensiv (und richtig), bei Blende f/2.0 hat das Foto eine grosse Plastizität.
Während ich all dies nochmals nachprüfte, bekam ich plötzlich Bedenken. Was, wenn Leica selbst schon unterwandert wäre? Mulder und Scully steht mir bei! Das würde mich in einen tiefen Gewissenskonflikt stürzen. Aber keine Angst: Es gibt keine Hinweise auf so etwas. Wir können die X-Akten daher wieder schliessen. Was man im Netz so findet: Im Jahr 2008 trennte sich Leica von dem damaligen Vorstandschef Steven K. Lee. Die offizielle Begründung waren Beleidigung von Mitarbeitern und Schaffung eines schlechten Betriebsklimas (neben falscher Reisekostenabrechnung). Gerüchte behaupten, es sei deswegen passiert, weil er Scientologe sei. Dafür konnte ich allerdings keine stichhaltige Bestätigung finden.
Dann gibt es leider noch ein unsagbar peinliches Interview mit Dr. Kaufman auf Leica Rumors aus 2013, das besser nie stattgefunden hätte (interessant vor allem auch die Kommentarleiste dort). Was Leicas Presseabteilung geritten hat, dem überhaupt zustimmen, ist mir ein Rätsel. Zu der Zeit standen die wohl sowieso unter Drogen (oder auf der dunklen Seite der Macht), war da nicht auch die unglaublich dämliche Kampagne zur Leica X-Vario, der vermeintlichen Mini-M? Ich wundere mich noch heute, dass das Werk damals nicht von einem wütenden Mob niedergebrannt worden ist. Wie auch immer, sicher ist jedenfalls, dass Overgaard als “Persona non grata” zu keinem offiziellen Leica-Anlass mehr eingeladen wird, wenn er nicht “Gatecrashing” betreibt.
Das also war meine einzige und wichtige Botschaft heute. Sozusagen das Leicangelium. Liebe Leica-Freunde, fallt bitte nicht auf diesen Schaumschläger rein und wenn ihr was von dem hört, filtert es sorgfältig!
In der Zwischenzeit steigt die Spannung, ob wir am 17./18. Januar aus der heiligen Stadt (Wetzlar) etwas Neues über die zukünftige Leica M10 hören.

Sylvester – Leica Q bei f/1.7, 1/30sec ISO 5000
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