Leica M EV1 – Editorial
„Wir formen unsere Werkzeuge, und danach formen unsere Werkzeuge uns.“ (Norbert Wiener, Begründer der Kybernetik)
Vor kurzem erklärte ich einem Patienten, was auf dem Röntgenbild vor uns auf dem Schirm zu sehen war. Wie die dichtesten Strukturen hell und die durchlässigsten dunkel dargestellt werden und eigentlich sei dieses Bild ein Negativ. Er sah mich verwirrt an und fragte: „Was ist ein Negativ?“
Er war nicht Gen Z sondern schon um die dreissig Jahre alt und mir wurde in dem Moment klar, dass solche Dinge nicht mehr Allgemeinwissen sind. Und warum auch? Das geht den Weg des Dodos, wie ein Wählscheibentelefon.
Die Leica M EV1 ist letzten Donnerstag offiziell enthüllt worden. Ich stelle mir vor, wenn ich jemandem aus der Altersgruppe oder gar jüngeren diese Kamera präsentiere, könnte ich recht schnell die Grundfunktionen erklären und der elektronische Sucher wäre als zentraler Bestandteil für das notwendige manuelle Fokussieren völlig innerhalb der Welt, wie sie sie verstehen.
Ausserdem sehen sie das Bild, ja, den genauen Bildausschnitt (unabhängig von der Brennweite), das Bokeh oder die Tiefenschärfe und wie das Bild belichtet ist, ohne irgendeine Ahnung von Blende oder Belichtungsparametern zu haben. Sie sehen sofort, was herauskommt.
Wenn ich hingegen dann den Messsucher erkläre und sie das Konzept von unterschiedlichen Brennweiten und den dafür notwendigen Sucherrahmen (und ausserhalb der Rahmen kommt nichts aufs Bild!) verstehen müssen, sie dazu nicht wissen, welchen Einfluss die Blendenöffnung und die Belichtungsparameter überhaupt auf das Foto haben, sondern sie sich das halt vorzustellen haben (vor ihrem geistigen Auge oder wie auch immer), könnte es sein, dass vor Ende der Erklärung ein gewisses Aufmerksamkeitsdefizit eintritt.
Was nicht heisst, dass nicht auch Jüngere gerade das alles als Challenge betrachten, ohne Mühe erlernen und zu schätzen wissen, was ein optischer Messsucher bietet.
Umgekehrt gibt es genügend Foto-Enthusiasten, die „null Bock“ auf einen Messsucher haben, aber den Formfaktor plus Bedienkonzept einer M verbunden mit der schier unendliche Auswahl an Objektiven attraktiv finden. Man kann zwar an alle möglichen Kameras M-Objektive adaptieren, aber das heisst nicht, dass sie darauf eine optimale Performance liefern, insbesondere Weitwinkel sind da problematisch. Die beste Plattform für M-Objektive bleibt nun mal… schon klar, oder? M-Kameras.
Die Leica M EV1 soll auch eine Lösung für Fotografen sein, deren Sehvermögen sie daran hindert, einen Messsucher erfolgreich zu benutzen. Doch nicht etwa, dass die M EV1 das kameramäßige Pendant zu einem Rollator ist. Der elektronische Sucher in der Kamera ist ziemlich identisch mit dem aus der Leica Q3 und der ist exzellent. Mit Vergrößerung (Lupe) beim Fokussieren ist das bestimmt eine Erleichterung, gerade bei lichtstarken Optiken mit offener Blende.
Viele Reviews: Eine Evaluation

Da quasi stündlich neue Reviews dazukommen, kann ich kaum nachkommen, die einzeln auf Inhalt zu checken, aber die Hauptpunkte von für und wider sind überall ziemlich identisch, werden allerdings sehr unterschiedlich gewichtet.
Letzten Mittwoch habe ich bis in die Nacht Jonos Artikel zur Leica EV1 übersetzt (das funktioniert nicht einfach mit KI, da kommen öde Sachen heraus, wenn man nicht fast jeden Satz umformuliert und Fachbegriffe wie z.B. „Bildfeldwähler“ kennt KI nicht). Die Vor- und Nachteile sind sehr gut aufgelistet. Jono gibt ja selbst immer den Disclaimer, er schreibe keine Reviews, sondern er teste die Kameras für Leica. Aber auch er kann nicht umhin, unbewusst eine Wertung abzugeben (wenn man zwischen den Zeilen liest) und die deckt sich in großen Bereichen mit der Ansicht der meisten Reviewer.
Seither habe ich einige Reviews gelesen oder auf Youtube angesehen (offenbar hat Leica einen großen Teil der „üblichen Verdächtigen“ nach Alba in Italien eingeladen, ihnen eine Leica M EV1 in die Hand gedrückt und das beste gehofft). Konsens war ausnahmslos, „one has to keep an open Mind“, was impliziert, das alle mit einer gewisse Skepsis angereist waren.
Ultimativ sind für alle die offensichtlichen Vorteile des direkten Blicks durchs Objektiv (ohne auf die konventionelle M11 einen Visoflex aufsetzen zu müssen) und die direkte Belichtungsvorschau mit einem hochwertigen elektronischen Sucher Grund genug für die Existenz der Kamera. „What you see is what you get“. Auch gestehen alle zu, dass die Leica M EV1 sich besonders für den Gebrauch der extrem lichtstarken Objektive (Noctilux etc.) bei Offenblende eignet, wo man mit dem traditionellen Messsucher unter Umständen Probleme hat.
Dann trennen sich die Meinungen auf. Und zwar abhängig davon, wie gut der- oder diejenige mit einem optischen Messsucher klarkommt. Die Reviewer mit „Messsucher-Bias“ (Jono äusserte sich auch dahingehend) stellen fest, wie viel langsamer der Prozess des Fokussierens gegenüber einem optischen Messsucher ist. Dass bewegte Szenen wie bei Street- oder Eventfotografie, auch bestimmte Reportagen über den Möglichkeiten der M EV1 liegen. Sie steht halt für eine ruhige, bedächtige Herangehensweise z.B. bei Porträts oder Landschafts-/Reisefotografie.
Das Fokuspeaking wurde sehr häufig kritisiert. Es sei zu ungenau und bei Weitwinkel-Objektiven oder auch mehr geschlossener Blende praktisch unbrauchbar. Inzwischen sei das echt „alte Technologie“ (Anm.: Ich hatte das vor 12 Jahren schon im meiner M240. Da sollte sich inzwischen was getan haben). Schön wäre eine Alternative dazu (wie Nikon das bietet), aber solange käme man besser ohne das klar, oder wenigstens bei niedrigster Empfindlichkeit.
Diese Gruppe sagte aber ganz klar im Fazit, dass sie sich die Leica M EV1 nicht kaufen würden, sondern bei ihrer Messsucher-M (meist M11) bleiben, auch in Zukunft. Richard von DPrieview rät jedem, besser eine Messsucher-M zu kaufen. Andere empfehlen als bessere Option den Kauf einer Leica SL3. Gute Plattform für M-Objektive, besserer Sucher und die Option, auch Autofokus-Objektive zu verwenden. Dieser Hinweis findet sich sogar in Jonos Testbericht.
Zu dem Schluss kommen nicht alle, das ist eine zweite Fraktion. Namentlich nicht die, die unumwunden erklären, mit einem Messsucher nie warm geworden zu sein. Rafael Zeier (der war nicht in Alba) hat kein Problem damit, das zuzugeben und findet folglich das arbeiten mit dem EVF viel schneller und intuitiver, eben wegen all der genannten Vorteile beim direkten Blick durchs Objektiv. Natürlich vermisst er den Messsucher nicht, der nervt ihn ja nur. Er ist bei weitem nicht der einzige, der Messsucher als obsolet (oder wenig hilfreich) betrachtet. Der EVF macht das M-System für viele mehr „nahbar“.
Ungewohnt kritisch empfand ich Hugh Brownstone (Three Blind Men and an Elephant): Eigentlich tat er nur so, als fände er die Kamera gut. Neben dem üblichen Kritikpunkt der Langsamkeit des Fokussiervorgangs und der Unbrauchbarkeit von Fokus-Peaking (wieder Hinweis auf Nikons „state of the art“ Fokushilfe) erkannte er auch keinen praktischen Vorteil der M EV1 gegenüber einer M11 mit Visoflex. Und er wie alle anderen, die so eingestellt sind, dankte er inbrünstig Leica, dass die M EV1 ein neuer, eigener Zweig ist und man nicht im Traum daran denkt, in Zukunft bei den M-Nachfolgern auf einen Messsucher zu verzichten. Dahingehend noch mal der Hinweis auf das Interview mit Stefan Daniel, das Bill Rosauer und Amitava Chatterjee geführt haben und in dem sich der „Executive Vice President Technology and Operations“ (was für ein Titel!) klar „Pro-Messsucher“ positioniert.
Ich selbst kann sehr gut mit dem Gedanken leben, dass die Leica M EV1 ihre Fans finden wird und sehe das Ganze so ziemlich wie die meisten, die die Kamera in Händen hielten. Warum nicht eine M mit EVF, sie ist ja auch nicht für Messsucher-Fans gebaut, andere wissen die Kamera sicher zu schätzen.


Hallo Claus,
Ich wohne in einer Stadt mit einem Leica Store und daher bin hingegangen, um die Kamera kurz zu testen.
Der Sucher ist sehr hell und gut auflösend. Das Focus Peaking ist sehr gut gelöst. Ich habe die Kamera mit einem Summilux 50 getestet und mir einige schwierige Motive zum Fokussieren ausgesucht. Millimetergenaues Fokussieren bei offener Blende ist problemlos möglich. Es geht sogar viel schneller als ich dachte, wenn auch nicht so schnell wie mit dem Messsucher. Der Unterschied ist aber nicht so groß wie ich dachte. Bei den ersten Versuchen hat es zwar lange gedauert. Schon nach höchstens fünf Minuten ging es deutlich besser. Gefühlt war ich um 20% langsamer als mit dem Messsucher. Das Thema Fokussieren bei kleinen Blenden würde ich nicht überbewerten. In diesen Fällen nutze ich den Zonenfokus und er funktioniert total zuverlässig.
Ich bleibe dennoch lieber beim Messsucher, so lange meine Augen mitmachen. Zum einen bin ich schneller (wenn auch nicht so viel wie ich dachte). Zum anderen hat man noch den großen Vorteil bei bewegten Motiven. Mit Messsucher sieht man, wie lange noch fehlt, bis man den Auslöser drucken muss. Mit dem EVF hat man diesen Vorteil nicht.
Es ist aber wirklich beruhigend zu wissen, dass ich mich von meinen M-Objektiven nicht trennen muss, sollten irgendwann meine Augen nicht mehr in der Lage sein, zuverlässig zu fokussieren. Bis dahin hat Leica vielleicht die Fokussierungshilfe besser gelöst.
Viele Grüße
Stefano
Hallo Stefano,
vielen Dank für das Teilen deiner Erfahrung! Ich persönlich finde es gut, wenn ich bei (genug Zeit) und kritischem Fokus einfach zum Visoflex greifen kann (kommt aber so gut wie nie vor), so habe ich weiterhin den Messsucher als bevorzugte Fokussiermethode.
Viele Grüße, Claus
Ich glaube, im Vergleich der EV1 mit der SL3 wird leicht übersehen dass die Fokussierung auf eine SL-Kamera die Verwendung des Joysticks erfordert um das Bild zu vergrößern, während das Bild auf der EV1 automatisch vergrößert, wenn der Fokusring am m-Objektiv gedreht wird. (Focus peaking schalte ich sowieso aus.) Das macht die Fokussierung mit der EV1 einen Schritt schneller. Ausserdem ist die EV1 natürlich leichter und kompakter.
Wie war das noch gleich? Man weiß erst, was man vermisst, wenn man es nicht mehr hat. Macht die neue Kamera also Sinn? Für Leica und für manche Nutzer sicher. Es wäre unklug, diese Lücke unbesetzt zu lassen, und ich wünsche meinem Lieblingskamerahersteller ehrlich jeden Erfolg damit.
Aber wurde nicht immer gepredigt, der Messsucher sei das Herz der M? Natürlich, der Messsucher bleibt – doch wo bleibt die smarte Umsetzung in der EV1?
Mit meiner Meinung habe ich bewusst etwas gewartet, bis ich vergangene Woche das erste Exemplar beim Händler in der Hand hatte. Okay, eine M11 mit dem Sucher der Q3, soweit so gut. Doch irgendwie scheint man vergessen zu haben, ein wenig Herzblut in die Fokussierung zu stecken. Gerade das ist doch das, was eine M ausmacht. Der Fokusprozess wirkt träge, und abgesehen von einer Lupenfunktion, immerhin mit der Objektivmechanik gekoppelt, fehlt es an wirklich hilfreichen Ansätzen. Man ist nun dort, wo man schon 2015 mit der SL 601 war, allerdings ohne deren Ergonomie und praktischen Joystick.
Dass keine AF-Helferlein wie bei der Nikon Zf vorhanden sind, erklärt sich aus der Natur der M als rein manuelle Kamera. Trotzdem: Selbst eine betagte Canon G1X, eine einfache digitale Kompaktkamera aus dem Jahr 2012, bot schon ein digitales „Bild-im-Bild“-Fokusfeld und eine elektronische Schnittbildanzeige. Das ist 13 Jahre her! Und schon damals machte man sich bei Canon Gedanken, wie man manuelles Fokussieren etwas freudvoller und interaktiver gestalten könnte. Das war wirklich gelungen und man konnte sich sogar eine Art Messsucherrahmen einblenden lassen. Ganz zu schweigen davon, dass es zusätzlich noch einen (wenn auch mäßigen) optischen Sucher gab. Verrückt, oder?
All das wäre gar nicht weiter tragisch, würde Herr Daniel nicht regelmäßig betonen, dass Leica mittlerweile ja auch ein Software-Unternehmen sei. Da fragt man sich schon: Will Leica nicht oder können sie nicht?
Nicht falsch verstehen: Ich will die Kamera keineswegs schlechtreden. Aber die aktuelle Lösung wirkt auf mich etwas freudlos und halbherzig. Es ginge besser und es wäre wunderbar gewesen, den Geist der M, insbesondere in ihrer Bedienung, auch in die digitale (Mess-)Sucherwelt zu übertragen.
Grüße.
Andy
Guten Morgen Andy,
deine Meinung bestätigt wieder meine Beobachtung, dass alle, die mit einem Messsucher nie ein Problem hatten, dagegen eins mit der M EV1 haben. Und dabei handelt es sich nicht um „Traditionalisten“, es geht einfach darum, welches das effektivere Werkzeug ist, vor allem, wenn es schnell gehen muss.
Nur weil ein elektronisches Teil in die M eingebaut wurde, kann man das nicht als „Fortschritt“ verstehen, es ist einfach eine andere Produktlinie für eine besondere Zielgruppe. Und die sind damit durchaus zufrieden, wir haben ja genügend Stimmen, die die M EV1 begrüßen. Sie legen halt mehr Gewicht auf die Vorteile des direkten Blicks durch den Sucher als auf Geschwindigkeit.
Die angebotene Fokussierhilfe ist aber in der Tat enttäuschend. Wie schon im Text erwähnt, das Fokus-Peaking hatte ich schon vor 12 Jahren in der M240 (und damals schon genervt abgeschaltet).
Viele Grüße, Claus
Diesen Kommentar finde ich bemerkenswert: https://www.docma.info/technik/leica-m-ev-1-die-m-fur-warmduscher
Sie haben es auf den Punkt gebracht: Es ist eine neue Produktlinie für besondere Kunden.
Kurz und knapp ausgedrückt – für mich war das ein nötiger und folgerichtiger Schritt! Warum soll man sich dem Fortschritt der Tradition wegen in die Quere stellen?
Ebenso kurz: Ein echter Fortschritt wäre das nur mit einer zeitgemässen Fokussierhilfe.
Ich habe am Samstag meine M10-R mit Visoflex2 gegen die EV1 in Zahlung gegeben. Endlich kann ich als Brillenträger mit zunehmender Sehschwäche eine digitale Leica genießen. Allein dass das nervige „In-Betrieb-nehmen“ des Visoflex wegfällt, war mir der Wechsel wert.
Erstaunlicherweise habe ich aber keine Schwierigkeiten mit dem Messsucher meiner M3 – offensichtlich fotografiere ich analog anders bzw. bin bereit mit diesen Herausforderungen eher umzugehen.
Ich bin gespannt auf die Reise mit der EV1!
Hallo Anatol,
dann ist es gut, dass Leica die M EV1 gebracht hat. Es ist natürlich lästig, ständig mit dem Visoflex zu hantieren, das geht mir auch so (zumal ich ihn nicht brauche, nur für Infrarot-Fokussierung an der M10-M, darum bleibt er immer zuhause). Ohne so ein sperriges Teil ist die Kamera so „stromlienienförmig“ und kompakt wie es eben geht.
Möglicherweise geht es mit der M3 auch besser, weil die Suchervergrößerung die größte ist, die es je gab. Aber dann kann die M3 hoffentlich noch lange gute Dienste leisten.
Viel gutes Licht mit der M EV1, Claus
Vielen Dank für eine erste Kommentierung !
Letztendlich hat die „EVF-isierung“ des M-Systems mit dem Visoflex begonnen und dies ist aus meiner Sicht jetzt die Fortsetzung dieser Evolution. Und ich habe mich schon immer gefragt, wie leidensfähig M’ler sein müssen, dass bei teuren, leistungsfähigen Optiken keine Möglichkeit besteht, den vollständigen Bildausschnitt zu sehen oder wenn ein Teil der Optik den Sucher abdeckt. Auch für Brillenträger kann diese Kamera eine Verbesserung sein…“follow the money“…der eine oder andere M’ler mit Sehschwierigkeiten nutzt die teuren Optiken mit Adapter an der SL, da besteht die Gefahr des Kaufs anderer Optiken zu niedrigeren Preisen.
Das Entscheidende ist aber etwas ganz Anderes: Leica erweitert das M-System um eine Option ohne die anderen Kameratypen einzuschränken. Gut so ! Noch heute höre ich von dem einen oder anderen M’ler Kritik am Wegfall des Bodendeckels…eine Diskussion wie unter Porsche Fahrern, bei denen immer noch einige glauben, dass ein handgeschalteter 911er schneller beschleunigt als ein Fahrzeug mit Doppelkupplungsgetriebe…eine Modellpflege mit Augenmaß und Evolution ist der Garant für das Überleben einer Marke.
ICH BIN BEGEISTERT UND NEUGIERIG !
Vorweg: Ich bin kein M’ler und empfand das M-System für mich als nicht attraktiv. Die beiden Q3’s (und die SL3) waren/sind meine bevorzugten Kameras, wobei ich natürlich immer die eine oder andere Brennweite vermisste…(Traumsystem: Q-System mit Wechselobjektiven).
Als ich am Donnerstag die Vorstellung der neuen M EV1 sah und mir die Funktionen anschaute, habe ich einen folgenschweren/teuren (Da es zur Kamera kein KIT-Objektiv gibt, musste ja auch noch ein Objektiv her. Ich hatte mit einer Q3 Monochrome schon früher gerechnet und auch schon ein gewisses Budget bereit gestellt.) Entschluss gefasst: Kaufen und den Einstieg in das M-System wagen. Kamera, Objektiv, Zubehör ist lieferbar…am Freitag schon die Versandbestätigung erhalten und spätestens heute kann ich dann testen…ich werde berichten.
Optisch bin ich schon heute begeistert. Leica ist es gelungen das ikonische Design und die Anmut dieser Kameraserie zu bewahren. Auch den kleinen Hebel zu behalten und für neue Funktionen zu nutzen ist eine smarte Idee. Natürlich wäre ein Klappdisplay ein wünschenswertes Detail gewesen, aber alles was ich bisher sehen und entdecken konnte, gefällt mir. Auch der Preis ist für Leica Verhältnisse fair.
Die Vorfreude ist groß, die Kamera wird heute geliefert.
Insofern nehmen Sie mich als Prototyp des Kundenkreises, welche Leica erreichen möchte/wollte. Auch dafür wurde diese Kamera konzipiert.
Guten Morgen Herr Reichardt,
es ist doch gut, dass jeder seinen persönlichen Präferenzen nachgehen kann! Ich wünsche Ihnen viel Freude mit Der M EV1!
Noch ein kleiner Disclaimer: Ich fand es auch sehr gut, als Leica den Bodendeckel auf den historischen Müllhaufen geworfen hat 😉 Aber der Gebrauch des Messsuchers hat mich nie „leiden“ lassen. Es ist einfach eine andere Wahrnehmung der Dinge. Und das ich damit auch Bildkompositorisch nie Probleme hatte, demonstrieren hunderte Bilder auf dieser Webseite. Es ist einfach nur die Frage, ob man sich darauf einlassen will.
Denn schliesslich soll, wie Friedrich II sagte „ein jeder soll nach seiner Façon selig werden“. Ich finde es jedenfalls sehr lobenswert, dass Leica dem vielfachen Wunsch (nochmal Hinweis auf das interessante Interview mit Stefan Daniel) entsprochen hat, eine M mit EVF zu bauen.
Viele Grüße, Claus Sassenberg
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“…
…seit Montag dieser Woche darf ich mich mit der Leica M EV1 beschäftigen und möchte meine anfängliche Begeisterung am Tag der Vorstellung der Kamera nun auch mit ersten Eindrücken bestätigen.
Rückblick: Auf ausdrückliche, persönliche Empfehlung eines Referenten der Leica Akademie für meine Form der Fotografie habe ich mich intensiv mit dem M-System beschäftigt und mir im Frühjahr dieses Jahres sogar ein Einzelcoaching für einen Tag in Wetzlar gegönnt. Der unglaublich kompetente und wunderbar geduldige Siegfried Brück hat mir einen Tag lang das System erklärt und versucht näher zu bringen. Ohne Visoflex waren maximal 30 % der Bilder scharf und mit Visoflex waren es vielleicht 70 %, wobei mir der Visoflex optisch und vom Handling nicht gefallen hat. Ich bin Brillenträger und fotografiere bei den Q3’s und der SL3 ohne Brille über den EVF mit eingestelltem Dioptrinausgleich. Mit Brille war es an der M kompliziert, ohne Brille war das Fokussieren richtig schwierig (Es gibt die Option sich beim Optiker eine entsprechend geschliffene Linse anfertigen zu lassen). Fazit des damaligen Tages: Das M-System ist auf den ersten und zweiten Blick nicht das optimale System für mich und ich müsste sehr viel Zeit und Geduld (Ich arbeite gerne mit starkem Weitwinkel und mit leichten Telebrennweiten.) investieren, um halbwegs brauchbare Bilder zu bekommen.
Jetzt könnte die Zeitenwende am Horizont aufsteigen…nach erster (Probier-) Fotopraxis an zwei späten Nachmittagen/Abenden steigt in mir eine Begeisterung für dieses System auf. Mit dem 35mm 1.4 (Die Kamera kommt ja leider ohne Kit-Objektiv, so dass ich mich hier für eine sehr universell einsetzbare Optik entschieden habe.) und dem EVF geht das Fokussieren leicht von der Hand und 90 % der Bilder hat die Schärfe dort, wo ich sie auch haben wollte. Die restlichen 10 % sind auch scharf, aber an Stellen, die ich nicht angepeilt habe. Das Fokussieren klappt mit und ohne Hilfe, der EVF ist so klar und hell, dass ich auch bei geringem Licht gut scharf stellen kann. (Begonnen habe ich „einfachen“ Motiven, die nicht weglaufen konnten und zum Ende der Woche müssen ein paar Menschen aus meinem Umfeld Modell stehen.) Der Vorgang des Fokussierens geht überraschend schnell (Immer bezogen auf meinen „Anfänger-Standard“ bzw. meine Erwartungen. Natürlich ist eine SL3 oder eine Q3 mit Autofokus schneller, aber zum einen kann ich mich vielleicht noch verbessern, und zum anderen erwarte ich diese auch nicht bei einer manuellen Scharfstellung.) und einfach. Die Kamera ohne Objektiv ist unglaublich leicht und auch in Kombination mit dem Objektiv schwer genug für ein gutes Handling, aber eben immer noch angenehm leicht. Und es steigt schone eine gewisse Euphorie auf, ein wundervoll kompaktes Kamerasystem mit Wechselobjektiven zu nutzen. Sollte also mit der nun beginnenden Fotopraxis aus der ersten Verliebtheit eine Liebesbeziehung entstehen, könnte aus mir ein neuer, begeisterter Nutzer dieses Systems werden.
Natürlich habe ich auch Dinge gefunden, die nicht optimal gelöst sind (Man ist ja irgendwie nie zufrieden, was aber auch daran liegt, dass es dies schon bei anderen Leica Kameras gibt.): Die Anzahl der individuell belegbaren Funktionstasten ist zu gering, eine oder zwei Tasten mehr wie bei der Q3 wären kein Luxus. Ein Klappdisplay würde dieser Kameragröße ebenfalls gut zu Gesicht stehen und erweitert einfach die fotografischen Möglichkeiten. (Ja, der Formfaktor ist bei der M-Serie eine Religion und die bisherigen Klappdisplays bei den Q’s und der SL „stehen über“, aber mir wäre dies zu Gunsten der Option ungewöhnlicher Perspektiven egal.) Schade, dass es (noch) kein Doppelladegerät für die Akku’s gibt.
Einen Lacher gibt es auch: Das bei Kameras mittlerweile kein Ladegerät mehr mitgeliefert wird, habe ich zur Kenntnis genommen und rege mich darüber auch nicht mehr auf. Die Option des Ladens des Akkus in der Kamera kann schließlich auch praktisch und nützlich sein. Aber im Jahr 2025 ein USB A (3.0 Port) auf USB C beizulegen, ist für mich absurd und nicht mehr angemessen. USB C ist heute der Standard (und erst recht bei einer Neueinführung), aber vermutlich hat Leica seine Restbestände entsorgen müssen.
In der kommenden Woche nehme ich an einem Einführungsworkshop für das M-System in Wetzlar teil, da entdecke ich hoffentlich noch mehr positive Seiten an meiner neuen Liebe. Nichtsdestotrotz fällt das erste Fazit sehr positiv aus und da ich vermutlich einer der „Kunden-Prototypen“ bin, welche Leica mit dieser Kamera erreichen wollte, kann ich schon heute sagen, dass dies vollumfänglich gelungen ist.
Guten Abend,
herzlichen Dank für den schönen, sehr gut aufbereiteten Beitrag!
Unter all den Argumenten dafür/dagegen, die jetzt ja nochmals überall intensiv diskutiert werden, ist mir eines nochmals ganz neu bewusst geworden: Mit dem Messssucher muss man, sehr offenblendig unterwegs, stets die Bildmitte fokussieren. Man kann den „Fokuspunkt“ nicht verschieben, zB in Richtung 2/3 oder des „goldenen Schnitts“ oder was auch immer. Das erscheint mir inzwischen der wesentliche Nachteil, 1 Schritt beiseite treten hin oder her.
Beste Grüße
Andreas
Hallo Andreas,
es ist komisch, wie Theorie und Praxis manchmal kollidieren. Das mag auf ein Noctilux-Objektiv zutreffen (oh ja, 10.000 Euro, sowas hat jeder in der Kameratasche), und dann hängt es noch von der Entfernung zum Motiv ab. Aus einem Super-Sonderfall gleich einen System-Nachteil zu konstruieren, erscheint etwas „over the top“. Aber ja: Die Noctiluxe oder auch das 90er Summicron sind vermutlich besser an einer Sl aufgehoben. Aber das war schon immer klar, dass das am Grenzbereich des Messsuchers kratzt.
Meine lichtstärksten Objektive waren immer Summiluxe (50/35er) und bei Offenblende kann man verschwenken, wenn man nicht direkt vor der Nase des Motivs ist und weiss, was man tut. Ich habe eine Unzahl Bilder bei f/1.4, bei denen das Motiv nicht in der Bildmitte ist. Ich mache das seit 15 Jahren (seit der M9). Ich kann, glaube ich mitreden, nicht nur theoretisieren.
Und alle anderen (irrsinnige große Auswahl!) Objektive? Noch weniger ein Problem. Das steht nämlich immer hinter der Kamera 🙂
Viele Grüße, Claus
Hallo Claus,
ganz herzlichen Dank, dass Du Dir soviel Mühe gemacht hast und uns so schnell die wichtigsten Infos zur neuen EV1 zukommen lässt. Ich finde es gut, dass Leica diese Variante auf den Markt gebracht hat. Nicht jeder sieht im Alter noch so gut, dass er mit dem Messsucher klarkommt. Sehr schön ist, dass es die klassische M11 weiter gibt. Der Name der neuen M EV1 gefällt mir nicht. Mir hätte M11-EV besser gefallen. Ich wünsche Leica, dass die erhoffte Nachfrage da ist.
Viele Grüße
Holger Bohnensack