Ein spannendes Voigtländer VM-Duo – was will man mehr auf Reisen? Eine Messsucherkamera, ein Weitwinkel und ein Tele, das sollte schon mal passen. Und wenn beide Objektive lichtstark sind und zugleich hohe Bildqualität versprechen, sollten keine Wünsche offen bleiben.  Mit solchen Gedanken habe ich das neueste Voigtländer-Tele, das APO-Ultron 2,0/90, und das lichtstärkste 28er-VM, das Nokton 1,5/28, für einen beherzten Praxistest mit nach Griechenland genommen. Hier kommt nun meine Einschätzung zu diesem Voigtländer VM-Duo.

So ein Voigtländer VM-Duo stand bereits in früheren M Files-Folgen im Mittelpunkt – man denke an das 28/2,8 und das 75/1,9 in Folge 23 oder die superlichtstarken Nokton 21 und 75 in Folge 20. In beiden Fällen war das Reisen eine super Gelegenheit, die Objektive ausgiebig zu testen. Das gilt auch für das hier vorgestellte Voigtländer VM-Duo. 28 und 90 Millimeter sind die kürzeste und längste Brennweite, die man mit einer „normalen“ (falls es so etwas überhaupt gibt) Messsucherkamera problemlos nutzen kann. Und warum habe ich gerade diese beiden Objektive ausgewählt? Das 2,0/90 ist brandneu, das 1,5/28 verspricht besonders vielseitige Einsatzmöglichkeiten bei schlechten Lichtverhältnissen und eine gut definierbare Schärfentiefe (jeder, der schon einmal eine Leica Q mit ihrem 1,7/28-Objektiv verwendet hat, wird mir zustimmen).

Ein Voigtländer VM-Duo geht auf Reisen

Ich habe dieses Voigtländer VM-Duo mit nach Griechenland und an einige Orte bei mir in Süddeutschland genommen. Hier geht es jedoch nicht um die Ziele und ihre Besonderheiten, sondern um die Objektive. Aus diesem Grund habe ich auch nicht die „schönsten” Bilder ausgewählt, sondern diejenigen, die am meisten über die Eigenschaften eines Objektivs aussagen. Die gezeigten Bilder sind verkleinerte JPG-Exporte aus meinen RAW-Dateien. Ich habe die Leica M10 verwendet und in der Nachbearbeitung moderate Belichtungskorrekturen vorgenommen. Kein Nachschärfen und keine Ausschnitte, sofern nicht angegeben.

Und noch eine allgemeine Anmerkung zu diesem Voigtländer VM-Duo. Die Verwendung von 28-mm-Objektiven an Leica-Messsucherkameras ist ja etwas umstritten, ich weiß. Man sieht kaum die Bildfeldbegrenzungen, und nicht alle Fotografen sind generell so begeistert von dieser Brennweite. In der Tat ist sie knifflig, weil man „viel im Bild hat“ und die Fotos oft irgendwie überbevölkert wirken. Ein 35er ist in dieser Hinsicht einfacher zu handhaben, weil es einen zwingt, sich auf etwas zu konzentrieren. Aber ich mag die Herausforderung eines 28ers. Auf der anderen Seite sind lichtstarke 90-mm-Objektive auf einer Messsucherkamera anspruchsvoll, weil es schwierig sein kann, bei voller Blendenöffnung scharfzustellen. Hier kann natürlich ein elektronischer Sucher helfen.

Also, die die Aufgabe ist gestellt. Zwei Objektive, eine Kamera. Mal sehen, wie sich dieses Voigtländer VM-Duo schlägt.


Voigtländer VM-Duo, das kurze Ende: Nokton 1,5/28

Technische Daten, Lieferumfang, Preis und Verfügbarkeit

Das Voigtländer Nokton 1:1,5/28 (wie auf dem vorderen Ring eingraviert) kam im Dezember 2023 heraus und ist mittlerweile in vier verschiedenen Versionen erhältlich: Typ I sieht eher modern aus, und die Fassung besteht aus Aluminium. Daher wiegt es laut Voigtländer nur 250 Gramm. Typ II hat ein klassischeres Aussehen (mit der „Berg und Tal-Riffelung”, die an die Objektive aus den 1960er Jahren erinnert), einen Messingtubus und ist mit 330 Gramm etwas schwerer. 

Beide Typen sind in Schwarz und Silber für 1.049 Euro (Typ I) bzw. 1.149 Euro (Typ II) erhältlich. Typ II wird mit einem einschraubbaren kleinen Stab geliefert, der an der bekannten Fokussiermulde befestigt werden kann. Ich habe für diesen Test ein Objektiv vom Typ II verwendet, dieses kleine Zubehörteil jedoch nicht ausprobiert. Das Objektiv wird ohne weiteres Zubehör geliefert. Die Gegenlichtblende (Voigtländer LH-6) muss separat für 79 Euro erworben werden, aber wer schon andere Voigtländer-Objektive besitzt, hat sie möglicherweise bereits, da sie an eine Vielzahl verschiedener Objektive passt. Ein Köcher oder dergleichen ist nicht im Lieferumfang enthalten, aber ein Neoprenetui von OP/Tech mit Umstülp-Deckel ist da eine gute und erschwingliche Wahl.

Das Nokton 28 ist recht kompakt und insbesondere als Typ I für seine große Ausgangsöffnung bemerkenswert leicht. Mein Exemplar (Typ II) ist montiert 45 Millimeter lang und einschließlich der in die Kamera ragenden Teile 59 Millimeter. Für die Messingversion habe ich ein Gewicht von 367 Gramm „wie in meiner Tasche“ gemessen (also komplett mit Gegenlichtblende, Rück- und Frontdeckel; das Objektiv allein wiegt 328 Gramm). Der Gesamtdurchmesser beträgt 54 Millimeter, die Filtergröße ist bei beiden Versionen 43. Die ist Voigtländer VM- (und Zeiss ZM-) Objektiven weit verbreitet.

Optik und Abbildungsleistung

Aufbau

Das Voigtländer Nokton 1,5/28 hat ein recht konventionelles Design. Es handelt sich im Wesentlichen um einen weitgehend symmetrischen Biogon-Typ mit zehn Linsen in acht Gruppen. Floating elements zur Verbesserung der Leistung bei Nahaufnahmen gibt’s nicht, dafür aber über zwei Linsen mit anormaler Teildispersion und zwei asphärische Linsen. Insgesamt handelt es sich also um ein allenfalls moderat modernes Objektiv, das einmal mehr beweist, dass leistungsfähige Weitwinkelobjektive für spiegellose Kameras auch ohne allerneueste Tricks im Vergleich zu Spiegelreflex-Optiken einfacher zu konstruieren sind. Aber das wissen Messsucher-Fotografen schon seit Jahrzehnten, oder?

Farbabweichungen und Vignettierung

Weitwinkelobjektive, gerade mit einer sehr nah am Sensor gelegenen Hinterlinse bzw. Nodalpunkt, neigen zu Farbabweichungen. Dieser Effekt tritt auf, wenn Lichtstrahlen in einem sehr schrägen Winkel auf den Sensor treffen. Bei Film ist dies aufgrund seiner körnigen Beschaffenheit kein Problem, aber die pixel wells eines Sensors erfassen nur einen Teil des Spektrums, was zu einem Grün- oder Rotstich führt (der sogenannte „Italian Flag-Effekt”, der in der Nachbearbeitung nur schwer zu beseitigen ist). Das Nokton 1,5/28 schlägt sich hier äußerst wacker. 

Die Vignettierung ist allerdings stark. Sie verbessert sich nur durch deutliches Abblenden. Für Porträts ist das sicherlich kein Problem, ebenso wenig für Architektur- oder Landschaftsfotografie (für solche Motive würde man normalerweise mindestens auf 4 abblenden). Bei Innenaufnahmen, beispielsweise in einer Kirche, kann der Lichtabfall jedoch ein Problem darstellen. Und arbeitet man an den oberen ISO-Grenzen der Kamera, kann das Aufhellen der Ränder unschön enden, mit Banding und so. Für die Bilder hier gilt, dass ich keine kamerainternen Korrekturen vorgenommen habe. Vielleicht könnte ein passendes Leica-M-Objektivprofil helfen. Ich bin bisher aber nicht dazu gekommen, zu testen, welches das sein könnte.

Chromatische Aberration

Bisweilen deutliche violette Farbsäume bei kontrastreichen Kanten, vorwiegend im unscharfen Bereich, sind meiner Meinung nach der größte Nachteil dieses Objektivs. Abblenden hilft, aber möglicherweise braucht es da Blende 4 oder mehr. Und dafür kauft man doch kein lichtstarkes Objektiv. Immerhin lässt sich die chromatische Aberration per Software recht einfach korrigieren, sodass die Leistung des Nokton in dieser Hinsicht als guter Kompromiss zugunsten der Kompaktheit und des günstigen Preises durchgehen kann. Es muss ja auch einen Grund geben, warum Voigtländer gerade ein APO Lanthar 2,0/28 auf den Markt gebracht hat, obwohl bereits ein 2,0/28 im Sortiment ist. Das APO ist fast eine Blendenstufe lichtschwächer das Nokton – ein weiterer Hinweis darauf, dass eine hohe Lichtstärke und apochromatische Korrektur nur schwer zu vereinen sind. Auf jeden Fall ist es schon irgendwie bezeichnend, dass Voigtländer es für notwendig hielt, ein zweites 2.0/28 auf den Markt zu bringen.

Schärfe

Das Nokton 1,5/28 ist bei voller Blendenöffnung schon scharf und legt weiter zu, wenn man abblendet. Es löst selbst feine Details auf, wobei außerhalb der Bildmitte ein gewisser Abfall zu verzeichnen ist. Auch hier bringt das Abblenden Verbesserung. Insgesamt ist die Leistung beeindruckend, vor allem angesichts der kompakten Größe des Nokton. Allerdings muss man sagen, dass es für mein Empfinden nicht ganz mit dem 28-mm-Summilux (größte Blendenöffnung 1,7) der Leica Q mithalten kann, aber dieser Vergleich ist auch nicht ganz fair, da die Q ein in sich geschlossenes System ist, bei dem alle Teile perfekt aufeinander abgestimmt sein können (und sind).

Bokeh und Streulicht

Streulicht hat das 28 in der Regel gut im Griff, was bei einem so weiten Bildwinkel auch wirklich wichtig ist. Bei 74,5 Grad (laut Voigtländer) besteht immer ein hohes Risiko, dass problematische Lichtquellen in die Bildkomposition geraten. Ein Testbericht von Bastian auf philipreeve.com zeigt freilich, dass es durchaus ein paar Probleme gibt, die wahrscheinlich aufs Konto dieses glänzenden Front-Bajonetts gehen. Es ist der Anschluss für die Gegenlichtblende; wenn man die draufmacht, ist das Problem gelöst. Zum Bokeh – das spielt bei einem 28er vielleicht keine so überragend große Rolle, aber eine derart lichtstarke Konstruktion ermöglicht durchaus selektive Schärfe. Ich finde die unscharfen Bereiche recht ansprechend, aber das ist natürlich Geschmackssache.

Mein Urteil, Optik

Das Nokton 1,5/28 VM bietet sowohl bei voller Blendenöffnung als auch bei abgeblendetem Objektiv eine hervorragende Bildwiedergabe. Bei Blende 1,5 ist es schon mehr als ausreichend scharf und verbessert sich weiter, bis es ab 2,8 wirklich exzellent ist. Aber man kauft ein solches Objektiv ja für den Einsatz bei Offenblende, und es gibt keinen Grund, die bemerkenswerte Lichtstärke dieser Optik nicht rege zu nutzen. Die Vignettierung ist zwar stark, kann aber korrigiert werden, soweit sie überhaupt als störend empfunden wird. Alles in allem eine bemerkenswerte Leistung trotz gewisser chromatischer Aberrationen.

Mechanik und Handhabung

Erster Eindruck

Das Voigtländer Nokton 1,5/28 ist ein kompaktes Objektiv und einfach zu bedienen. Sowohl der Blenden- als auch der Fokusring lassen sich mit genau dem richtigen Maß an Leichtgängigkeit bewegen. Die halben Blendenstufen zwischen 1,5 und 16 rasten sanft ein, und die unterschiedliche Haptik der Ringe verhindert jede Verwechslung. Die Beschriftung entspricht dem aktuellen Voigtländer-Standard, wobei die Feet-Angaben in ihrem dunklen Rot schwer zu lesen sind. Das leicht glänzende schwarze Finish der Version Typ II dürfte vielen Anwendern gefallen, ich finde den helleren Typ I mit vollständig matter Oberfläche dagegen besser. 

Leider haben alle Versionen dieses chromglänzende Bajonettfassung für die Gegenlichtblende. Sie macht das Objektiv auffällig, von Streulichtreflexionen ganz zu schweigen. Ich verstehe, dass Hartchrom ein hervorragendes Material für eine solche Bajonettfassung ist, hoffe aber, dass Voigtländer für seine gesamte Objektivpalette eine bessere Lösung findet (siehe das 2,0/90 in der zweiten Hälfte dieser M-Files-Folge, es hat ein mattschwarzes Frontbajonett). 

Verarbeitung

Das Nokton 1,5/28 hat keinerlei elektronische Komponenten und fast keine Kunststoffteile. Es gibt von daher allen Grund anzunehmen, dass es Jahrzehnte halten wird. Beide Einstellringe lassen sich hervorragend bedienen, und insbesondere die Version II fühlt sich sehr solide und kompakt an. Ich würde dennoch die leichtere Version I bevorzugen, aber das ist natürlich Geschmackssache. In jedem Fall kann man ein Objektiv erwarten, das nach hohen Standards und in toller Qualität gefertigt ist. Ja, es taugt als weiterer Beweis dafür, dass sich der Abstand zwischen den in Deutschland hergestellten Leica-Objektiven und den in Japan hergestellten Produkten von Voigtländer/Cosina verringert. 

Scharfeinstellung

Das Nokton 1,5/28 kann bis auf 0,5 Meter fokussiert werden, was deutlich näher ist als die übliche Grenze von 0,7 Metern bei Messsucherkameras. Um diesen zusätzlichen Bereich nutzen zu können, braucht es natürlich Live-View oder einen elektronischen Sucher. Der Einstellwinkel beträgt etwa 100 Grad von 0,5 m bis unendlich, was eine präzise Fokussierung ermöglicht. Und das braucht man bei Blende von 1,5 auch am 28er ganz unbedingt. Selbst bei einem Abstand von zwei Metern hat man gerade mal eine Schärfentiefe von 43 Zentimetern. Und bei 0,7 Metern sind es nur 5 Zentimeter!

Sucher

Dass ein Teil des Sucherbilds verdeckt wird, ist ein ständiges Problem bei Weitwinkelobjektiven auf der Messsucherkamera, und wird mit zunehmender Größe der Objektive noch schlimmer. Ohne die aufgesetzte Gegenlichtblende LH-6 ist das Nokton 1,5/28 relativ unproblematisch und verdeckt etwa 10 Prozent des Bildbereichs im unteren rechten Quadranten. Mit aufgesetzter Gegenlichtblende wird es übler. Man könnte nur ein deutlich kompakteres Objektiv nehmen, was dann aber zumeist wieder zu Lasten der Lichtstärke geht.

Mein Fazit, Handhabung

In der Praxis ist das kleine und gut verarbeitete Nokton 1,5/28 eine Freude. Seine (für ein 1,5er-Objektiv!) geringe Größe minimiert die Sichtbehinderung im Sucher, und die Blenden- und Entfernungsringe sind leicht zu bedienen. Der Typ I mit Aluminiumgehäuse hat den Vorteil, dass er weniger wiegt und – für meinen Geschmack – eleganter aussieht. In der praktischen Benutzung werden sich wohl alle M-Fotografen mit diesem sofort wohlfühlen. 

Alternativen

Wenn man von lichtstarken 28-Millimeter-Objektiven für den Leica-M-Anschluss spricht, fällt einem natürlich sofort das Leica Summilux 1,4/28 ein. Dieses Objektiv ist bemerkenswert kompakt und wird von Anwendern sehr geschätzt, hat aber einen stolzen Preis (7.190 Euro, etwa siebenmal so teuer wie das Nokton). Ein weiteres lichtstarkes 28er-Objektiv kommt oder kam von TTArtisan, ist jedoch viel größer, was sich im Sucher negativ auswirkt. Das Thypoch Simera 28/1.4 hat einige positive Bewertungen erhalten (zum Beispiel hier von Mr Leica), aber ich habe es bisher nicht ausprobiert. 

Fast eine Blendenstufe weniger lichtstark ist das Leica Summicron 2,0/28. Während die erste Version eine riesige, hässliche Plastik-Gegenlichtblende hatte, verfügt die aktuelle Version über diese elegante aufschraubbare Blende, die bei Leica zu einer Art Standard geworden ist. Was das brandneue Voigtländer APO 2,0/28 zu bieten hat, bleibt abzuwarten. 

Und schließlich, nicht zu vergessen, sind die Leica Q-Kameras (außer der neuen 43er) mit einem fest verbauten 1,7/28-Objektiv ausgestattet. Diese Optik ist so gut, dass sie über zehn Jahre nach Markteinführung für die aktuellen Sensorauflösungen von 60 Megapixeln noch passt. Für alle begeisterten 28-mm-Fotografen ist die Q allein schon wegen ihres Objektivs mindestens einen Gedanken wert. 

Das letzte Wort

Im hier vorgestellten Voigtländer VM-Duo überzeugt das Nokton 1,5/28 eigentlich rundum. Es ist ein lichtstarkes, kompaktes, aber sehr leistungsfähiges Objektiv, das schon ab Offenblende zuverlässig Qualität abliefert. Ich kann es für Reportagen und Innenaufnahmen uneingeschränkt empfehlen. Für Architektur- und Landschaftsfotografie ist es auch gut, aber da wäre ein kleineres und lichtschwächeres Objektiv vielleicht ebenso geeignet. Wobei der Zusatznutzen beim Nokton ja quasi serienmäßig ist. Und: Angesichts seiner Lichtstärke, Bildqualität und Verarbeitungsqualität kann das Nokton 28 durchaus als erschwinglich bezeichnet werden.


Voigtländer VM-Duo, das lange Ende: APO-Ultron 2,0/90

Technische Daten, Lieferumfang, Preis und Verfügbarkeit

Das Tele in diesem Voigtländer VM-Duo ist relativ neu im Sortiment. Das Voigtländer APO-Ultron 90 mm F2(so steht’s vorne drauf, wenn nur die Nomenklatur von Cosina irgendwie einheitlich wäre…) wurde im Dezember 2024 angekündigt. Es ist sowohl in Schwarz als auch in Silber für 999 Euro erhältlich und wird mit einer gut verarbeiteten Metall-Gegenlichtblende geliefert. Diese wird über ein Bajonett befestigt und kann zum Transport umgedreht werden. Der Anschluss ist endlich nicht in glänzendem Silberchrom, sondern wie der Rest des Objektivs in mattem Schwarz gehalten. 

Mit Gegenlichtblende, Rück- und Frontdeckel wiegt das APO-Ultron 400 Gramm, das Objektiv allein 339 Gramm. Das ist nicht besonders leicht, aber weniger schwer als das APO-Summicron 90 von Leica (500 Gramm). Das Objektiv ist montiert 63 Millimeter lang (insgesamt 72) und hat einen Durchmesser von 62 Millimetern. Wie bei Voigtländer üblich, fehlt ein Köcher, aber es gibt viele Optionen von anderen Anbietern. 

Ein kleiner Nachteil mag die Filtergröße von 52 Millimetern sein. Diese sind zwar leicht erhältlich, aber insbesondere Schwarz-Weiß-Fotografen sollten sich bewusst sein, dass sie möglicherweise einen Satz Filter nur für dieses Objektiv benötigen – mir sind nur wenige andere Leica-M-Mount-Objektive mit dieser Filtergröße bekannt, darunter vor allem die Voigtländer f/1,2-Serie (35, 40 und 50).

Optik und Abbildungsleistung

Aufbau

Das APO-Ultron ist eine recht komplexe Rechnung mit acht Linsen in sieben Gruppen. Fast alle verfügen über eine anomale Teildispersion, was auf dem Papier schion mal eine hohe apochromatische Korrektur verspricht. Im Vergleich zum APO-Summicron von Leica ist der unterschiedliche Designansatz deutlich zu erkennen: Das Summicron kommt mit fünf Linsen aus, von denen eine asphärisch ist. Das Ultron hat laut den technischen Daten von Voigtländer dagegen keine Asphären. 

Farbabweichungen und Vignettierung

Wie von einem Teleobjektiv zu erwarten, zeigt das APO-Ultron keine randlichen Farbabweichungen: Die Lichtstrahlen treffen mehr oder weniger im rechten Winkel auf den Sensor, sodass es keine Tendenzen zu Rot- oder Grünstichen in den äußeren Bereichen gibt. 

Auffällig ist jedoch die Vignettierung. Hier spielt vermutlich die vergleichsweise kleine Eintrittspupille eine Rolle. Auf philipreeve.com gibt es ausführliche Tests (mit zahlreichen Beispielbildern, was für eine Fleißarbeit!) mit dem Ergebnis, dass das APO-Ultron nur in der Bildmitte ein echtes Zweikommanull-Objektiv ist und am Rand eher ein 2,8 oder noch weniger. Dem kann man nicht wirklich widersprechen.

Chromatische Aberration

Ich habe mich redlich bemüht, aber kaum irgendeine chromatische Aberration erzeugen können. Diese Optik ist durch und durch ein apochromatisches Objektiv und in dieser Hinsicht sicherlich eines der besten, das ich je verwendet habe. Ein großes Lob an die Objektivkonstrukteure und Ingenieure von Cosina.

Schärfe

Das APO-Ultron ist schon bei voller Blendenöffnung und bei allen Entfernungen scharf. Natürlich verbessert sich die Bildqualität durch weiteres Abblenden, aber nur in geringem Maße. Die größere Herausforderung ist die perfekte Fokussierung, insbesondere mit einem Messsucher. Klappt es, sind die mit diesem Objektiv aufgenommenen Bilder außergewöhnlich detailreich und gleichzeitig knackig scharf. Auch das ist bestens gelungen!

Bokeh und Streulicht

Ich habe keine Ahnung, ob Cosina Zugang zur T*-Beschichtungstechnologie von Zeiss hat (schließlich stellen sie auch mehrere Zeiss-Objektive her) oder ob das Unternehmen etwas Eigenes entwickelt hat. In jedem Fall ist das Ergebnis beeindruckend, selbst im Vergleich zur hervorragenden Streulicht-Resistenz anderer neuerer Voigtländer-Objektive. Es erfordert viel Geduld (oder Pech), um mit dem APO-Ultron Flares zu erzeugen. 

Das Bokeh ist sicherlich Geschmackssache. Generell gefällt mir die Wiedergabe der Unschärfebereiche des Ultron, aber kontrastreiche Hintergründe können etwas hart wirken (vor allem in den Ecken). Insgesamt scheint mir die Leistung auch in diesem Bereich jedoch weit überdurchschnittlich zu sein.

Mein Urteil, Optik

Das APO-Ultron 2,0/90 ist sicherlich die größere Überraschung in diesem Voigtländer VM-Duo. Es ist schwer zu sagen, was man in Bezug auf die Bildqualität noch hätte verbessern können. Das Ultron liefert in allen Situationen eine makellose Leistung ab – und wenn man einen gut kalibrierten Entfernungsmesser hat, kann man selbst bei voller Blendenöffnung mit perfekt scharfen Bildern und einem angenehmen Bokeh rechnen. Letzteres ist umso bemerkenswerter, als das Ultron so stark korrigiert ist.

Mechanik und Handhabung

Erster Eindruck

Der APO-Ultron ist recht kompakt, was auch daran liegen mag, dass Länge und Durchmesser in etwa gleich sind. Der Fokussierring ist breit und erinnert an klassische Leica-Objektive – auch wenn manche vielleicht ein moderneres Design bevorzugen würden, ist und bleibt die Ergonomie der „Berg- und Tal-Riffelung” hervorragend. Das Gleiche gilt für den Blendenring, der sanft in halben Stufen einrastet. Die mattschwarze Farbe passt gut zu neuen und alten Leica-Kameras, während Besitzer einer silbernen Kamera vielleicht auch das Objektiv lieber in Silber wollen. Die metrische Beschriftung ist weiß und etwas klein, die feet-Skala in dunklem Rot ausgelegt.

Verarbeitung

Wie erwähnt, vermitteln alle beweglichen Teile den Eindruck einer hervorragenden Verarbeitung. Das gilt auch für die Fassung, die Gegenlichtblende und alles andere am APO-Ultron. Wir wissen, wie gut Leica-Objektive die Zeitläufte überstehen, und die Voigtländer-Produkte müssen sich in dieser Hinsicht natürlich erst noch bewähren. Es gibt jedoch keinen Grund zu bezweifeln, dass das APO-Ultron wie auch sein Weitwinkel-Partner in diesem Voigtländer VM-Duo für eine lange Lebensdauer ausgelegt ist. Der vollständige Verzicht auf Kunststoffteile verstärkt diesen Eindruck. Ich habe eingefleischte Leica-Fans gehört, die nicht viel mehr als „Wow“ sagen konnten, als sie das APO-Ultron zum ersten Mal in den Händen hielten. 

Scharfeinstellung

Der Einstellweg von der minimalen Fokussierentfernung von 0,9 Metern bis unendlich beträgt etwa 100 Grad. Die Fokussierung ist damit zwar nicht gerade schnell, dafür aber sehr präzise. Und das ist wirklich wichtig: Bei 0,9 Metern und Blende 2 lässt sich die Schärfentiefe eines 90ers bekanntlich in Millimetern messen. In der Praxis kann die Pupille des einen Auges perfekt scharf sein, während das andere bereits sichtbar unscharf ist, wenn das Gesicht nicht perfekt auf den Sensor ausgerichtet ist. Eine gut kalibrierte Kamera ist ein Muss, und viele Nutzer werden einen elektronischen Sucher bevorzugen. Der Live-View auf dem Rückdisplay der M10 hat sich als keine Option erwiesen; Verwacklungen sind einfach zu stark, wenn man die Kamera am ausgestreckten Arm hält.

Sucher

Meiner Erfahrung nach ist 90 Millimeter die längste Brennweite, die man mit dem Standard-Sucher 0,72 sinnvoll verwenden kann. Der kritische Bereich ist im Gesamtbild ohnehin schon winzig, und ich hatte den Eindruck, dass die Rahmenlinien meiner M10 einen etwas großzügigeren Blickwinkel suggerieren, als man tatsächlich bekommt. Ich muss das noch gründlich und mit verschiedenen Entfernungseinstellungen noch weiter testen. Voigtländer gibt einen Bildwinkel von 27,4 Grad an (Leica APO-Summicron: 27). Ohne die Gegenlichtblende ist der Blick durch den Sucher kaum beeinträchtigt, mit der Gegenlichtblende muss man jedoch etwas raten, was sich im unteren rechten Teil des Bildes befindet, da etwa 10 Prozent des Bereichs nicht sichtbar sind.

Mein Fazit, Handhabung

Im Alltag überzeugt das Ultron 2,0/90 durch geringe Größe und hervorragende Verarbeitungsqualität. Es ist nur wenig größer und schwerer als sein 2,8er-Pendant und lässt sich intuitiv bedienen. Der einzige Nachteil könnte die Filtergröße von 52 Millimetern sein, die im M-Mount-Universum eher ungewöhnlich ist (das Summicron von Leica hat 55 mm). Wer schwarz-weiß arbeitet, braucht möglicherweise Gelb- und Rotfilter nur für dieses eine Objektiv. Dies ist jedoch, wenn überhaupt, ein geringer Nachteil.

Alternativen

Der direkte Konkurrent des Voigtländer APO-Ultron 2,0/90 ist natürlich das Leica APO-Summicron 90/2 (5090 Euro, gebraucht deutlich günstiger). Es ist etwas größer, aber immer noch kompakt und gilt als eines der besten M-Objektive, die Leica bisher hergestellt hat. Das ist bemerkenswert für eine Markteinführung schon 1998, als die Anforderungen einer Digitalkamera ja noch kaum eine Rolle spielten. Wenn ein etwas lichtschwächeres Objektiv in Frage kommt, ist das Leica Summarit 90/2,4 (oder 2,5 in der ersten Version, der Unterschied ist vernachlässigbar bis nicht vorhanden) eine Alternative. Die gesamte Serie ist nicht mehr erhältlich (hier gibt es unseren Nachruf auf die Summarit-Reihe), aber die 90er-Modelle sind leicht gebraucht zu finden. Ganz mit dem Summicron oder dem Ultron mithalten kann das Summarit allerdings nicht.

Sofern Lichtstärke 2,8 ausreicht, gibt es zahlreiche Alternativen von Leica, aber auch das 2,8/90 von Konica (hier in Folge 13 der M-Files Details dazu). Nicht zu vergessen ist schließlich das APO-Skopar 2,8/90 von Voigtländer. Dieses Objektiv wurde in Folge 14 der M-Files vorgestellt und ist fast so gut wie das Ultron, allerdings eine volle Blendenstufe lichtschwächer.

Das letzte Wort

Von den beiden Voigtländer VM-Objektiven in diesem Test ist für mich das 2,0/90 APO-Ultron die größere Überraschung. Es bietet brillante Abbildungsleistung ab offener Blende, keinerlei chromatische Aberration und eine hervorragende Auflösung. Es könnte das einzige Teleobjektiv sein, das man je für eine M‑Ausrüstung benötigt. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist ausgezeichnet und die Handhabung ein Vergnügen. Wer also ein 90er für M-Mount sucht, findet hier einen No-Brainer.


Fazit: Das Voigtländer VM-Duo 1,5/28 und 2,0/90 – das Dreamteam für Messsucherkameras?

Vorneweg: Beide Objektive im getesteten Voigtländer VM-Duo schneiden super ab. Beide zeichnen sich durch eine hervorragende Bildwiedergabe, eine super Verarbeitungsqualität und eine einfache Handhabung aus. Das Nokton 1,5/28 ist so vielseitig, wie ich es mir erwartet hatte, das APO-Ultron 2,0/90 ist in seiner optischen Qualität einfach umwerfend. Beide Objektive sind ein weiterer Beweis dafür, dass Voigtländer VM-Objektive keine billigen Leica-Alternativen sind, sondern ernstzunehmende Produkte, die für sich stehen. Man kann Cosina/Voigtländer nicht genug danken, dass sie die Messsucherfotografie einem breiteren Kreis von Fotografen zugänglich machen.

Obwohl beide getesteten Objektive für sich genommen großartig sind, bin ich mir nicht sicher, ob ich dieses Voigtländer VM-Duo als Traumausrüstung für Reisen empfehlen würde. 28 Millimeter sind für mich in Ordnung (wie anfangs erläutert), und das Nokton ist kompakt und leicht genug, um als Allround-Objektiv zu dienen. Wenn Größe und Gewicht eine Rolle spielen, könnte das winzige, aber hervorragende 28/2,8 eine Alternative für die Reise sein. Zum 90er-Objektiv hat sich für mich jedoch die Lücke doch als etwas zu groß erwiesen. Ich würde das 28er lieber mit einem 75er kombinieren, das zugleich als relativ lichtstarkes „Standardobjektiv“ dienen kann. Oder ich würde doch ein 50er als drittes Objektiv mitnehmen. Und man sollte sich auch bewusst sein, dass ein lichtstarkes 90er mit der Messsucherkamera nicht einfach zu handhaben ist. So sehr ich diesen besonderen Bildwinkel auch liebe.

Alles in allem aber kann man mit keinem der beiden Objektive aus diesem Voigtländer VM-Duo etwas falsch machen. Vielleicht sind sie alles, was man für die Fotografie mit einer Messsucherkamera braucht. Und zusammen kosten sie deutlich weniger als das billigste (okay: preiswerteste) Objektiv von Leica.


Die M-Files: M-Mount-Objektive, -Kameras und passendes Zubehör jenseits von Leica M

Die M-Files sind ein Langzeit-Projekt. Es konzentriert sich auf Foto-Ausrüstungsteile mit oder für Leica M-Bajonett, die von anderen Firmen als Leica hergestellt werden/wurden oder die sonstwie nicht zum M-System von Leica gehören. Es verfolgt einen mehr oder weniger enzyklopädischen Ansatz, ohne wissenschaftlich zu sein. Der Schwerpunkt liegt immer auf der praktischen Nutzung von Kameras, Objektiven und anderen Produkten. Zu den in den M-Files besprochenen Ausrüstungsteilen gehören Kameras, Objektive, Sucher, Belichtungsmesser und mehr. Einige der Marken auf der wachsenden Liste sind Billingham, Contax, Gossen, Konica, Minolta, Rollei, Sekonic, Voigtländer und Zeiss.

Hier geht es zum M-Files Navigator, der einen einfachen Zugang zu allen Artikeln auf Deutsch und Englisch und Reviews nach Produkttyp und Marke ermöglicht.

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