Leica M10-M: Bühne frei!
“Black and white are the colors of photography. To me they symbolize the alternatives of hope and despair to which mankind is forever subjected.” (Robert Frank)
Menschen in Schwarzweiss zu fotografieren, zu porträtieren ist immer was besonderes und die Leica M10-M, ach was, die Monochrom-Kameras von Leica überhaupt sind ein perfektes Werkzeug dafür.
Es war mal wieder soweit: Die Canaillen-Bagage, Theater-Ensemble aus Bielefeld wartete diesmal mit dem Stück „Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni auf. Ein Klassiker in der Tradition der Comedia dell’arte. Normalerweise bin ich bei der Aufführung auf der Burg Vlotho dabei, aber dieses Jahr war ich zu der Zeit in dem Tal, dessen Name nicht genannt werden soll. So verabredete ich mich mit Michael Zimmermann, dem Chef der Truppe, für die Vorstellung an Schloss Baum in der Nähe von Bückeburg.


Anders als in einem Theater kann man bei Freilicht-Bühnen keine gleichbleibenden Lichtverhältnisse erwarten. Wenn z.B. die Sonne auf die Akteure fällt, muss man die Belichtungs-Korrektur der Monochromen Kameras deutlich nach unten regeln, denn soviel auch in den Tiefen der DNG’s steckt, Überbelichtung mit ausgebrannten Stellen kann man kaum retten. Anders als bei Sensoren mir Farbkanälen (die auch ihre Grenzen haben) kann nichts „zurückgerechnet“ werden.
Diesmal war der Himmel bedeckt und das war für die Sache praktischer. Man kam ohne Korrektur aus, erst später, als es dunkler wurde und die Bühnenscheinwerfer mehr wirkten, stellte ich auf -2/3 EV, damit nicht die hell geschminkten Gesicherter oder weisse Hemden im Histogramm oben „rausfallen“.


Überhaupt war es wegen der Bewölkung eher weniger hell, als ich erwartet hätte. Die Leica M10-M (die Monochromen überhaupt, allen voran die M11-M) sind ISO-Monster, dass heisst, wenig Licht ist das geringste Problem. Aber ich hatte zunächst fest auf ISO 400 gestellt (weil das die „Native“ ISO ist mit der besten Dynamik) und bei Einsatz des 90mm Macro-Elmar mit größter Öffnung von f/4 und Gelbfilter davor kam ich plötzlich zu Belichtungszeiten deutlich unter 1/100 Sekunde und das ist zu lang. Kamera-Shake und Bewegung der Schauspieler zusammen kann man da nicht ausgleichen.


Die anderen beiden Objektive hatten kein Problem, nämlich das 35mm Apo-Summicron bei f/2 und am wenigsten natürlich das 50mm Summilux bei f/1.4, denn alle drei verwendeten Optiken setzte ich ausschliesslich bei voller Öffnung der Blende ein. Ich stellte wegen des Macro-Elmar dann aber feste Zeit von 1/350s ein und liess stattdessen die ISO auf Automatik, die fortan der variable Teil im Belichtungsdreieck war. Ein gelber Farbfilter vor den Optiken war gesetzt, zwar sind die monochromen Sensoren (wie auch die modernen S/W-Filme) panchromatisch, aber eine gewisse Tonwerttrennung gibt den DNG’s von vornherein mehr punch. In dem Zusammenhang empfehle ich den Artikel über Einsatz von Farbfiltern.
Die Objektive wechselte ich oft, am meisten kam das 50er Summilux zum Einsatz, dann das 90er Macro-Elmar, das 35er Apo war mehr für die Totale da.

Personen bei Offenblende zu fotografieren gewährleistet die größtmögliche Freistellung und Isolierung des Motivs. Es gibt keinen Zweifel für den Betrachter, um wen es geht und das ist bei Bühnenfotografie das Stilmittel der Wahl. Die „Challenge“ bei den Lichtstarken ist das Fokussieren, denn selbst das 90er bei f/4 verzeiht da keine Nachlässigkeit. Das alles wäre weniger kompliziert, wenn sich nicht die „Motive“ auch noch bewegen würden und das manchmal recht flott. Dazu muss man die richtige Auswahl treffen, wenn mehrere Personen im Bild sind oder versuchen, sie zu „erwischen“, wenn sie im gleichen Tiefenschärfe-Bereich agieren. Und mal wieder nebenbei: Der Messsucher ist dafür obligatorisch! Wer glaubt, da mit dem Visoflex und Fokus-Peaking irgendwas ausrichten zu können, kann scharfen Fotos schon mal einen Abschiedskuss geben. Mit einem EVF müsste da schon eine andere, schnellere Fokussiermethode verfügbar sein.


Möglicherweise wird der eine oder andere verständlicherweise einwenden „warum nicht einfach eine (setzte hier beliebige Kamera mit schnellem Autofokus ein) nehmen und „be done with it?“ Aber es ist eben nicht dasselbe. Der Output der Monochromen, gepaart mit den High-End Optiken (und die können gerne auch z.B. von Voigtländer sein) ist schon was besonderes und wirkt gleich out-of-camera „analoger“ als in S/W konvertierte Dateien von Farbsensoren. Die Mühe lohnt sich also, obwohl, „Mühe“ ist es gar nicht, das manuelle Fokussieren fällt mir leicht, ich mache es quasi auf Autopilot. Beim aussortieren der Bilder ist fehlerhafter Fokus der seltenste Grund für Ausschuss.
Wie schon gesagt, das Ergebnis kommt analogem Film sehr nah, wenn man sich bei der Nachbearbeitung zügelt und nicht zu „Slider-Happy“ wird. Die DNG’s der Leica M10-M (und entsprechend der M11-M) haben so viel Potential in sich, das man im Grunde HDR-mäßige Ergebnisse bekommen kann, die ich aber persönlich als Geschmacksverirrung sehe. Mein Ziel ist eher, den analogen Eindruck zu bewahren. Die DNG’s aus der Kamera muss man dazu kaum anfassen. Leichte Tonwertkorrekturen reichen. Und wenn jemand fragt, warum ich nicht gleich die M6 nehme und Kodak oder Ilford einlege: Pure Faulheit…


Freilicht-Bühnen sind vom Wetter abhängig. Mit zunehmender Dämmerung wurde das Bühnenlicht besser, weil die Scheinwerfer mehr Wirkung hatten und die Darsteller plastischer erscheinen liessen. Im Verlauf des Stückes begann es leicht zu regnen, die Schauspieler agierten weiter und ich auch, wenn ich auch ab und zu die Frontlinse auf Tropfen kontrollierte und den Suchereinblick trocken putzen musste. Dass die Kamera klitschnass war, störte keinen großen Geist. Der Regen liess nach, aber leider nur, um kurz zu Verschnaufen, denn dann kam ein Wolkenbruch, der keine Rücksicht auf kulturelle Ereignisse nahm. Der Regen wollte nicht aufhören und zum Glück gab es ein leeres Festzelt am Schloss, in dem die letzten zehn Minuten stattfanden, die noch fehlten.


Das Licht dort war sehr prosaisch, weil die Zeltwände wie eine riesige Softbox wirkten. Der Spielfreude tat das keinen Abbruch und auch nicht der Begeisterung der Zuschauer, die sich mit dem sprichwörtlichen „nicht enden wollenden“ Applaus bedankten. Das Zelt war erfüllt mit positiven Vibrations und jeder verliess den Ort mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich hatte meine Bilder im Kasten und wusste schon, dass da ein paar Keeper dabei waren. Für die Mitglieder der Canaillen-Bagage sind sie immer eine wertvolle Erinnerung, und dienen so einem übergeordneten Zweck. Die Aufführung war die letzte der „Tournee“, mal sehen, was nächstes Jahr auf dem Spielplan steht.

Im Slider noch einige Eindrücke vom Verlauf des Stücks: