Leica Q3 43 auf Elba oder die Essenz von Rosmarin, Eisen und Licht
Die Leica Q3 43 war diesmal als einzige Kamera für die Reise gesetzt. Dabei war Elba gar nicht das ursprüngliche Reiseziel. Aber manchmal kommt es eben anders, als man denkt.
Das Konzept von „one lens, one camera“ ist immer eine gute Übung für die Selbstdisziplin, wobei in der selbst auferlegten Limitation immer auch eine gewisse Befreiung liegt: Kein zermürbendes Kopfzerbrechen darüber, welche Brennweiten unbedingt dabei sein müssen, kein nerviges wechseln und zurück wechseln von Objektiven, kein Sensor-Staub-Problem und geringes Packmass der Kamera als einzigen Ausrüstungsgegenstand. Auch mit der M10 oder M11 habe ich ganze Urlaube verbracht, ohne einmal die Optik zu ändern.

Die „normale“ Leica Q3 mit 28mm Brennweite war dafür auch gut zu gebrauchen (z.B. auf Korsika). Dass ich jetzt mit der Leica Q3 43 für den gleichen Zweck trotz der längeren Brennweite nichts vermisst habe, zeigt mal wieder, dass man sich auf alles einstellen kann. Jede der Brennweiten der beiden Q’s hat ihre Vorteile, zu welcher man mehr neigt, muss jeder selbst entscheiden. Und manche haben schliesslich einfach beide Kameras. Da ich mich nun für die 43er Brennweite entschieden habe (und keine zweite Q möchte) ist mein Workaround bei mangelnder Weite immer das anfertigen von Panoramen. Dafür habe ich ein bisschen mehr Spielraum beim digitalen Zoom, den ich bei der verfügbaren Auflösung von 60Mp ohne Skrupel nutze.
Urlaubsfotos sind eigentlich eine „Unterkategorie“ von Reportage, verbunden mit Landschaftsfotografie. Wie gut sich die Leica Q3 43 an die teis rasch wechselnden Anforderungen anpassen liess, lässt sich hoffentlich an den Beispielbildern erkennen.

Durchkreuzte Pläne
(Der folgende Absatz beschäftigt sich lediglich mit meinen persönlichen Befindlichkeiten und kann gerne übersprungen werden)
Am Freitag vor Urlaubsbeginn wachte ich morgens ungewohnt asymmetrisch auf. Ich hatte einen Leistenbruch und war deswegen geradezu persönlich beleidigt, bildete ich mir doch so viel auf meine straffe Beckenboden-Muskulatur ein. Wie kam ich zu dem Sch…Ding? Mein Urologe schickte mich gleich weiter zu einer chirurgischen Klinik, wo wiederum erklärt wurde, so eine eingeklemmte Hernie könne man nicht einfach ignorieren (was nach meiner Berufserfahrung für Träger von Y-Chromosomen die natürlich Wahl ist). Gleich Montag morgens traf ich einen Herrn Morpheus, der mich kurz in die Arme nahm. Als ich wieder aufwachte, präsentierte mein Chirurg des Rätsels Lösung: Ein (O-Ton) „hühnereigroßes“ Lipom hatte sich zwischen den Muskelfasern Platz geschaffen. Das war also das eingeklemmte Teil. Kann man gebrauchen wie einen Nagel im Kopf.


Das der ursprünglich geplante Camping-Urlaub damit irgendwie unrealistisch wurde, trug nicht zur Anhebung der Laune bei. Wenigstens mussten in der Praxis nicht zig-Patienten umbestellt werden, nur zwei Tage. Im Lauf der Woche stellte ich mir zwei Aufgaben: Erstens, die blöde OP-Wunde soweit möglich nicht zur Kenntnis zu nehmen und zweitens, noch irgendein Urlaubsziel „wo’s schön ist“ zu finden. Ein bisschen Sommer sollte auch noch sein. Der fand sich leider nur noch sehr weit im Süden. Letztes Jahr waren wir eine knappe Woche auf Elba, und da gab es noch reichlich zu entdecken. Ich fand dort ein Feriendomizil direkt am Meer und buchte die Fähre für Montag. Am Sonntag früh um 3 Uhr starteten wir und waren Abends in Livorno (das war gar nicht vorgesehen, aber wir waren fantastisch durchgekommen und ich hatte auch kein Problem). Eine Nacht auf dem Campingplatz ging ohne weiteres und Montag mittag waren wir in unserer Ferienwohnung.
Akklimatisieren
Naturgemäß waren unsere Aktivitäten die ersten Tage nicht ganz so sportlich wie gewohnt. Mein Herz blutete angesichts der vielen tollen Rennrad-Strecken durch die Berge, aber das musste ich mir für diesen Urlaub abschminken. Stattdessen düsten wir mit einem „Scooter“ (Motorroller) über die Insel und besuchten die kleinen Orte, die so unterschiedlichen Charakter haben. Zuhause leiht mir mein Schwager oft seine 300er Vespa GTS „Super Sport“, darum wollte ich auch etwas adäquates haben. Vespas gab’s nicht zu mieten, dafür aber einen 350er Honda SH mit ausreichend Power. Auf Elba gibt’s kaum mal ein Stück Strasse., das einen Kilometer geradeaus geht. An den Küstenstrassen oder bei den Serpentinenstrecken durch die Berge und über Pässe reiht sich eine Kurve an die andere. Aber da macht das cruisen mit dem Roller schon Spass (und so ein 350er hat schon genug „wumm“), ausserdem hat man nie ein Parkproblem.

Wie sonst beim radeln hängte ich die Leica Q3 43 einfach um, einen Arm durch den Gurt kommt sie unterhalb des Rippenbogens zu liegen und stört nicht. Diese Kameras, wie auch die M-Modelle (wenn nicht gerade ein Noctilux drauf ist), sind mit Objektiv noch ausbalanciert, so dass sie gut anliegen und nicht durch einen schweren Glasbaustein davor nach vorn kippen und unbequem werden. Immer griffbereit, kann man schnell mal Motive am Strassenrand ablichten. Der Transport am Körper ist ausserdem eine optimale Absorption von Stößen durch Schlaglöcher etc., das gilt auch für’s Fahrrad. Wenn man sich auf die Klappe legt, ist die Argumentation allerdings hinfällig.
Panorama mit Leica Q3 43

Nach zwei Tagen auf der Insel traute ich mir die ersten kleinen Wanderungen zu . Wir stiegen zur Fortezza del Volterraio auf, einer Burgruine, die oberhalb des Passes aufragt und eine charakteristische Skyline erzeugt, die den östlichen Teil Elbas dominiert. Eine an sich leichte Wanderung, wenn man von einem Parkplatz startet, der auf halber Höhe der Serpentinen der Passstrasse von Bagnaia herauf liegt. Die Aussicht ist atemberaubend (wie von vielen Passhöhen und Gebirgskämmen der Insel, was wir noch erleben durften), über Portoferraio hinaus auf den Monte Capanne (den höchsten Berg) überblickt man den gesamten westlichen Teil Elbas.


Die Brennweite von 43mm ist manchmal (aber selten!) für Landschaft zu eng, speziell, wenn es um solche Aussichtspunkt-Motive geht. Aber da „Landschaft“ ziemlich statisch ist, bietet sich als Workaround natürlich das erstellen eines Panoramas aus mehreren Aufnahmen. Man hat dann nicht nur die Weite eines 18- oder 21mm Objektivs, sondern auch noch ein wesentlich höher auflösendes Bild. Um gleichartig belichtete Raw’s zu bekommen, stelle ich (bei vorgewählter Blende, meist f/4 oder f/5.6) die Zeit und ISO fest ein. Fokus liegt in der Regel auf unendlich, falls das aus irgendeinem Grund nicht der Fall ist, sollte man auch den manuell festlegen. Die einzelnen Bilder mache ich meist in „Porträt-Position“, also vertikal. Mit genügend Redundanz unten und oben, weil meist einiges weggeschnitten werden muss. Die Anzahl der benötigten Fotos hängt vom Motiv ab. Ich habe immer die Wasserwaage im Sucher an, lege sie als Linie auf einen bestimmten Punkt (z.B. den Horizont) und hangele mich daran entlang, mit 1/4 oder 1/3 Überlappung. Das geht mit etwas Übung absolut aus der Hand und dauert insgesamt auch nur ein paar Sekunden. Die Bilder fügt ein Programm wie Lightroom perfekt zusammen.
Makro
Immer wieder genial, wie diese Funktion im Design der Q-Kameras implementiert wurde. Bei den Q3-Modellen ist zudem das vorhandene Klappdisplay extrem Rückenschonend.

Eisen

Elba ist ein geologisches EL Dorado (nur statt Gold gibt’s halt Eisen). Das westliche Elba mit Monte Capanne besteht vorwiegend aus Granitgesteinen, im zentralen Teil dominieren metamorphe und sedimentäre Gesteine (z.B. Schiefer und Kalkstein) und im östlichen Teil sind die Eisenerzvorkommen, die Elba schon für die Etrusker interessant machten und die wechselvolle Geschichte der Insel beeinflussten. Am Monte Calamita (dem „Magnetberg“) südöstlich von Capoliveri kann eine stillgelegte Mine besichtigt werden, wir haben das ausgelassen, weil wir tatsächlich zuhause ganz in der Nähe (in Kleinenbremen) etwas gleichartiges haben.


Es gibt diverse (stillgelegte) Abbaustätten auch in der Gegend von Rio nell’Elba. Was mich neugierig machte, war der „Laghetto delle Conche“, ein kleiner See so rot wie Blut (oder Lila, je nach Sonnenwinkel). Die Färbung erklärt sich aus im Wasser gelösten Hämatit. Von der SP 33 oberhalb des Sees geht ein Wanderweg ab (der zugleich MTB-Strecke ist). Der Weg führt durch die typischen Steineichen leicht bergab und ist von interessant gefärbten Steinen geprägt. Am See stellte ich fest, dass 43mm mal wieder zu wenig Weite lieferten, um den See zu erfassen. Klarer Fall für ein Panorama. Nur diesmal war ich zu sparsam mit den Einzelaufnahmen: Ich machte vier in einer Reihe und hätte besser zwei Reihen übereinander gemacht, um das gleiche zu erreichen, was ich mit dem iPhone 16 und der 13mm (auf Kleinbild umgerechnet) Weitwinkelkamera machen konnte. Aber hinterher ist man immer schlauer.


Wenn ich jetzt schon das zweite Mal eine Situation beschreibe, in der die Brennweite der Leica Q3 43 nicht „weit“ genug war, heisst das nicht, dass die 43mm nicht in 99% der anderen Fälle völlig ok sind, auch für Landschaft. Im Gegenteil, oft genug ist der Bildwinkel der Q3 43 dafür ideal.
Nebenbei: Ich nehme schon mal das iPhone, man hat es halt dabei, aber ultimativ liegen dennoch Welten zwischen der Bildqualität der iPhone-Bilder und den Vollformat Raw’s aus einer Leica. Man kann sicher mit den iPhone-Fotos zufrieden sein, für mich ist es jedoch nur eine Notlösung.

Granit

Oberhalb des Ortes San Piero im Bereich des Monte Capanne kann man die Region der Granitgesteine erwandern. Wir wählten einen Weg zum „Pietra Murata„, einem riesigen Granitmonolith, an den zudem eine sogenannte „Caprile“ gebaut ist, eine historische Schäferhütte. Diese „Capriles“ sind für dem Bereich typisch. Den ganzen Wanderweg (ausgehend von San Piero) entlang finden sich große Granitblöcke. Man bewegt sich durch unterschiedlich hohe Macchie mit den typische Steineichen, Ginster und Myrte. Die Luft ist erfüllt von dem Duft der Pflanzen, besonders Rosmarin oder Thymian. Es kann aber auch vorkommen, dass man plötzlich in einer Wolke Pfefferminz oder Eukalyptus steht. Das macht das Wandern auf Elba zu einem besonderen Erlebnis.

Die Gegend um Pietra Murata herum gehört zum ältesten Siedlungsgebiet der Insel (seit der Bronzezeit). Es sieht aus, als hätten hier Riesen mit einem Steinbaukasten gespielt. Die Aussicht auf die Südküste, die Insel Pianos und bis Korsika ist fantastisch. Der Wanderweg ist zugleich eine (anspruchsvolle!) MTB-Strecke, man achte also auf Downhiller.
Im Slider: Eindrücke von der Wanderung zum Pietra Murata
Kalkstein
Das zentrale Elba kann man wunderbar über den Hauptkamm erwandern. Es dominieren hier die Sedimentgesteine. Vom Pass der SP32 (Parkplatz „Le Panche“) aus geht der Weg über den Kamm nach Südosten Richtung Porto Azurro oder in die andere Richtung nach Cavo. Der Kammweg ist recht einfach zu begehen, wir stoppten oberhalb von Porto Azurro und gingen dann zurück. Muss ich es extra erwähnen? Natürlich fantastische Aussicht in alle Richtungen. Das war für mich in der ersten Woche machbar.

Im Slider Aussichten von der Kammwanderung. Das sind übrigens keine Panorama-Bilder, sondern zeigen, dass die Brennweite von 43mm durchaus auch für Landschaft passt.
In der zweiten Woche (ich war inzwischen deutlich fitter) starteten wir eine Wanderung am „Santuario della Madonna di Montserrato“, einer Wallfahrtskirche, hinter der ein Klettersteig zum Monte Castello beginnt. Der Weg ist im unteren Teil schlecht markiert und durch Geröll erschwert. Ein Schild weist darauf hin, er sei für erfahrene Wanderer und meine Frau äusserte Zweifel, ob wir den nehmen sollten. Worauf ich (typisch für Testosteron) erwiderte, wenn wir nach 40 Jahren Wanderungen im Hochgebirge nicht zu „erfahrenen Wanderern“ zählten, wer das überhaupt sei?
Wir bewältigten den Steig ohne Probleme und kamen an die Stelle, wo wir die Wanderung über den Hauptkamm in der Woche zuvor unterbrochen hatten. Dort kann man in unterschiedliche Richtungen weiterwandern. Um eine Runde zu machen, gingen wir dann Richtung des Monte della Croce oberhalb von Porto Azurro. Da gibt es ebenfalls einige Kletterstellen mit Stahlseilen an der Felswand. Das war sicher die „alpinste“ Wanderung, die wir gemacht haben. Unterhalb des Monte Croce führt ein (leichter) Weg wieder zum Ausgangspunkt.

Eine Rallye

Ab Mittwoch während der ersten Woche auf Elba konnte es passieren, dass einem unterwegs Rallye-Oldtimer begegneten, die mit meist überhöhtem Tempo durch den normalen Strassenverkehr düsten. Mit den Autotypen selbst war ich bestens vertraut, waren es doch die Kisten, die ich selbst noch in den 80er Jahren als Automechaniker reparierte. Es fanden aber richtige Rennen statt, zu deren Zweck ganze Abschnitte der Inselinfrastruktur abgesperrt wurden, was sich gelinde gesagt als echt lästig erwies. Am Samstag betraf es uns direkt, weil die einzige Strasse, die von unserem Ferienort (Nisporto, recht abgelegen) wegführte, schon ab kurz nach 9 Uhr morgens dicht gemacht wurde.

Um dem zu entgehen, nahmen wir früh genug mit dem Motorroller die Strasse über den Pass nach Rio nell’Elba. In diesem Ort habe früher viele Beschäftigte im Eisenerzbergbau gewohnt, er ist weniger touristisch geprägt wie z.B. das geradezu „mondäne“ Porto Azurro oder Capoliveri. In der kleinen Bar am Hauptplatz frühstückten wir „Italienisch“, für mich gab’s einen Café Americano und ein Croissant. Wir waren in der Woche schon mehrmals dort gewesen und fanden das Ambiente sehr entspannt. Das Wetter war an dem Morgen sehr durchwachsen, kaum hatten wir es uns unter den Schirmen vor der Bar bequem gemacht, kam ein leichtes Gewitter. Es regnete die nächste Stunde immer wieder leicht, aber wir hatten es ja trocken und holten uns Caffé nach.

Das Dröhnen der Rallye-Autos, die den Pass hochkachelten, war bis in den Ort zu hören. Schliesslich gingen wir eine kleine Nebenstrasse hoch zum Pass von Volterraio (15 Minuten zu Fuss), weil ich mal sehen wollte, was sich dort abspielte. Die Rallye war im vollen Gang, ich machte ein paar Fotos von den vorbei rasenden Autos. Aus der Erfahrung bei der Bergwertung der Deutschland-Tour heraus stellte ich Autofokus der Leica Q3 43 auf „kontinuierlich“ und die Belichtungszeit fest auf 1/2000s, damit die Kamera nicht auf elektronischen Verschluss schaltete, was wegen der schnell bewegten Motive unweigerlich zu „rolling shutter“ geführt hätte. Ich hatte nicht auf Serienbild gestellt, aber von jedem, der da vorbeikam, machte ich mehrere Einzelbilder schnell nacheinander und jedes ist scharf. Auch wenn der Autofokus der Q3-Modelle oft gegenüber den Modellen der fernöstlichen Konkurrenz als weniger schnell eingestuft wird (ich konnte das nie prüfen), kann ich nicht sagen, dass er für meine Zwecke zu langsam ist. Im Gegenteil.
Im Slider: Vorbeifahrt im Nebel am Pass. Die Fotos im Slider sind nicht Serienbilder, sondern ich habe selbst ausgelöst. Der kontinuierliche Autofokus hat den BMW jedesmal im Fokus erwischt. Leica Q3 43 bei f/3.5 1/1600s ISO 400

Wir hielten uns dort nicht lange auf, sondern gingen auf den Kammweg in Richtung Cavo. Ein deutsche Wandergruppe von fast dreissig Teilnehmern hatte es schlechter getroffen: Sie wollten eigentlich den Kammweg in die andere Richtung nehmen, hätten dazu aber die Strasse überqueren müssen, die kategorisch gesperrt war. Sie waren gezwungen, eine Rennpause kurz vor 13.00 Uhr abzuwarten. Wir hingegen gingen eine kleines Stück über den Kamm und stiegen von dort wieder ab nach Rio. Wir waren vom in den Bergen widerhallenden Gedröhn der offenen Ansaugstutzen der alten Vergasermotoren leicht angefressen, weil das das Wandererlebnis deutlich schmälerte.

In Rio schnappten wir uns den Roller und flüchteten, nahmen einen Mittagssnack beim „Ristoro rurale Orti di Mare“ in Lacona und fuhren dann weiter über Sant’Illario in Campo über den Monte Perone-Pass nach Poggio, wo wieder Kaffeezeit war.

Eine kleine Wanderung oberhalb von Marciana, ein Birra alla Spina auf dem Dorfplatz, dann war der Tag gelaufen und wir traten den Rückweg nach Nisporto an.

Das Radeln

Elba ist toll für Rennradfahrer und Mountainbiker. Aber für „normale“ Fahrradfahrer (mit oder ohne E-Bike) ist es nicht schön. Es gibt kaum (eher gar keine) Nebenstrecken zwischen Ortschaften. Will man, sagen wir, von Portoferraio nach Porto Azurro oder Capoliveri mit dem Rad fahren (knapp 14km, von der Distanz absolut realistisch), kann man nur der Hauptstraße folgen, zweispurig und nicht besonders breit. Es gibt auf ganz Elba keine Radwege an den Verbindungsstraßen. Ein Rennradfahrer ist ja ziemlich schmerzfrei, wenn der Verkehr nah vorbei rauscht, aber wenn man zu zweit oder als Gruppe (und wir sahen Gruppen von 20 und mehr E-Bikern) unterwegs ist, macht das bestimmt keinen Spass. Man quetscht sich rechts ran, kann natürlich nicht nebeneinander fahren (kein Smalltalk möglich) und schluckt Abgase. Die Berge herauf ist weniger Verkehr und es gibt schöne Strecken, z.B. über den Monte Perone, ebenso auch mal Schotterstrecken, die Strassenräder befahren können. Z.B. von Scaglieri Richtung Aquaviva, von wo aus man Portoferraio ohne Verkehrsstress sozusagen „von hinten“ erreichen kann während das über die Hauptrasse der Horror wäre. Aber das muss man wirklich suchen. Viele der Mountainbike-Strecken sind für „normale“ Räder (oder sprechen wir eher von den jeweiligen Skills desjenigen, der auf dem Rad sitzt) zu anspruchsvoll.

Städte

Portoferraio als Hauptstadt ist einen Besuch wert. Die Altstadt liegt unterhalb des Forte Falcone (Besuch lohnt sich), diese Festung liessen wir diesmal aus, dafür schauten wir Forte Stella (lohnt sich nicht wirklich) und das Archäologische Museum auf der Linguella an. In der Altstadt findet sich die „Treppe der Medici“ und das alte Wassertor (Porta di Mare) zum Hafen hin. Das Archäologische Museum ist zwar sehr aufgeräumt, aber nicht spannend. Museumspädagogisch verbesserungswürdig, gelinde gesagt. Auf der Linguella sind noch die Ruinen einer römischen Villa und der Torre della Linguella als sehr prominenter Teil der Skyline bei der Hafeneinfahrt mit der Fähre.
Im Slider: Portoferraio

Die Ortschaften an der Küste sind touristisch natürlich stärker geprägt als die in den Bergen, mit Ausnahme von Capoliveri. Wir besuchten dort wieder unsere Lieblings-Eisdiele und machten die Tour durch die Altstadt. In Poggio oder Marciana ist weniger Rummel, aber auch schön, vor allem der Blick auf die Nordküste mit Marciana Marina unten am Meer. In Sant’Illario oder San Piero geht es deutlich ruhiger zu, aber das heisst nicht, dass die nicht ihre Anziehungspunkte haben, genauso wie Rio nell’Elba, das wir zu unserem Hauptort erkoren hatten, wegen der Bar…
Im Slider: Capoliveri

Von den Hafenstädten würde ich Porto Azurro besonders hervorheben. Es gibt eine schöne Front zum Hafen hin mit Piazza und einer liebevoll restaurierten Altstadt. An der Piazza haben wir öfter gesessen und mit einer Portion Eis oder einem Caffé das Ambiente genossen. Am nordöstlichen Ende der Bucht gibt es einen Weg unterhalb der Festung San Giacomo (ein Knast, die Kurgäste brauchen eine spezielle Qualifikation). Der Weg führt um die Landzunge zum nächsten Strand (ca. 15 Minuten), dem Spaggia di Barbarossa. Will man dies zu einer kleinen Wanderung ausdehnen, geht es weiter über Spaggia Reale zum („schwarzen“) Terranera-Strand.
Im Slider: Von Porto Azurro zum Spaggia di Terranera

Bei Elba denkt man auch an Napoleon. Er war knapp 10 Monate hier, bevor die „hundert Tage“ begannen und er nach der Schlacht von Waterloo endgültig nach St. Helena verbannt wurde, wo er in sicherer Entfernung war. Wir unternahmen einen Versuch, die Villa San Martino zu besichtigen. Schon bei der Anfahrt mit dem Motorroller war an der Abzweigung dorthin ein großer Reisebus vor uns und das war ein Zeichen. Dort angekommen, war dort inklusive der Andenkenläden und Snack-Bars ein Gewimmel, als wäre das Neuschwanstein. Wir kehrten „subito“ um, denn die geschichtliche Bedeutung dieser Stätte schätze ich sowieso eher zweifelhaft ein.
Nah am Wasser gebaut

Zu unserem Feriendomizil muss ich noch ein Wort verlieren: Es war sehr speziell gelegen. Nisporto ist klein und man würde sagen, ziemlich abgelegen (auf ostwestfälisch: jwd, seht für „janz weit draussen“). Um unser Haus zu erreichen, musste man am nordöstlichen Ortsrand eine ganz schmale Strasse zwischen Hecken und Häusern nehmen, die zudem 25-30% Steigung hatte (!!) und leichte Kurven aufwies. Als wir dort ankamen, fuhr ich mit dem Roller locker da hoch, während meine Frau im Bulli Blut und Wasser schwitzte, weil sie rechts und links nur Zentimeter Luft hatte. Auf der Höhe ging es noch ein paar hundert Meter geradeaus, bis man genug Platz zum Parken oberhalb des Hauses hatte. Meine Frau erklärte, dass sie da nie wieder lang fahren würde und ich die Ehre hätte, den Bulli da wieder weg zu bekommen. Da wir die gesamte Zeit den Roller benutzten, musste ich diese „Challenge“ erst am letzten Tag antreten und konnte danach verstehen, wie es meiner Frau ergangen war. Ausserdem: Runter war einfacher als hoch.

Das Haus selbst war wunderschön in die Klippen am Meer gebaut, in mehreren Etagen gab es Apartments mit Blick auf das Tyrrhenische Meer. Bei ruhiger See konnte man über eine steile Treppe zum Wasser absteigen und schwimmen gehen. Ansonsten genossen wir fast jeden Abend (wenn wir nicht irgendwo essen waren) einen Sundowner auf der Terrasse, meist mit anderen Bewohnern. Wir probierten gegenseitig die Weine, die wir von unterschiedlichen Domänen Elbas mitgebracht hatten und tauschten uns kulturell aus. Mit einem italienisches Paar aus Piacenza, einem Paar aus Wien und einem aus München war immer gute Stimmung beim Sonnenuntergang, der jeden Abend anders aussah. Man blickt von da weit über die Bucht nach Portoferraio und auf den Monte Capanne.

Wenn wir die Sonne erfolgreich hinter dem Horizont versenkt hatten, kochten wir was italienisches aus den Sachen, die wir tagsüber direkt von den Erzeugern gekauft hatten. Ein paarmal gingen wir auch abends essen, wir kannten noch ein paar gute Adressen vom letzten Jahr. Selbst an dem Campingplatz bei Scaglieri gab es ein gutes Ristorante und unten direkt im Örtchen am Wasser auch.

Wie die Tage vergingen
Morgens nahm ich zuerst mal den Scooter und fuhr nach Bagnaia, ein paar Minuten (rauf und runter!) an der Küste entlang, denn nur dort gab es eine kleine Bar, die Brot und Croissants hatte. Da war auch schon um 8.00 Uhr ein bisschen Betrieb und ich war immer in Versuchung, schon mal einen Caffé zu nehmen. Der Weg hin und zurück war es aber allein schon wert, eine wahre „scenic route“. Speziell an einer Stelle dachte ich „hier muss ich mal zum Sonnenuntergang oder bei Dunkelheit hin“, aber ich war immer zu faul dazu.


Nach dem Frühstück sattelten wir den Roller und waren dann eigentlich immer den ganzen Tag unterwegs. Wir machten unsere Wanderungen, besuchten die meisten Ortschaften mindestens einmal und hatte immer Badesachen dabei. Bevorzugt hielten wir dazu in der Biodola-Bucht (an der wir letztes Jahr gewohnt hatten) oder am Strand von Lacona auf der anderen Seite der Insel. Beides Sandstrände, von denen es noch einige andere gibt, aber ebenso auch Kiesstrände (z.B. in Cavo) oder sogar der „Spaggia di Terranera“ der schwarze Strand zwischen Capo d’Arco und Porto Azurro mit dem dahinter gelegenen Laghetto die Terranera, der tiefgrün ist. Davon abgesehen, dass wir die Wanderungen vorher planten, liessen wir uns ansonsten ein bisschen treiben. Mittags assen wir eine Kleinigkeit in einer Trattoria ab vom Rummel (z.B. in San Piero) oder wenn wir an Orti di Mare bei Lacona vorbeikamen.

Fazit
Ich bin froh, dass wir es nach meiner ungeplanten OP noch nach Elba geschafft haben. Eigentlich wollten wir dieses Jahr mit dem Bulli Sardinien angehen und campen, aber das wird schon noch. So war es besser, die Wohnung zu haben. Das Rennrad fahren habe ich mir verkniffen, aber die Wanderungen wurden jedesmal anspruchsvoller. Das Fahren mit dem Scooter hat Spass gemacht und ist als Fortbewegungsmittel (nicht nur in Italien) immer sehr praktisch.

Ja, und die Leica Q3 43 als einzige Kamera für diese Reise hat mich nichts vermissen lassen. Ausdrücklich auch nicht bei den wenigen Anlässen, wo eine kürzere Brennweite wünschenswert gewesen wäre. Da gab es immer einen Workaround. Im Allgemeinen ist die 43er Brennweite sehr universell. Die meisten der Fotos in diesem Artikel sind gar nicht oder nur geringfügig gecroppt, man kommt kompositorisch mit dem Bildwinkel gut klar. Und wenn mal nicht: Da ist der wirklich realistisch gut einzusetzende digitale Zoom, der einem die Mitnahme diverser Objektive (und die Qual der Wahl) erspart. Die optische Leistung des Apo-Summicron ist schon bei voller Öffnung enorm gut und verleiht den Fotos Tiefe und erwünschten Schärfeabfall zum Bokeh.

Dazu macht das Bedienungskonzept der Q’s einfach Spass. In Nullkommanix lässt sich die Kamera von einer „Point and Shoot“ in eine voll manuelle Kreativmaschine verwandeln. Die Makrofunktion ist genial und das Klappdisplay bei den Q3-Modellen viel praktischer, als ich vorher gedacht hätte.
Für den letzten Urlaub im Juni hatte die Q3 43 eine Auszeit beim Customer Care, wo ihr ein neuer Sensor verpasst wurde. Der alte Sensor war plötzlich von einem Cluster toter Pixel befallen worden, warum auch immer. Bei allem Gemecker über Umschlagzeiten: Die Kamera war innerhalb von 2 Wochen wieder da.

So bleibt unterm Strich: Ganz streng genommen bräuchte ich für meine Zwecke keine andere (digitale) Kamera. Aber… das arbeiten mit dem Messsucher der M11-P ist schon noch was besonderes, darauf würde ich auch nicht verzichten wollen.