Ich begleite nun schon einige Jahre die Jahreskonzerte der Musikschule Porta, immer ein fotografisches Highlight. Aber wenn die Projektgruppe “Musical” etwas zur Aufführung bringt, setzt das jedesmal noch einen darauf. Das letzte Mal war 2017, als Tanz der Vampire auf die Bühne gebracht wurde. Wer geglaubt hatte, das sei nicht zu toppen, wurde letztes Wochenende eines Besseren belehrt.
“Die Schöne und das Biest” wurde an zwei Tagen in der Aula des Gymnasiums Porta als Gesamtkunstwerk von Gesang, Tanz, Schauspielkunst und Musik realisiert. Auf so hohem Niveau, dass das Ensemble sofort ins Theater des Westens einziehen könnte. Das Publikum jedenfalls riss es von den Sitzen. Wir dachten, am Samstag sei “volles Haus”, aber am Sonntag platzte der Saal aus allen Nähten, als sich rumgesprochen hatte, was da abging.
Belle im Dorf. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 1000
Wenn ein Projekt einen derartigen Erfolg hat, steckt immer eine treibende Kraft dahinter. Und der kann man zwei Namen geben: Christiane Pesendorfer als künstlerische Gesamtleiterin sowie Stefanie Schnabel für Tanz und Choreographie. Die beiden haben die Probenarbeit “mit Herzblut” vorangetrieben. Natürlich ist da das Ensemble, Kinder und Erwachsene im Alter von 7 bis 56 Jahren, das ebenso leidenschaftlich mitgemacht haben. Beim “Tanz der Vampire” waren es noch 16, inzwischen sind es 29 Aktive.
Aber auch alle Lehrer der Musikschule aus den unterschiedlichen Instrumentengattungen haben mit ihren Schülern an einem Strang gezogen, um eine quasi sinfonische Klangwelt zu erschaffen. Extra erwähnenswert: Barbara Fedyanin (Violine) hat nach dem Klavierauszug eine eigene, musikschulspezifische Orchesterfassung arrangiert! Umgesetzt dann durch das souveräne Dirigat von Cathrin Schulze Dorfkönig.
“Sie ist schon seltsam, diese Belle”. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 1250
Rüdiger Konrad, Chef der Musikschule, äusserte sich in seinen einleitenden Worten zu Recht stolz auf das erreichte. Und das ist wirklich ein Aushängeschild für höchste Qualität, da liegt die Messlatte für andere Musikschulen richtig hoch (letzteres ist meine persönliche Meinung). Genug “Credentials”, wer mehr erfahren möchte, kann sich die Webseite der Musikschule ansehen, die in den nächsten Tagen sicher noch einiges von dem Konzert bringen wird.
Plumette und Lumiere. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 125
Die Leica Q2 – Abzüge in der B-Note
Schlussapplaus Backstage. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 400
Seit die ursprüngliche Leica Q in meinen Händen war, hatte ich mir angewöhnt, Konzerte und ähnliche Events mit zwei Kameras zu fotografieren, die sich ergänzen, nämlich mit der Q, die mir den “weiten” Blickwinkel lieferte und der M10, gewöhnlich mit 50mm-Objektiv, manchmal auch mit 35 oder 75mm Brennweite. Das hat sich über Jahre bewährt, schnelle Verfügbarkeit, kein lästiger Objektivwechsel.
Nachdem mir die Leica Q2 bei “Der Hermann leuchtet 6.0” gezeigt hatte, dass das Handling der ursprünglichen Q gegenüber im Grossen und Ganzen optimiert ist und auch an der Bildqualität nichts auszusetzen ist, zeigte sich aber im Einsatz beim Konzert, dass manches schon mal besser war…
Konkret kam zunächst die Beobachtung von Sebastian (siehe Kommentare voriger Beitrag), nämlich, dass der so hoch gelobte OLED-Sucher der Q2 beim Live-Feed nicht so scharf ist wie der der “alten” Q. Etwas, was mir bis dahin nicht klar war. Bei der Bildrückschau ist das Sucherbild plötzlich viel schärfer, also hätte ich die Hoffnung, dass man da mit Firmware nachbessern kann. Inzwischen hat Micha (siehe ebenfalls Kommentare voriger Beitrag) bei Leica angerufen. Man ist sich dort des Problems bewusst und arbeitet daran.
Gaston lässt sich feiern. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 1250
Ich war zu einem langen Wochenende auf Sylt, bei Sonnenschein und Wind in Sturmstärke war “Syltlauf” mit 1300 Teilnehmern. Dort hat sich die Q2 mit ihrem schnellen Autofokus durchaus für “Action” bewährt, zumal die Sache mit dem Sucher bei Tageslicht kaum eine Rolle spielt. Das gleiche gilt für Landschaftsfotos. Vielleicht hänge ich ein paar Beispiel-Bilder von Sylt an diesen Beitrag an.
Aber bei den Kunstlicht-Low-Light-Verhältnissen beim Musical hatte ich echte Schwierigkeiten, mit dem Sucher zu unterscheiden, ob der Fokus an der richtigen Stelle “sitzt”. Eigentlich musste ich mich blind auf die Kamera verlassen, zum Glück liegt die bei “Punkt”- oder “Ein-Feld”-Fokus praktisch nie daneben. Trotzdem doof.
“Sei unser Gast”, Madame Pottine wird vom Geschirr umtanzt. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 320
Der zweite, viel grössere Einwand: Ich hab es ja geahnt, diese bescheuerte hohe Auflösung ist nur ein Klotz am Bein (und kleistert einem die Festplatte zu). Gegenüber der Leica Q hat die Q2 auf jeden Fall etwas Low-Light-Kapazität verloren, konkret: Sichtbares Rauschen setzt früher ein. Na gut, wenn man die “Riesendateien” der Q2 auf 24 Megapixel bringt, holt sie die alte Q wieder ein (siehe bei Sean Reid). Das geht aber nur, wenn man das Bild nicht oder nur wenig beschneidet. Da der angebliche Vorteil des neuen Sensors ja die Möglichkeit exzessiven croppens bis 75mm-Bildausschnitt sein soll, muss man dann bei Low-Light jedenfalls mit deutlicher Rauschunterdrückung leben.
Schluss-Szene bei “Sei unser Gast”. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 320
Ganz ehrlich: Ich will die neue Q2, aber ich wünschte, sie hätte den Sensor der Q oder noch besser: Huhu, Leica! Wie wär’s mit einer “Professional Edition” der Q2 mit dem Sensor der M10… und zwei Kartenslots (der Platz dafür scheint da zu sein)?
Ernüchternde Feststellung
Schon am Freitag bei der Generalprobe hatte ich in gewohnter Weise mit der Kombi Q2-M10 fotografiert, aber bei der Auswertung der Bilder noch am selben Abend war ich mit der Leistung der Q2 nicht immer einverstanden. Sicher, beim Vergleich zur Leica M10 mit einem Summilux-Objektiv davor kommen ganz andere, sogenannte “professionelle” Kameras ins Hintertreffen. Aber der Unterschied erschien mir jetzt bei der Leica Q2 größer als vorher mit der “alten” Leica Q (natürlich war da immer ein Unterschied gewesen). Und das ist irgendwie eine bittere Pille. Das soll jetzt nicht heissen, dass die Q2 generell schlechter ist als die Q (sie ist in fast allen Dingen verbessert), aber in diesem Punkt, bei diesen Gegebenheiten wünschte ich mir fast die alte Q zurück (die ich verkauft habe, sie war in Nullkommanix weg).
Belle kommt im Schloss an und entdeckt die verzauberten Gegenstände. Leica Q2 bei f/1.7 1/125s ISO 1250
Das Problem war, dass ich sah, was die M10 bei den Lichtverhältnissen vermochte. Weil ich einfach keine Abstriche in der Qualität gerade bei dieser Gelegenheit wollte, fotografierte ich die “Premiere” am nächsten Tag fast nur mit M10. Ich fiel einfach in alte Gewohnheiten zurück und wechselte gelegentlich zwischen 35- und 50mm- Summilux (Das ich ausserdem mit Leica M6 und Kodak TMax P3200 gearbeitet habe, wird sicher in einem späteren Beitrag thematisiert).
Schlussapplaus. Leica M10 mit 35mm Summilux bei f/1.4 1/125s ISO 320
Am Sonntag war eine zweite Vorstellung, und da kam ich wieder ein bisschen runter von meiner Verstimmung mit der Q2, die letztendlich ein Beispiel für “Jammern auf höchstem Niveau” darstellt. Nach dem Motto “Gib sie noch ‘ne Chance!” aus dem alten Blondinenwitz setzte ich sie gelegentlich ein. Und selbstverständlich kommen dabei Bilddateien heraus, die in der oberen Liga spielen, wenn man weiß, wie (und wann) man die Kamera am besten einsetzt.
Die verzauberte Rose. Leica M10 mit 35mm Summilux bei f/1.4 1/125s ISO 1000
And the Winner is…
Das Biest ist frustriert. Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4 1/125s ISO 200
…die Leica M10. Alte Liebe rostet nicht. Mit einem Summilux-Objektiv gepaart hat man eine ultimative Low-Light-Qualität. Zugegeben, man muss sich wirklich gut mit dem manuellen Fokussieren auskennen, und das kann einen bei so viel Bewegung der Akteure ganz schön fordern. Aber wenn man das verinnerlicht hat, sprechen die Ergebnisse für sich. Wegen der hellen Spots hatte ich die Belichtungskorrektur auf -1EV eingestellt und die Belichtungszeit fast permanent (fantasielos) bei 1/125s fest am Zeitenrad, ISO auf “Auto”. Die resultierenden Dateien brauchte ich dann kaum zu bearbeiten, lediglich Helligkeit/Kontrast korrigieren, teilweise minimale Rauschunterdrückung, das war’s. Der Vergleich mit einer M10 und Summilux-Objektiven ist aber in gewisser Weise unfair, schliesslich darf man nicht vergessen, dass die Q oder die Q2 zwar eine exzellente Optik haben, aber im Interesse der Baugrösse und um Gewicht zu sparen “SDC” (= Software Distortion Correction) eingesetzt wird, was die M gar nicht nötig hat.
Nicht geheuer im Schloss. Leica M10 mit 75mm Apo-Summicron bei f/2.0 1/125s ISO 1250.
Event-Fotografie
Agathe, die Fee. Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/2.8 1/125s ISO 2000
Bei einer Inszenierung wie dieser, die teilweise gleichzeitig auf der Bühne, im Vorraum oder sogar in den Gängen stattfindet, ist es wichtig, dass der Fotograf den Ablauf genau kennt. Darum ist ein Besuch der Proben obligatorisch. In diesem Fall war ich bei der Generalprobe anwesend, um das Stück zu “verstehen”, die Schlüsselszenen zu erfassen (wo und wann sie stattfinden) und die Lichtverhältnisse zu studieren. Man versucht schon mal einiges in den Kasten zu bekommen und wertet das aus, um zu entscheiden, ob die angenommenen Kameraeinstellungen für Zeit, ISO, und Belichtungskorrektur den Gegebenheiten gerecht werden. Ausserdem überlegt man sich vorab, wo man sich im Verlauf des Stückes positioniert, um rechtzeitig da zu sein, wo im wahrsten Sinn des Wortes die Musik spielt.
Im Slider einige Bilder von “drumherum”, beim Schminken, Einsingen, Aufwärmen etc. Die meisten Fotos sind mit Leica M10 und 50mm Summilux gemacht, aber es sind auch Q2-Bilder darunter.
Und wenn man schon mal da ist: Auch hinter der Bühne und bei den Musikern passiert so einiges, was man festhalten kann.
Le Fou. Leica M10 mit 35mm Summilux bei f/1.4 1/125s ISO 800
Bei “Die Schöne und das Biest” waren die Lichtverhältnisse so, dass ich eigentlich gar keine andere Wahl hatte, die ganze Zeit die Blende (egal welcher Kamera, welchen Objektivs) weit aufzulassen. Das Licht auf der Bühne war (meist) noch am besten, im Vorraum war es schummrig und es gab Abschnitte, wo es im Saal völlig dunkel war, nur die Notbeleuchtung war an (wo Gaston den “Mob” aufhetzt, das Biest zu lynchen). Dann kommt es einem zugute, wenn man Leica-Linsen hat, die bei f/1.4 oder f/1.7 liegen, oder die M10, die auch noch mit dem 75mm Apo-Summicron mit f/2.0 kein Problem hat. Im Umkehrschluss heisst das: Es nützt die tollste Kamera nichts, wenn man glaubt, man könne bei solchem Licht mit einem dieser typischen Standard-Zooms irgendwas qualitativ hochwertiges erreichen. Als völlig ahnungslos outen sich die, die dann meinen, sie könnten die Defizite ihres Objektivs mit einem fetten Blitz ausgleichen. Was dabei herauskommt, hat bestenfalls erkennungsdienstlichen Wert.
Der Mob wird von Gaston aufgehetzt. Leica M10 mit 35mm Summilux bei f/1.4 1/180s ISO 6400
Festbrennweiten sind angesagt. Nicht nur der Lichtstärke wegen. Auch, wenn dieser Aspekt nicht im Vordergrund steht, gibt es ganz andere Bildwirkungen, wenn man nah dran (und in ständiger Bewegung) ist und mit 28, 35, 50 und 75mm “komponiert”. Wer meint, er könne von einer Stelle aus mit seinem Mega-Zoom alle Szenen erfassen, produziert nur Paparazzo-mässige Bilder, die langweilig alle gleich aussehen.
Hier im Slider noch einige Szenen, wer mehr davon sehen will, kann das in den nächsten Tagen auf der Webseite der Musikschule Porta finden.
Rückschlüsse
Nein, ich kündige der Q2 nicht die Freundschaft. Sie ist wie die ursprüngliche Q eine universell einsetzbare Kamera, die einem unter Umständen erspart, mit einer Tasche voller Objektive herumzurennen. Die ultimative Reise- und Reportage-Kamera. Das Handling ist verbessert, Wetterfestigkeit ist immer gut und der Akku hat für eine sehr gute Ausdauer. Die Low-Light Kapazität ist nicht zuletzt auch wegen der Bildstabilisierung, die trotz der vielen Megapixel noch funktioniert, natürlich immer noch enorm, das hat sie schliesslich schon bei “Der Hermann leuchtet” unter Beweis gestellt. Gleichzeitig kann ich aber sagen: Wer die “alte” Q hat, braucht sich mit dem Upgrade nicht zu beeilen.
Und hier im Slider einige Bilder vom vorletzten Wochenende auf Sylt. Einfach praktisch, mit einer einzigen, vergleichsweise kleinen Kamera dieses Potential dabei zu haben.
‘How do you know I’m mad?’ said Alice. ‘You must be,’ said the Cat, ‘or you wouldn’t have come here.’
Lewis Carroll: Alice’s Adventures in Wonderland
Manchmal denke ich auch, dass ich einen Knall habe, mich mit solchen Einzelheiten zu beschäftigen. Zum Beispiel Bokeh. Aber das ist es wohl, was einen Nerd ausmacht… immer auf der Schwelle zum Wahnsinn.
Diesen Bokeh-Artikel hatte ich schon länger vor (seit zwei Jahren), aber den Anstoss gaben die Schraubleica-Objektive. Vor allem das 5cm Summitar fabrizierte da was im Hintergrund, was ich bei den modernen Leica-Objektiven noch nie gesehen habe. Die sind alle sehr sanft und zivilisiert, weshalb das Summitar sich dagegen wie ein Stegosaurus neben Bambi ausmacht. Aber auch die anderen älteren Objektive zeigen eine gewisse “Evolution”. Es ist halt so, dass Max Berek, als er das Summitar 1936 rechnete, einfach ein Lichtstarkes Objektiv wollte. Ich zweifle stark daran, dass er einen Gedanken ans Bokeh verschwendete. Vermutlich gab es den Begriff, das Konzept, nicht einmal.
Das 5cm Summitar auf 1m fokussiert: Ein Bokeh, das Peter Karbe nachts schweissgebadet aus dem Schlaf holen würde. Aber es “hat auch was”. Man beachte zudem den “Swirl-Effekt”, der bei lichtstarken Leica Linsen oft auftritt. Leica M10 mit 5cm Summitar + Leica Schraubobjektiv-Adapter bei f/2 1/500s ISO 100
Ob Walter Mandler daran dachte? Auch zweifelhaft, aber mit der Weiterentwicklung und Verbesserung der Summicrons wurde das Bokeh automatisch “ruhiger”.
Sicher ist, dass Peter Karbe sich sogar sehr viel Gedanken um die Welt hinter dem Fokus macht. Wie er diesen Dschungel zähmt, ist aber sein persönliches Geheimnis.
Leica Q in “Makro-Position” des Objektivs, selbst bei f/2.8 schafft die Kamera auch mit 28mm ein ansehnliches Bokeh.
Für Nichteingeweihte: Bokeh – das ist der Bereich eines Fotos, der sich (meist deutlich) ausserhalb der Tiefenschärfe findet. Ein japanisches Wort, das einfach “Unscharf” bedeutet. Ich möchte jetzt nicht den “Erwin Puts” machen und von Zerstreuungskreisen und MFT-Kurven anfangen. Sein Stil wirkt nämlich besser als Rohypnol. Aber man kann wohl konstatieren, dass das Vorhandensein von Bokeh abhängig von Sensorgrösse, Lichtstärke und Brennweite des Objektivs ist. Dabei gilt: Sensor möglichst gross, Blende ebenso (also kleiner Blendenwert!), Brennweite eher lang. Letzteres heisst nicht, dass nicht auch ein Weitwinkel ein akzeptables Bokeh produzieren kann, bei Vollformat oder gar Mittelformat kein Problem. Siehe zum Beispiel beim 28mm Summilux-Objektiv der Leica Q.
Bei einer langen Brennweite ist bei nahem Fokus und genügend Entfernung des Hintergrunds auch noch bei f/5.6 jede Menge Bokeh drin, wie hier bei dem 90mm Macro-Elmar.
Weiterhin kommt es noch darauf an, dass man auf etwas verhältnismässig Nahes fokussiert und der Hintergrund weit genug zurückfällt. Ein ausgeprägtes Bokeh ist ein bewährtes Stilmittel zur Freistellung des Motivs, das dadurch durchaus 3D-Wirkung erzielen kann. Aber klar ist auch: Es ist ein “Artefakt” der Optik, kein natürlicher Seheindruck. Unser menschliches Auge gibt Bokeh in keinem Fall wieder! Wer das sieht, sollte dringend zum Optiker gehen.
Das spannende ist dabei, wie das Bokeh aussieht. Das wiederum ist abhängig davon, wie das jeweilige Objektiv seine eigene Blende im Zerstreungskreis (jenseits der Schärfenebene) darstellt. Was nun “schön” oder “hässlich” dabei ist, ist subjektiv, aber “ruhiges” und “unruhiges” Bokeh kann man schon objektiv erkennen. Dabei lege ich Wert auf die Feststellung, dass auch “unruhiges” Bokeh seine eigene Ästhetik haben kann, also nicht per se “hässlich” ist.
Monet? Manet? Keineswegs, das 5cm Summitar bei Offenblende. Gerade die Imperfektionen sorgen für den “impressionistischen” Effekt. Es hat’s schwer mit den Highlights und Gegenlicht ist so gar nicht seine Sache. In diesem Bild ist Flare nicht deutlich, aber wenn man den braucht (es gibt ja sogar Software, die ihn erzeugt), ist man an der richtigen Adresse.
Der Vergleich zum “domestizierten” 50mm Summilux, hier bei f/1.4. Alles ein bisschen mehr im Griff.
Hier ein paar Details zur Verdeutlichung der Unterschiede:
Das in LR bei dem Summitar “Summicron Leitz” angezeigt wird, liegt natürlich daran, dass es das Objektiv im Menü der M10 nicht gibt.
Es gibt ja Objektive, die sind nur für’s Bokeh gemacht. Ich werde z.B. gelegentlich nach dem Noctilux gefragt, denn vieles spielt sich in E-Mails ausserhalb der Kommentarleisten ab. Ich zitiere hier mal aus meiner Antwort auf die Frage, warum ich kein Noctilux habe:
Kornfeld – Das 75mm Apo-Summicron bei f/2 defokussiert.
Das Noctilux erwähne ich deshalb nicht, weil es einen extrem eingeschränkten Nutzen bei einem irrsinnig hohen Preis hat. Der Preis ist zwar gerechtfertigt, bedenkt man die zeitraubende Produktion der Linsen für das Teil. Aber was bekommt man dafür? Ein Objektiv, das nur eins gut kann: Bei Offenblende Fotos mit extrem kleiner Tiefenschärfe machen. Die Engländer nennen das ein „one-trick-pony“. Abgeblendet sind die Abbildungseigenschaften jedes Summicron besser.
Man hat also ein unglaublich teures und dazu unförmiges Ding vor der Kamera (das die ganze Balance der Objektiv-Kamera-Kombination über den Haufen wirft), nur um immer die gleiche Art von Bildern im gleichen Stil zu machen? Glauben Sie mir, irgendwann wird man es leid, nur Bilder mit Offenblende zu machen (wenn man kein Hochzeitsfotograf ist).
Und nebenbei: Verwechseln Sie nicht so etwas mit Fotografie. Es gehört mehr zu einem guten Foto als eine niedrige Tiefenschärfe. Ich benutze dieses Stilmittel gerne in bestimmten Situationen, aber das ist nicht der alleinige Schlüssel. Im übrigen ist ein wesentlich universeller anwendbares Summilux (das auch abgeblendet sehr gute Ergebnisse liefert) für den Effekt der niedrigen Tiefenschärfe völlig ausreichend.
Ich will in keinem Fall die Ingenieurskunst von Leica schmälern, die in diesem Ding steckt, aber für einen Fotografen, der Vielseitigkeit braucht (und Kamera und Objektiv tragen muss) ist das Noctilux eine schlechte Wahl. Ich stelle eher fest, das mancher sich mit dem Ding schmücken wie mit einem Juwel (ein schwerer Klunker) und meinen, sie hätten mit dem Erwerb die höheren Gefilde der Fotografie gebucht. Diese Sorte Leute tragen zum Klischee „Leica“ bei und stoßen mich ab.
Das die im Store das gern verkaufen, ist ja wohl sonnenklar. Bei dem Preis. Mir wurde es schon vor fast 10 Jahren angeboten. Nein Danke. Zu wenig Vielseitigkeit und zu viel Glas.
Soviel dazu. Dieselbe Argumentation halte ich auch für das 75mm Noctilux aufrecht. Da ziehe ich des 75mm Apo-Summicron deutlich vor. Das Summarit nicht zu vergessen, das wie alle Summarite, wie ich nie genug betonen kann, exzellent ist.
Alte Buhne am Strand von Sylt. Leica M9, 90mm Summarit bei f/2.5 1/4000s ISO 160
Also wie schon in der oben zitierten Antwort: Nichts gegen Bokeh, aber man soll’s auch nicht übertreiben. Geringe Tiefenschärfe allein macht kein gutes Foto, und wenn einem gar nichts anderes einfällt, guckt man sich daran irgendwann müde. Eine 3D-Wirkung kommt (zumindest bei Leica-Optiken) ebenso vom überragenden Mikrokontrast (“Acuity”) der Linsen. Es ist Wahnsinn, was ein leicht abgeblendetes 28mm Summicron oder Elmarit in dieser Hinsicht produziert, das 21mm Super-Elmar kann das auch bei voller Öffnung. Für das letztere gibt es gar keinen Grund, überhaupt die Blende zu schliessen, ausser bei zu viel Licht.
Für Landschaftsfotografie braucht man meistens Schärfe über das ganze Bild. Vor allem zu viel unscharfer Vordergrund irritiert mich immer. Umgekehrt geht’s schon eher, wie hier. Leica M240 mit 50mm Summicron bei f/3.4 1/3000s ISO 200
Dennoch sorgt Bokeh immer für einen gewissen “Wow-Effekt”, vor allem bei unbedarften Betrachtern, die nur Handyfotos gewöhnt sind. Mittlerweile wird Bokeh zwar auch von Handysoftware produziert, aber das ist natürlich für jemanden wie mich äusserst uncool…
5cm Summitar
Nochmal der Vergleich zum 50mm Summilux.
Das Summitar ist zur Zeit übrigens mit der Leica IIIf zusammen beim Customer Care, denn ich wollte für die Kamera mal einen ordentlichen CLA Job haben. Die kurzen Belichtungszeiten waren viel zu lang geworden. Zwar konnte ich das einschätzen und hatte keine Belichtungsprobleme, aber es ist irgendwie schöner, wenn man auch das erwarten kann, was oben auf dem Zeitenrad steht. Ausserdem kann ich das Summitar auf der M10 nur mit Monitor fokussieren, es hat nämlich einen leichten Backfokus. Das ist mir bei der IIIf gar nicht aufgefallen, aber das ist wohl der feine Unterschied zwischen der Schichtdicke einer Filmemulsion und der nicht vorhandenen “Dicke” eines Pixelorts.
Das Summitar war schon in Wetzlar, als ich mich neulich mit einer Tasche voller Objektive aufmachte, um in einer Blumenwiese in Vlotho die Unterschiede zu testen. Vor allem wollte ich wissen, ob auch die anderen Schraubleica-Objektive ein ebenso “wildes” Bokeh aufweisen (ein versenkbares 5cm Summicron I, das 3,5cm Summaron und ein 9cm Elmar, alle aus 1951, aber mit Objektiv-Rechnungen, die im Fall des 3,5cm und 9cm-Objektivs “Vorkriegsware” sind).
Jetzt kommt hier einiges zum durchgucken.
Auch das 3,5cm Summaron hat sowas wie Bokeh
Der unscharfe Bereich des 3,5cm Summaron
Das 5cm Summicron I, eindeutig mit “Swirl” dabei
5cm Summicron I. Ein Bokeh wie von Monet gemalt.
Das 9cm Elmar. Trotz des biblischen Alters eine beängstigend scharfe Optik.
Das Bokeh des 9cm Elmar. Die Schraubleica-Objektive haben alle diese hellen Ringe gemeinsam, mehr oder weniger ausgeprägt und manchmal eher ellipsoid. Man nennt das “Donat-Bokeh”
Das 90mm Macro Elmar
Das Bokeh des 90mm Macro Elmar.
Das 90mm Summarit
Bokeh des 90mm Summarit.
Das 50mm Summicron Typ IV von 1986 aus kanadischer Produktion. Das ist immer noch die heutige Linsenrechnung des “normalen” Summicron (im Gegensatz zum Apo-Summicron).
Bokeh 50mm Summicron IV. Allerdings hatte ich da gepennt: Ich vergass, die Blende ganz zu öffnen, das hier ist f/4!
Da ich keine Schubkarre dabei hatte, fehlen die “modernen” Summiluxe (50 und 35mm) und das 75er Apo-Summicron (von dem übrigens das Beitragsbild stammt), aber eine Optik hatte ich noch mit, die ich selbst oft vernachlässige: Das 100mm R-Apo-Macro-Elmarit! Wenn es nicht so ein Klotz wäre, müsste ich es eigentlich häufiger einsetzen. Es steckt selbst das 90mm Summicron oder das 90mm Macro-Elmar locker in die Tasche. Ein Wahnsinnsteil.
Ausserdem lässt es sich recht nah fokussieren: In Datenblatt wird der Nahfokus mit 45cm angegeben, aber ich stelle fest, das ich auch bei ca. 25cm Abstand fokussieren kann (?). Keine Ahnung, was das soll.
Das 100mm Apo-Macro-Elmarit: Kein Bildausschnitt, sondern der ganze Sensor. So nah kann man fokussieren! Seidenweiches Bokeh.
Nochmal das 100mm Apo-Macro-Elmarit, etwas Abstand zur besseren Vergleichbarkeit mit den anderen Objektiven.
…und das dazugehörige Bokeh, aber da geht noch mehr.
Wer es bis hierher durchgehalten hat, der hat den Nerd-Test erfolgreich bestanden! Fazit: Die “alten” Optiken sind im Tiefenschärfe-Bereich immer noch super, das Bokeh ist gewöhnungsbedürftig, hat aber auf jeden Fall eine individuelle Note! Die modernen Objektive sind dagegen recht zahm, aber alle Eigenschaften (vor allem Gegenlicht etc.) sind natürlich deutlich besser im Griff dabei.
Jetzt noch eine Sache völlig “off Topic”: Letztes Wochenende war Neumond. Ich wachte Nachts um 0.30 Uhr auf und sah, dass der Himmel klar war. Um 1.00 Uhr wird die Strassenbeleuchtung abgeschaltet. Es stand ja immer noch aus, die neuen, längeren Belichtungszeiten der M10 nach dem Update zu testen. Ich schnappte mir die Kamera, ein paar lichtstarke weite Objektive und fuhr auf einen passenden Berg. Die Lokalisation der Milchstrasse war das Auswahlkriterium des Ortes. Das 28mm Summicron war unter meinen Objektiven der beste Kompromiss zwischen Weite und Lichtstärke, das 35mm Summilux zwar besser, zeigt aber zu wenig Himmel. Das 21mm Elmarit eigentlich recht gut, aber mit f/2.8 immer noch ein bisschen zu lichtschwach.
Nun werde ich mir deswegen keine weiten Summiluxe anschaffen, soweit geht die Liebe zur Milchstrasse nicht. Die Q hatte ich zuhause gelassen, was ich jetzt bereue, denn die liefert bei dieser Zielsetzung auch akzeptable Ergebnisse.
Alles nicht zu vergleichen mit “echter” Astrofotografie, aber man kriegt wenigstens einen Eindruck. Und dann ist natürlich in unserer Gegend die “Lichtverschmutzung” extrem, dazu ist “klarer Himmel” bei uns ein sehr dehnbarer Begriff im Vergleich zu Orten in den Alpen oder Südfrankreich.
Sternenhimmel über Vlotho mit dem 21mm Elmarit. Viel Restlicht. 32s bei f/2.8 ISO 1600
Bessere Abbildung, vor allem in den Ecken: Das 28mm Summicron bei f/2 24s ISO 2500
Das tue ich mir sicher nicht öfter an! Ich brauche nämlich meinen Schlaf. Vielleicht mal wieder irgendwann im Urlaub in einer Gegend, wo man sich nicht mit soviel Restlicht quälen muss.
“I think this is the beginning of a beautiful frienship”, sagte Rick in Casablanca. Das Gleiche kam mir in den Sinn, als ich die beiden Kameras beim diesjährigen Konzert der Musikschule Porta benutzte.
Nun ist die Kombination M+Q ein alter Hut, den ich schon letztes Jahr häufig propagierte, aber mit der M10 wird diese Beziehung auf ein neues Level gehoben. Denn beide Kameras haben ähnliche Farbschemata, Dynamik und Rauschverhalten (obwohl unterschiedliche Sensoren). Sensortechnisch hat die M10 die Nase ein klein wenig vorn (nachdem dies mit der M240 umgekehrt war), aber das spielt kaum eine Rolle.
Wie funktioniert diese Partnerschaft?
Gegenseitige Ergänzung
Beide Kameras haben unterschiedliche Stärken. Die Q ist bei 28mm festgelegt, also ist es sinnvoll, die M mit einer deutlich kürzeren Brennweite zu bestücken. Ich wählte diesmal das 50er Summilux und das 75er Apo-Summicron. Erste Auswahlkriterien während des Events: Entfernung zum Motiv oder angestrebtes Ziel der Bildkomposition (von Totale bis Porträt). Aber die Q hat ein paar Trümpfe im Ärmel, die ggf. die Waagschale kippen, selbst wenn die Brennweite in dem Moment nicht ideal ist: Vor allem der schnelle Autofokus, wenn man mit der M10 manuell nicht nachkommt (z.B. bei Tanzszenen). Aber auch die Bildstabilisierung kann eine Rolle spielen.
Leica M10 mit 75mm Apo-Summicron bei f/2 1/180sec ISO 5000. Keine Rauschunterdrückung in LR.
Die M10 (offensichtlich) glänzt mit ihrer Fähigkeit (im Prinzip) beliebig kurze Brennweiten zu verwenden, ausserdem kann sie gegenüber der Q bei Maximum ISO noch einen drauflegen. Die Q habe ich zwar schon über 10 000 ISO ohne Strafe (Banding, man mache hier das Zeichen gegen den bösen Blick!) benutzt, aber aus pragmatischen Gründen begrenze ich Auto-ISO bei 6400. Die M10 ist bis ISO 12500 über jeden Verdacht erhaben… und nach oben ist durchaus noch Luft.
Ein Lächeln für den Fotografen: Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4 1/125sec ISO 2500
Das Jahreskonzert
“Round up the usual suspects”, sagte der Leiter der Musikschule zu seinen Lehrern (um bei Casablanca-Zitaten zu bleiben) als er das Jahreskonzert plante. Dazu gehörte anscheinend auch ich, seit einigen Jahren schon dokumentiere ich diese Traditionsveranstaltung. Nachdem letztes Jahr alles unter dem denkwürdigen Motto “Tanz der Vampire” gestanden hat, kam dieses Jahr ein neuer Ansatz: “Kunst und Ton”. Sieben Werke lokaler Künstler wurden im Programm musikalisch vorgestellt. Verschiedene Gruppen stellten jeweils ein Werk vor und demonstrierten so die Vielfalt des Angebots der Schule.
Brass. Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4 1/90sec ISO 500
Die einzige Gelegenheit, bei der man mich mit zwei Kameras um den Hals antrifft, ist bei so einer Veranstaltung. Wenn ich mal in freier “Wildbahn” wirklich beide dabei habe, stecke ich immer eine in die Tasche zurück. Irgendwie ist mir das sonst peinlich. Aber bei so einem Event, wenn jeder weiss, dass ich offiziell für die Bilder zuständig bin, schere ich mich nicht um den etwas albernen Look, das Praktische geht vor. In Sekundenbruchteilen kann ich zwischen den Kameras “switchen” und sofort auf evtl. unerwartete Wendungen reagieren, ohne Gefummel mit Objektivwechsel.
Ein Kanon vor der Pause: Leica Q mit 28mm Summilux bei f/1.7 1/60sec ISO 500
Die M10, immer noch das neue Pferd im Stall, zeigte eine makellose Performance. Ich hatte die ganze Zeit Auto-ISO an, längste Belichtungszeit beim reziproken Wert der doppelten Brennweite. Gerade bei 50er und 75er Brennweite macht sich der neue, grössere Sucher positiv bemerkbar. Beinahe M3-Feeling. Und wenn ich noch einmal irgendwo lese, der Akku der M10 hätte ja nun leider eine ach so geringe Kapazität, dann schreie ich! Gut 300 Bilder im Kasten, die ganze Zeit (ich war eine Stunde vorher da, also insgesamt deutlich über drei Stunden) auf Standby, am Ende der Veranstaltung 50% Ladung übrig! Was gibt’s da zu meckern? Das kommt nur, weil der Akku der M240 auf Steroiden lief. Im Vergleich dazu sieht jede Kamera schlecht aus.
Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4 1/90sec ISO 100
Exkurs: Eigentlich habe ich mir längst abgewöhnt, mich über all den Quatsch, der über Leica verbreitet wird, aufzuregen. Neulich war mal wieder ein Pulitzer-Preis-Verdächtiges Stück auf DPreview von einem der Mitarbeiter. Empfehlenswerte Lektüre für alle Leica-M Benutzer, die wie ich gerne wütend einschlafen. Man hatte diesem Mitarbeiter für eine Reise nach Japan eine M10 in die Hand gedrückt. Der Typ war völlig ahnungslos, er hatte seit zwanzig Jahren nur DSLR fotografiert (die vier Jahre davor war vermutlich in der Grundschule). Nun sollte er seine “shooting-experience” zum Besten geben. Man hatte ihm offenbar etwas von “Zonenfokus” erklärt, sein Problem war dann, dass er die Entfernungen nicht richtig abschätzen konnte! Arrgh! Dabei hatte er einen Millimetergenauen Entfernungsmesser in der Kamera, aber damit konnte er nicht umgehen, weil er ja seine gewohnten 250 Fokuspunkte nicht vorfand! Am Ende nahm er dann das 28mm Elmar mit Blende f/8, dann braucht man in der Tat nicht mehr zu fokussieren. Das andere vorteilhafte (für ihn) dabei war, dass er bei der Brennweite das vollständige Sucherbild nutzen konnte, weil er natürlich im übrigen mit den Sucherrahmen nicht klar kam. So hatte er sein DSLR-Feeling. Oh, der Artikel war gar nicht negativ gemeint, er sagte schon auch die richtigen Sachen über die Kamera, nur die wesentlichen Punkte hat er völlig verpasst. So, als hätte man ihm einen italienischen Sportwagen unter den Hintern gegeben und er kriegt ihn nicht in den zweiten Gang, weil er noch nie was von einer Kupplung gehört hat. Wenn das auf DPreview die typische “Expertise” ist, wundert es mich nicht, wenn David Taylor-Hughes anzweifelt, ob dort überhaupt Fotografen arbeiten.
Die Stimmung der Welt. Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4 1/125sec ISO 2000
Eigenartiges Farbprofil
Zuhause lud ich die DNG’s wie gewohnt in LR ab. Die Bilder für die Webseite der Musikschule mache ich immer in Farbe. Wie üblich, bedeutet das nur Tonwertkontrolle, Gradtionskurve auf mittleren Kontrast, keine Objektivkorrekturen. Es gab einige Dateien mit 4000 bis 12500 ISO, etwas Rauschunterdrückung war da in Ordnung (bei den s/w- Bildern hier ist nichts dergleichen angewandt worden). Im Blog eines professionellen Fotografen, der mit M10 arbeitet, hatte ich gelesen, dass das eingebettete Farbprofil “M10” statt des Adobe Standard-Profils durchaus nett anzusehen sei. Ich hatte dies bei einigen Tageslicht-Fotos ausprobiert und fand die Ergebnisse o.k., im wesentlichen deutlich intensivere Farben. Als ich allerdings das “M10-Profil” für die Fotos vom Konzert anwählte, kam mir das kalte Grausen. Irgendwas in dem Kunstlicht dort vertrug sich gar nicht mit dem Farbschema. Dann lieber Adobe-Standard, wem die Farben zu blass sind, soll den Dynamik-Slider bewegen (auch eine komische Benennung, als ob dieser Slider was an der Dynamik ändern könnte. Aber “selektive Sättigung” ist wohl zu lang).
Farbprofile im Vergleich: Bei der speziellen Beleuchtung ist beim M10-Profil plötzlich ein übler Gelbstich im Foto, es wirkt insgesamt total übersättigt. Bei beiden Fotos ansonsten identische Einstellungen in LR.
Hier ein Vergleich bei Tageslicht, Konzert in der St.Stephanskirche am Samstag Morgen, viel Morgensonne durch die Fenster:
Bei diesen Lichtbedingungen fällt zwar der höhere Sättingungsgrad des M10-Profils auf, aber man kippt nicht gleich vom Stuhl deswegen.
Ich sah noch mal nach, wie es bei der M240 war. Dort gab es auch ein Farbprofil mit der Bezeichnung “Eingebettet” (wie bei der Leica Q), aber das ist nur ein sehr dezenter Unterschied zum Adobe-Standard Profil (Anm.: Ich habe mir das extra bei den Bildern vom Konzert letztes Jahr angesehen, weil das natürlich die identische Beleuchtung war).
“Here’s looking at you, kid.” Leica M10 mit 50mm Summilux bei f/1.4 1/90sec ISO 1600
Von dieser Merkwürdigkeit abgesehen, ist die Bearbeitung von High-ISO-Dateien ein Traum. Noch jede Menge Dynamik übrig und wenig Rauschen. Das gilt auch für die Q (sagen wir, ein Stopp weniger). Die Kombination dieser beiden Kameras ist jedenfalls (für mich) eine sehr effektive Arbeitsweise. Spannend wird es, wenn möglicherweise wirklich mal eine Q mit “langer Brennweite” (was immer das dann ist) herauskommt. Könnte man dann mit den zwei Q’s allein komplett auskommen? Ich lasse diese rhetorische Frage mal provokativ im Raum stehen…
Noch ein paar Bilder im Slider, um den Eindruck abzurunden. Auf der Seite der Musikschule finden sich in den nächsten Tagen alle Bilder von dem Event, aber das kann für Unbeteiligte ermüdend wirken. Mein Ziel ist immer, dass sich jeder Mitwirkende irgendwo mal wieder findet.
Wer mal im “alten” Blog gestöbert hat, wird sich an das obige Motiv erinnern, es ist die Burgruine von Salavas bei Vallon Pont d’Arc. Es ist das Erste, was ich sehe, wenn ich morgens aus dem Zelt steige. Vielleicht kennt der eine oder andere das auch, es gibt Motive, die muss man geradezu zwanghaft immer wieder ablichten, dazu gehört für mich dieses Gemäuer. Das Licht macht morgens und abends verrückte Sachen mit dem Ding, man kann es tausend Mal fotografieren und immer ist es anders. Dieses Foto ist vom letzten Freitag. Ich stelle es ganz am Ende des Artikels nochmal ein, weil man das Beitragsbild selbst nicht größer betrachten kann.
Aber wer nicht mit meinen jährlich wiederkehrenden Ritualen vertraut ist, dem sollte ich vielleicht erklären, warum ich aus einem Zelt steige. Die Kanu-AG des Wesergymnasiums Vlotho, der ich seit mehr als dreissig Jahren angehöre, fährt jedes Jahr zum Wildwasser-Kanu-Fahren an die Ardèche. Etwa 25 Schüler und noch mal so viele “Ehemalige” treffen sich dort jedes Jahr zum Zeltlager. Wer mehr über die Hintergründe erfahren will, kann nochmal hier oder hier nachsehen, der letztere Link ist quasi ein Review zur Leica M240, die ich damals gerade wenige Wochen hatte und dort auf Herz und Nieren prüfte.
Am Wahrzeichen von Vallon, dem Pont D’Arc
Die Woche dort ist jedes Mal eine fotografische “Tour de Force” für mich. So sehr ich mir auch vorher gelobe, mich zurückzuhalten, kann ich doch nicht die vielen Gelegenheiten einfach ignorieren. Vier Kameras waren dabei:
Natürlich die M240, mein treues “Workhorse”, unbedingt wichtig als Systemkamera mit der Möglichkeit, auch längere Brennweiten zu nutzen.
Die Leica Q, zum ersten Mal – und was sie zusätzlich zur M240 leisten kann, ist eine echte Bereicherung.
Zwei analoge Kameras, meine M3 und eine M6 (die ich kürzlich erwarb). Die Entwicklung der Filme dauert naturgemäß etwas, vermutlich schreibe ich später dazu etwas separat.
Man kann dort alle möglichen Genres abarbeiten, z.B.:
Landschaft – reichlich vorhanden
Architektur – z.B. Pont du Gard
Sport – Aufnahmen am Schwall
Porträt – viele fotogene Teilnehmer
Low-Light – Besuch der Höhlen oder Abends im Zeltlager
Reportage – alles, was so während der Woche passiert
Street – ich zögere etwas, das hinzuzufügen, denn mein Besuch verschiedener Städte und Märkte dort dient mehr dazu, das “Lokalkolorit” einzufangen. Einiges davon kann als Street-Foto durchgehen, aber ich schüttele immer den Kopf, wenn andere vorbeieilende Passanten fotografieren und das als “Street” bezeichnen. So etwas wird man bei mir eher nicht finden.
Und weil das immer alles ziemlich gleichzeitig stattfand, versuche ich mit der Trennung in Genres hier im Beitrag etwas Ordnung hereinzubringen, sonst verliere ich selbst den Überblick.
Aber jetzt beginne ich doch erst chronologisch: Ich habe mir angewöhnt, lieber einen Tag früher als der Rest der Truppe vor Ort zu sein, einfach, weil man sich nach einer durchfahrenen Nacht etwas akklimatisieren kann. Selbstverständlich fahre ich nicht allein, sondern mit mir im T5 waren Andreas, ebenfalls regelmässiger Teilnehmer der Fahrt und Jürgen “Bulli” Grundmann, Liedermacher aus Bielefeld, der gebürtiger Vlothoer ist und ebenso wie wir alle als Schüler zur Kanu-AG stieß.
Nachdem ich mich auf dem Campingplatz “Le Chauvieux” häuslich eingerichtet hatte, fühlte ich mich frisch genug, gleich dem Nachbarörtchen Barjac einen Besuch abzustatten, denn dort ist Freitags Markt. Weil ich mich dennoch ein bisschen groggy fühlte, beschloss ich, einfach nur die Leica Q mitzunehmen und sie wie eine “Point and Shoot” zu benutzen, da muss ich mir nicht so viel den Kopf über Einstellungen zerbrechen. Ich schlenderte über den Markt und durch die altehrwürdigen Gassen des Weilers und genoss das südfranzösische Ambiente. Ab und zu knipste ich drauflos. Blende f/4 oder so und einfach nur abdrücken. Von einem Touristen wird auch nichts anderes erwartet.
Mittags war ich immer noch nicht wirklich Müde, darum kam mir die Idee, die Tropfsteinhöhle “Aven d’Orgnac” zu besuchen, die praktisch am Weg lag. Zwei Dinge sprachen dafür: Die einsetzende Mittagshitze, die den Gedanken an die Höhle, in der konstant 11°C herrschen, schmackhaft machte und mein Ehrgeiz, die Bildstabilisierung der Leica Q zu testen. Im letzten Jahr hatte ich die gerade neu eröffnete “Kaverne” mit der Fuji X100 T besucht und mit dieser Kamera dort sehr zufriedenstellende Ergebnisse erzielt, auch sie wäre für eine Tropfsteinhöhle erste Wahl, aber die Q mit der leicht kürzeren Brennweite und vor allem mit der Bildstabilisierung ist perfekt. Ich konnte gestochen scharfe Bilder mit einer 1/4 Sekunde aus der Hand machen, sogar bis auf f/3.5 abblenden und war immer noch bei ISO 200. Wer hat da noch Schiss vor Banding und warum eigentlich?
Die Aufnahmen aus der Höhle sind alle mit 1/4 oder 1/8 Sekunde aus der Hand gemacht. die Bildstabilisierung sorgt für gestochen scharfe Ergebnisse
Am nächsten Morgen erwachte ich früh und voller Tatendrang (keine Sorge, es geht nicht so minutiös weiter). Ich fuhr nach Uzès, eine kleine schnuckelige Stadt bei Nimes, die ich das letzte Mal 2012 besucht hatte. Zufällig war dort Markt… ich war diesmal nur bedingt faul und hatte neben der Leica Q auch die M6 mit, fest entschlossen, eine Rolle Kodak Tri-X durchzubringen. Leider wurde mein Enthusiasmus etwas gedämpft, als die Batterie des Belichtungsmessers den Geist aufgab. Ich fühlte mich etwas gedemütigt, hatte ich doch gerade erst Bill Palmer in den Kommentaren auf Macfilos erklärt, wie gut die in den analogen Modellen halten. Nun hatte ich die M6, ein Exemplar in fabrikneuem Zustand aus den 90ern, von Meister in Hamburg erstanden. Die Batterien waren darin und pfiffen vermutlich schon länger aus dem letzten Loch. Ich hatte offensichtlich die letzten Elektronen herausgequetscht. Zum Glück sind die benötigten Knopfzellen ziemlich verbreitet, man bekommt sie selbst in Drogeriemärkten . Uzès hingegen ist sogar groß genug für ein Fotogeschäft und der freundliche Inhaber zückte sofort die passenden Modelle. Ein Leuchten ging über sein Gesicht, als ich ihm die M6 reichte (ist das nicht verrückt? Die Leicas erzeugen im Netz gelegentlich Hass, aber sonst nur positive Gefühle). Er führte mich nach erfolgreichem Wechsel in eine hintere Ecke des Ladens und zeigte mir ein Regal mit recht abgewrackten Kameras, diverse Voigtländer, Konikas, Praktikas, Laufboden- und Messsucherkameras. Fast hätte ich ihm eine Kodak Brownie abgekauft, erinnerte mich aber im letzten Augenblick, dass ich eigentlich kein Sammler bin.
Wenige Kilometer von Uzès entfernt ist das Pont du Gard. Da ich nun so nah war, besuchte ich dieses eindrucksvolle Bauwerk wieder. In jungen Jahren war ich noch durch die Wasserleitung ganz oben gelaufen und hatte abends in luftiger Höhe den Sonnenuntergang bei einem Glas Wein mit meiner Ex-Freundin (heute ist sie meine Frau) genossen. Das ist natürlich nicht mehr möglich, alles hübsch abgesperrt, wer weiss, wie viele von da oben runtergesegelt sind…
Am Nachmittag kam der Bus und der hintere Teil des Campingplatzes verwandelte sich in einen Bienenschwarm. Oder vielleicht wäre der Vergleich zu einem Ameisenhaufen passender, in Nullkommanichts wurde das Lager mit Küchen-, Vorrats-, Gemeinschafts- und Materialzelt aufgestellt, von den Schlafzelten ganz zu schweigen.
Foto im Slider vorn: Das Wiedersehen
Schon am nächsten Morgen fuhr ein Teil der Gruppe etwas Flussabwärts zum grossen Schwall beim Pont D’Arc, dem Wahrzeichen von Vallon, um dort zu üben. Ich hatte dort schon letztes Jahr recht actionreiche Fotos machen können, indem ich ein gutes Stück in den Fluss hineinwatete. Leider war aber dieses Jahr der Wasserstand spürbar höher, der Druck schon ein kleines Stück vom Ufer entfernt so gross, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es mich von den Beinen reissen würde. Nicht so schön, wenn mit Kamera und Objektiv gut 10.000 Euro versenkt werden. Warum nicht einfach ein Tele benutzen? Nun, weil es nicht das Gleiche ist. Der Bildwinkel wird mit steigender Brennweite immer “Paparazzi-mäßiger”. Das muss nichts schlechtes sein, als ich so am Ufer stand, mein mickriges 90mm betrachtete und mir mehr Reichweite wünschte, sehnte ich plötzlich mein 80-200mm R-Vario-Elmar herbei, das ich auf dem Campingplatz gelassen hatte.
Zum Surfen in die vorderste Welle fahren, sieht einfacher aus als es ist
Trotzdem konnte ich auch mit dem 90er Macro-Elmar einiges ausrichten. Zumal es gegenüber dem R-Objektiv den Vorteil hat, dass ich es durch den Messsucher fokussieren kann und nicht auf den elektronischen Sucher von unterirdischer Qualität angewiesen bin, für den es nie ein Upgrade gegeben hat, was ich mir vor zwei Jahren erhofft hatte. Ein Vögelchen namens Steve H. zwitscherte mir, dass die nächste M einen Hybrid-Messsucher hat, dann sind solche Warzen überflüssig.
Immer hübsch der Reihe nach
An dieser Stelle kommt mein üblicher Vortrag über das manuelle Fokussieren von bewegten Objekten. Es wird weiterhin oft unterstellt, dass man mit einer Messucherkamera ungefähr nur Stilleben fotografieren kann. “Au contraire“, kann ich nur sagen, alles Übungssache. Natürlich hat alles seine Grenzen (wozu habe ich die Leica Q?), aber mit etwas Geschick und der richtigen Technik kann man problemlos auch auf bewegte Motive fokussieren. Erste Option: Man fokussiert auf einen Punkt und lässt das Objekt an diese Stelle kommen, löst dann aus – Bingo, Bild im Kasten. Zweite Möglichkeit (für Fortgeschrittene): Nachverfolgung, man dreht dabei ständig den Distanzring vor- und zurück und korrigiert so etwa alle halbe Sekunde neu, die Kongruenz im Messfeld ist leichter zu erkennen, wenn man immer wieder kurz aus dem Fokus geht. Es ist klar, dass man damit nicht sechs Bilder pro Sekunde macht, aber “spray and pray” ist auch nicht mein Stil. Obwohl es auch für Serienbild-Aufnahmen seine Gründe gibt, muss ich hinzufügen.
Diese junge Dame ist noch nie beim Kentern unten geblieben, sie bleibt selbst im dicksten Schwall cool.
Wer mit dem vollkommen überladenen XR-Trekking in den Schwall fährt, will einfach kentern…
Für alle, die noch nie in einem Kanu gesessen haben, sollte ich noch anmerken: Was da so spielerisch leicht aussieht, nämlich vorne in der Welle zu “surfen”, erfordert viel Mut und Geschick. Die Kräfte, die dort herrschen, sind enorm, beim geringsten Fehler wird man verschluckt, durchgekaut und wieder ausgespuckt. Nun ist das hier eine ungefährliche Sache, sonst käme das auch nicht in Frage.
Allerlei buntes Treiben am Strand, erstes Foto: “Boys will be boys”
Anschliessend wird die Hälfte der Schlucht befahren bis zu einer Stelle, an der die Boote über Nacht gelagert werden. Zu diesem malerischen Ort führt ein kleiner, steiler Wanderweg, der die etwa zweihundert Höhenmeter überwindet, die sich der Fluss in den Kalkstein gefressen hat. Unser langjähriger Busfahrer, der dort mittlerweile jeden Stein kennt, holt die Bootsfahrer am späten Nachmittag ab.
Panorama der Schlucht, Flussschleife kurz vor unserem “Haus-Schwall” Dies Bild ist aus 11 Einzelfotos zusammengesetzt, die ich mit M240 und 21mm Super Elmar machte. Übrigens aus der Hand.
Der “Haus-Schwall”, Langzeitbelichtung mit 21mm Super Elmar und ND-Filter (10 Blendenstufen). Ein bisschen Spielerei muss auch mal sein.
Das Kochen ist immer eine Gemeinschaftsaktion und hat Eventcharakter… Nebenbei bemerkt: Viele Köche verderben nicht notwendigerweise den Brei!
Die Abende im Lager sind kurzweilig: Zunächst ist das Kochen für über vierzig Leute meist eine Gemeinschaftsaktion, zu der sich jeder auf seine Weise einbringt. Nach dem Essen spielen die einen Fussball, die anderen gehen in Kleingruppen an den Fluss oder zur Burg (Salavas), meistens aber wird Musik gemacht.
Eine kleine Hörprobe von Bulli mit seiner Ukulele. Möglicherweise sieht man hier zum ersten Mal, dass er nur ein Bein hat. Das hindert ihn nicht daran, wie alle anderen Boot zu fahren und in die Schlucht zu steigen.
Schliesslich waren nicht weniger als vier Gitarren, zwei Ukulelen und ein Cachon dabei (sogar meine Querflöte), da liegt es nahe, dass es fast jeden Abend eine Gig gab. Dann hatten wir auch Leute mit, die erstaunliche Talente zeigten, zum Beispiel Feuerspucker. Das war der Moment, als die Leica Q ihre Qualitäten unter Beweis stellen konnte. Schneller Autofokus, low-light-Kapazität und Serienbildaufnahme in rascher Folge sind die Mischung, die man dafür braucht und die Q vereint das auf sich.
Leica Q mit schneller Serienbildfunktion
Ich habe keinerlei Skrupel, eine Kamera im Boot mitzunehmen. Meist die M240, das 28mm Elmarit davor und das 75mm Apo-Summicron zum Wechseln, so bin ich eigentlich für alles Unterwegs gewappnet. Das 75mm führt eigentlich zu Unrecht ein Schattendasein, bei Offenblende erinnert die Zeichnung zum Beispiel sehr an das 50er Summilux. Neben den Aufnahmen im Schwall ist es auch eine exzellente Porträtlinse:
Porträts mit dem 75mm Apo-Summicron
Das 50er Summilux hatte ich dieses Jahr gar nicht mit, kurz vor der Fahrt hatte ich mich entschlossen, es mal zur Wartung ins Werk zu schicken, mir kam es so vor, als hätte es einen leichten Backfokus entwickelt. Vielleicht nur 2-3 cm auf eine Entfernung von 2m, aber das entscheidet schon darüber, ob ein Auge beim Porträt im Fokus liegt oder nicht. Als 50mm-Alternative war mein Summicron dabei, ein altes Objektiv aus den 80er Jahren, aber immer noch exzellent. Es entspricht in der optischen Formel immer noch dem heute produzierten (nicht zu verwechseln mit dem 50er Apo-Summicron), ich hatte es ebenfalls schon mal überholen lassen. Dabei wurde es auch kodiert, das erspart lästige Einstellungen, die man sowieso immer vergisst. Ich habe es wieder häufig benutzt, auch mit ND-Filter 0,9, um bei Sonne mit Blende f/2 arbeiten zu können. Es produziert dann ein wunderschönes, ruhiges Bokeh, so dass ich mein Summilux gar nicht vermisste. Ausserdem hat es noch einen Vorteil: Es ist klein und leicht.
Mit dem 50mm Summicron
Ganz in der Nähe des Campingplatzes startet ein interessanter Wandertrail. Ein (meist) trockenes Flussbett windet sich vom Fluss aus in das Kalksteingebirge hinein, dabei muss man steile Stücke überwinden, Schwindelfreiheit des Wanderers obligatorisch. Obwohl ich schon so oft an der Ardèche war, hatte ich diese spezielle Wanderung noch nie gemacht, also wurde es Zeit. Zum Klettern wollte ich auf keinen Fall eine Kameratasche umhaben, für diesen Einsatz war die Q also prädestiniert, die ideale Wanderkamera. Nicht, dass ich nicht auch bei solchen Gelegenheiten bedenkenlos die M mit 35er oder 28er Objektiv umhänge, aber es geht eben immer noch ein wenig bequemer. Die Q störte mich nicht beim Klettern, ich hatte sie stets griffbereit quer über der Schulter etwas unterhalb der Brust hängen, wie beim Skifahren.
Spannende Wanderung das trockene Flussbett hoch
Da wir schon bei Landschaftsaufnahmen sind: Der Wanderweg durch die Ardèche-Schlucht selbst ist auch sehr attraktiv. Eines Nachmittags ging ich von unserem “Haus-Schwall” (das ist die Stelle auf etwa halber Distanz der Schlucht, wo wir meist die Boote über Nacht liegen lassen) ein gutes Stück flussabwärts. Auch dieser Weg wird niemals langweilig: Er windet sich am Ufer entlang, mal durch den Wald, mal über Sand oder Kies, man muss abgestürzte Felsen umklettern oder geht eine Weile über freigeschwemmte Kalksteinplateaus. Ich hatte die M240 und die M3, geladen mit Fuji Velvia mit. Mal sehen, was daraus wird.
Auf einer Wanderung den Fluss entlang
Die ältesten anwesenden “Ehemaligen” waren übrigens das pensionierte Lehrerehepaar, das die Kanu-AG vor über vierzig Jahren gründete und auch die Tradition der Ardèche-Fahrt ins Leben rief. Sie weckten die Gruppe jeden Morgen um sieben Uhr sanft mit Gitarrenklängen und Gesang. Das 50er Summicron fängt die Szene ein
Langsam geht mir hier die Puste aus. Es ist fast nicht möglich, wirklich alle Facetten unseres Aufenthaltes zu erfassen, ich habe noch eine ganze Reihe Fotos auf Lager, die ich bearbeiten will, vor allem Schwarzweiss, denn ich will wieder eine Reihe davon in meinem Portfolio aufnehmen. Vielleicht stelle ich noch ein Video ein, ich habe zwar dieses Jahr nicht selbst gefilmt, aber nachdem sich die “GoPro”-Kameras steigender Beliebtheit erfreuen, gibt es einiges aus dem Schwall zu sehen.
Die Aufnahmen aus den GoPro’s wurden meist schon Abends im Zeltlager zur allgemeinen Belustigung angesehen, vor allem, wenn eine Kenterung dabei war.
Zu guter Letzt sei noch gesagt, dass mich mein Equipment wie gewohnt nicht im Stich gelassen hat. Meine M hat mittlerweile diesen “brassy” Look, den manche so stylish finden. Ich kann nichts dafür, keine Absicht, aber wenn sie in Rucksäcken oder in Booten herumrutscht, geht schon mal der Lack ab. Trotz vieler Stöße ist der Messsucher einwandfrei justiert. Die Q hat sich auch nicht beklagt, wenn sie mal gelegentlich gegen einen Felsen schepperte. Und die M3? Vermutlich kann ein Panzer darüber rollen, naja… jedenfalls fast…
Die Woche verging wie immer zu schnell. Und wer die Bilder sieht, ahnt vielleicht, warum diese Fahrt zu einer Art Kultveranstaltung mutiert ist. Von 13 bis 77 Jahre sind eigentlich alle Altersgruppen vertreten und verschmelzen zu einer Einheit. Das Abbauen geht ebenso schnell (oder schneller) wie der Aufbau, aber ist mit ein wenig Wehmut verbunden. Immerhin kann man schon mal beginnen, sich aufs nächste Mal zu freuen.
Spontanes Konzert beim Abbau (Take me home, country road)
Während der Woche erreichte mich durch Mike die Nachricht, dass jetzt Jonathan Slack bei uns mitmacht. Ich musste kurz unterdrücken, zu hyperventilieren, als ich die Mail las. Schon während der Rückfahrt übersetzte ich seinen Vergleich zum 28mm Summicron ASPH. Als ich den Artikel im Layout fertig hatte, war der E-Mail-Kontakt mit Jono, wie ich erwartet hatte: Er ist ein Supertyp ohne Allüren. Ich freue mich schon auf weitere Zusammenarbeit.
Anfang des Jahres brachte Leica in aller Stille neue Versionen von drei sehr populären Objektiven heraus:
35mm f/2 Summicron ASPH: Mit zusätzlichen Blendenlamellen
28mm f/2.8 Elmarit ASPH : Mit verbesserten optischen Eigenschaften
28mm f/2 Summicron ASPH: Mit verbesserten optischen Eigenschaften
Alle drei Objektive verfügen über Leicas verbesserte Gegenlichtblenden mit Gewinde.
Ich testete die drei neuen Objektive im Herbst 2015, es gipfelte in einem grossen Vergleichstest zwischen den Alten und den Neuen in Venedig, dabei benutzte ich drei verschieden Kameras (die Leica M240, Sony A7 Mark II und die Leica SL).
Die Ergebnisse waren ziemlich eindeutig, die neuen 28mm-Objektive waren den Alten offensichtlich überlegen. Dennoch waren diese Prototypen, es war nicht angebracht, Bilder davon zu veröffentlichen.
In der Zwischenzeit hatte Sean Reid einen exzellenten Artikel über die Objektive an der M240 und der SL geschrieben (er verlangt eine kleine Subskriptions-Gebühr, die Ihr Geld wirklich wert ist), einen Bericht über den praktischen Gebrauch im Feld als auch sorgfältige Studio-Tests.
Ich benutzte das alte Summicron mehrere Jahre und hatte es mit der Einführung des unvergleichlichen 28er Summilux asph. verkauft. Das Summilux ist allerdings vergleichsweise groß und schwer, ausserdem war ich von dem neuen Summicron so beeindruckt, dass ich mir kürzlich selbst eins gekauft habe, einfach um leicht reisen zu können.
Wenn ich die Diskussionen im Internet und meine E-Mail-Korrespondenz betrachte, kommt es mir so vor, als wenn die Verbesserungen an den drei Objektiven nicht richtig wahrgenommen werden. So kam mir die Idee, einen Vergleichstest durchzuführen. Eine Reise nach Le Marche in Italien, um Vieri Bottazini zu treffen, schien eine gute Gelegenheit zu sein, ein paar Aufnahmen in der klaren Luft der Appeninen zu machen.
Ivor Cooper von Red Dot Cameras in London lieh mir freundlicherweise ein altes 28er Summicron und mein Sohn Silas stellte seine Sony A7 Mark II für das Wochenende zur Verfügung.
Es wäre schön gewesen, auch die Elmarite für den Test zu haben, aber es war zu kompliziert, sie in der kurzen Zeit zu besorgen. Meine vorangegangenen Tests in Venedig hatten mir allerdings gezeigt, dass die Verbesserungen ziemlich gleichartig waren, also lohnte es sich auf jeden Fall, das Summicron auch allein zu testen.
Das 28mm Summicron ASPH.
Dieses Objektiv war seit seiner Einführung im Jahr 2000 bei Leica-Fotografen sehr beliebt. Trotz seiner perfekten Schärfe hat es eine weichere Zeichnung als die meisten anderen hochwertigen Weitwinkel-Objektive. Reportage-, Street- und Landschaftsfotografen schätzten es gleichermaßen.
Es ist allerdings sehr problematisch, will man es an Kameras anderer Hersteller benutzen, insbesondere der Sony A7 Reihe, aber auch an Leicas eigener SL. Das hintere Linsenelement ist sehr nah an der „Filmebene“ und erzeugt einen extrem flachen Eintritts-Winkel zum Sensor. Für die Filmkameras, für die das Objektiv konstruiert wurde, war das nicht so tragisch, aber der Durchmesser des Deckglases und die Konstruktion des Mikrolinsensystems bei digitalen Kameras erzeugt echte Hindernisse, die sich in Form von weichen Ecken und Auftreten von Colour-Shift über das ganze Bild äussern.
Das spezielle Mikrolinsen-Design und das relativ dünne Deckglas bei der M240 trugen dazu bei, das Beste aus dem Objektiv herauszuholen. Die Leica SL verfügt zudem in ihrer Firmware über ein Korrektur-Profil für das Objektiv. Nichtsdestotrotz ist es eines der wenigen Objektive, das auf der M240 bessere Ergebnisse zeigt. Auf den Sony-A7 Kameras ist es (meiner Meinung nach) ein no-go Objektiv.
Veränderungen im Design
Die drei neuen Objektive kommen in den Genuss der neuen, aufgeschraubten Gegenlichtblenden. Das ist eine echte Verbesserung, die alten Gegenlichtblenden waren groß und klobig und die metallischen Klemmen verkratzten schnell den Schaft des Objektivs, oder noch schlimmer, neigten dazu, sich zu lösen und verloren zu gehen.
Davon abgesehen sind die äusserlichen Unterschiede zu den alten Objektiven nicht sehr offensichtlich. Dennoch wurden die optischen Eigenschaften vor allem zum Gebrauch mit digitalen Kameras radikal verbessert. Die Verzeichnung der Objektive wurde verringert (dadurch sind die Ecken auch bei großen Blenden schärfer), die MFT-Werte des 28er Summicron sind besser.
Beim 35er Summicron hat man an der Optik nichts verändert. Es hat allerdings zwei zusätzliche Blendenlamellen, die die Öffnung abrunden und so ein schöneres Bokeh erzeugen (ausser natürlich bei voller Öffnung).
Test-Bedingungen
Das hintere Linsen-Element ist dem Sensor bei Unendlichkeit am nächsten, also lag es nahe, die Objektive so nah wie möglich an dieser Einstellung zu prüfen, das ist nicht immer so einfach, besonders weil die Luftbeschaffenheit (besonders Diesigkeit bei Hitze) die Ergebnisse ernsthaft beeinflussen kann.
Ich habe ein paar Bilder einer alten Scheune aus einer Entfernung von etwa 4 Metern hinzugefügt, die ich noch in England gemacht hatte. Die Tests waren interessant, weil sofort klar wurde, wie stark die Verzeichnung bei den alten Objektiven ist (nicht, dass mir das beim normalen Fotografieren aufgefallen,wäre… ich wußte nur, dass man weiche Ecken bekam, wenn man den Messsucher zum fokussieren benutzte!)
Obwohl der Anschlag des Entfernungsrings bei Leica-Messsucher-Kameras normalerweise ziemlich der Unendlichkeit entspricht, trifft das nicht auf andere spiegellose Kameras zu, bei denen man oft über die Unendlichkeit hinaus fokussieren kann. Also war es wichtig, mit Fokus-Bracketing zu arbeiten, um auf jeden Fall den bestmöglichen Fokus zu gewährleisten.
Die Belichtung ist ebenfalls knifflig, vor allem bei Offenblende, wenn mehr Vignettierung dazukommt. Am meisten bei der Sony, weil sie keine Profile für die Leica-Objektive hat. Es mag etwas dafür sprechen, den Vergleicht mit abgeschalteten Profilen bei den Leicas zu machen, die Ergebnisse wären sicher interessant, würden aber wohl kaum für den realen Gebrauch von Nutzen sein.
Ich habe die Sony mit dazu genommen, weil viele Sony-Benutzer mit Leica Objektiven arbeiten, manche lassen sogar die Stärke des Deckglases über dem Sensor reduzieren. Das ist nicht als Kritik an Sony gemeint, die hervorragende und spannende Kameras produzieren und von denen man nicht erwarten kann, dass sie ihre Kameras für den Gebrauch von Leica-Objektiven optimieren – besonders nicht in Hinsicht auf ihre Zusammenarbeit mit Zeiss. Es zielt auf Besitzer von Leica-Objektiven ab, die erwägen (oder schon dabei sind) eine Sony A7 zu verwenden.
Die drei Kameras, die ich auswählte, sind zur Zeit die einzigen, die digitale Vollformat-Bilder mit M-Objektiven ermöglichen und obwohl es verschiedene Modelle der jeweiligen M- oder A7-Reihe gibt, hat sich die Glasstärke des Deckglases und die Mikrolinsen-Konstruktion innerhalb der Reihen nicht geändert.
Ich erwähnte schon weiter oben, dass das 28er Summicron das wahrscheinlich Forderndste der gegenwärtigen Leica-Objektive ist. Viele der modernen Weitwinkel-Objektive wie die weiten Summiluxe (21,24 und 28) sind weniger schwierig und das Weitwinkel-Tri-Elmar zeigt auch bessere Ergebnisse.
Ganzes Bild, Nah
Ganzes Bild, Unendlich
Ergebnisse
Leider war das Licht in Le Marche nicht das, was ich mir erhofft hatte, aber wenigstens war es konstant. Die vier-Meter-Aufnahmen wurden an einem grauen Tag in England gemacht, nicht gerade berauschend, aber gut für den Test.
Für alle Aufnahmen in Italien und bei denen von der Scheune mit der Sony und der SL benutzte ich Tageslicht als Weissabgleich, aber dummerweise hatte ich automatischen Weissabgleich bei der M240 eingestellt, als ich die Scheune fotografierte, also sind diese etwas wärmer im Ton.
Die Belichtung habe ich etwas korrigiert. Das war nötig, weil insbesondere die Sony viel mehr Vignettierung aufweist (sie hat keine Objektiv-Profile). Der Zweck des Tests war ein Vergleich von Auflösung und Qualität, nicht der Vignettierung, also habe ich diese nach Kräften ausgeglichen.
Ich habe bei jedem Bild die gleiche Ecke gewählt, um die Auflösung am Rand zu zeigen, aber auch die zur Bildmitte hin, die nicht weit entfernt ist. Die Gruppen sind in Photoshop erstellt und bei voller Auflösung abgespeichert. Man kann auf jedes Bild klicken, um es grösser zu sehen (oder sie hier herunterladen).
Schlussfolgerungen
Ziemlich eindeutig. Das neue 28er Summicron zeigt beträchtliche Verbesserungen gegenüber dem alten Modell, insbesondere weit offen, und insbesondere mit der Leica SL und der Sony A7 Mark II. Bei der M240 ist ebenfalls eine Verbesserung spürbar, aber da das Mikrolinsen-Design das alte Objektiv besser unterstützt, ist diese nicht annähernd so deutlich.
Möchte man Landschafts-Fotografie mit diesem (oder anderen) Leica Objektiven betreiben, denke ich, das sich die SL wesentlich besser eignet als die Sony. Will man aber die beste Performance, ist die Leica M immer noch erste Wahl im Gebrauch mit M-Objektiven.
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Alle Bilder in diesem Artikel sind von Jonathan Slack. Produktbilder von Leica.
Normalerweise flachen zweite Teile ja schnell ab. Was jedoch diese Neuauflage des Teamworks Leica M/Leica Q betrifft, hat sich die Kombination in ihrer Effizienz für gedankenschnelles Arbeiten mit verschiedenen Brennweiten ohne die Notwendigkeit von Objektivwechsel erneut bewiesen. Wer jetzt einwendet, das könne man mit einem guten Zoom-Objektiv noch viel bequemer erreichen, ohne gleich zwei Kameras herumzuschwenken, dem sei gesagt, dass ich kein Zoom-Objektiv kenne, das den “Look” einer Leica Summilux-Festbrennweite, sei es 50er oder 28er, reproduzieren kann, geschweige denn so lichtstark ist.
Frisch dem Grab entstiegen
Scary – Leica Q bei f/1.7 1/125sec Dieses Bild ist mit 10 000 ISO gemacht. Minimale Rauschunterdrückung (Luminanzrauschen in LR, Wert: 21)
Seit einigen Jahren nun begleite ich die Jahreskonzerte der Musikschule Porta, jedesmal ein Highlight. Aber diesmal: Kaum noch zu toppen! Unter der Gesamtleitung von Christiane Pesendorfer wurden Teile des Musicals “Tanz der Vampire” gebracht, die das Publikum förmlich aufsaugte (man beachte das raffinierte Wortspiel). Eine unglaubliche Menge von anderen Menschen, vom Ensemble mal ganz abgesehen, war an der Realisierung dieses Projektes beteiligt, aber ich überlasse es der Internet-Seite der Musikschule Porta, die “Credentials” zu geben. Das Musical war nur ein Teil des Jahreskonzerts, es gab noch einige andere Beiträge, aber ich beschränke mich hier, sonst sprengt das den Rahmen.
Akteure lauschen der Regie: Das 50er Summilux erschafft ein gemäldeartiges Bild im Chiaroscuro-Stil
Für mich hiess es diesmal: Bühnenfotografie! Ich liebe dieses Genre! Wenn ich in ein Theater gehe, schaue ich mir neidvoll die Programmhefte an und seufze im Stillen, das es mir doch auch einmal vergönnt sein möge, ganz nah man Geschehen die Emotionen einzufangen.
Eine gute Fee besuchte mich schon irgendwann im Herbst letzten Jahres. Sie liess Glitzer aus ihrem Zauberstab über mich regnen und verkündete: “Mein Name ist Isolessa Summilux, ich bin die gute Fee der Fotografen. Freue dich, dein sehnlichster Wunsch wird in Erfüllung gehen!”
Ich freute mich, aber zermarterte mir das Hirn. Was war das noch gleich? Aussehen wie George Clooney? Dann fiel’s mir ein: “Cool! Das Date mit Jennifer Lawrence, wann…?”
“Mumpitz”, sagte die Fee leicht angesäuert. “Bühnenfotografie!” Da hatte ich’s. Ich freute mich noch mal, die Zeit verging, und gestern war’s soweit: Die Show fand vor ausverkauftem Haus statt! Ich war vorbereitet.
Das Ensemble. Hinter der Bühne musste ich immer aufpassen, nicht plötzlich ein paar Liter Blut zu verlieren.
Eigentlich fotografiert man bei den Proben, nicht bei der Aufführung selbst. Und auch in diesem Fall war es ein Segen, dass es eine Generalprobe mit Kostümen gab, denn da kann der Fotograf sich nach Herzenslust auf der Bühne bewegen. So war das die Gelegenheit für einige “Close-ups”.
Ausserdem konnte ich mich mit den Gegebenheiten vor und hinter der Bühne vertraut machen, auch von wo welche Akteure auftauchen und wie sie sich dann auf der Bühne bewegen, um immer einen günstigen Aufnahmewinkel zu haben. Bildkomposition in dem Zusammenhang ist kein Zufall, sondern Ergebnis vorausschauender Planung. Zur rechten Zeit am rechten Ort und so weiter, bla, bla.
Steif gefroren
Professor Ambronsius ahnt etwas.
Bücher! Jede Menge!
Herbert, der Sohn des Grafen Krolock
Überraschung!
Schon Vampir!
Ich wuselte also sowohl bei der Probe als auch bei der Aufführung an strategisch günstige Positionen. Dabei spritze ich immer wieder “Backstage”, weil sich in der “Maske” auch Interessante Sachen abspielten. Ich wünschte, ich hätte einen “Zeitumkehrer” wie Hermione in H.P., oder meine eingebildeten multiplen Persönlichkeiten wären real vorhanden, dann könnte ich überall gleichzeitig sein. No such luck.
Spieglein, Spieglein… immer was los in der Maske
Meine “Arbeitspferde” waren also die M240 mit dem 50er Summilux (den Blendenring bei f/1.4 festgeschweisst) und die Q, die ich auch meist weit offen gebrauchte, aber gelegentlich abblendetete, um die Tiefe der Bühne zu erreichen. Mit den beiden Kameras (und den beiden Brennweiten) konnte ich eigentlich alle “kompositorischen” Bedürfnisse stillen. Aber von Ehrgeiz zerfressen, hatte ich noch zwei weitere Kameras dabei: Meine M3, geladen mit Kodak Tri-X und die Fuji X70.
Porträt mit 50er Summilux weit offen
Vor die M3 kam mein 35er Summilux, weil ich mit dem 400 ASA-Film Lichtstärke brauchte. Etwas unpraktisch wegen des Suchers, der nicht den ganzen Bildwinkel des 35ers zeigt, aber das 50er Summilux wollte ich vor der M haben und mein 50er Summicron ist zwar ein Klasse-Objektiv, aber mir fehlt dann eine ganze Blendendstufe und das macht sich in dem Bereich schnell bemerkbar. Ich hatte mich ziemlich spontan entschieden, die M3 mitzunehmen, so hatte ich zuhause nur den Tri-X, nichts Empfindlicheres. Man kann natürlich den Film auf 800 ASA “pushen”, aber ich wollte nicht zu grobes Korn, ausserdem kam ich bei der dort vorherrschenden Beleuchtung meist mit 1/30 oder 1/50s aus, das reichte mir. Auf das Ergebnis der zwei Rollen Film, die ich belichtete, muss natürlich noch etwas gewartet werden. Ich weiss noch nicht, wann ich die Zeit für die Entwicklung finde.
Herbert findet Alfred zum anbeissen
Wenn ich zwischen den drei Sucherkameras “switchte”, war das ein sehr unterschiedliches Erlebnis. Die Q gewährt einen ziemlich “elektronischen” Blick, aber selbst bei der Beleuchtung, mal schummrig, mal blendend helle Scheinwerfer, immer problemlos. Der Blick durch den Sucher der M240 ist für mich so normal wie der aus meinem Wohnzimmerfenster. Aber jedes Mal, wenn ich die M3 ans Auge hob, grenzte das an Reizüberflutung: Diese Helligkeit, diese… Größe! Man taumelt fast einen Schritt zurück, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Der beste Sucher, der je in eine Kamera gebaut wurde. Sie ist jetzt 60 Jahre alt.
Die X70 fristete ein Schattendasein. Für solche Gelegenheiten hatte ich sie auch nicht für mich gedacht, aber ich machte ein paar Fotos zwischendurch, um sie mal bei diesen Lichtbedingungen zu testen. Ausserdem erwies sich das schwenkbare Display wieder als vorteilhaft, weil ich mich mit Kamera auf Hüfthöhe unbemerkt an meine Beute schleichen konnte.
Strecken ihre kalten Glieder
Erwachen
Voll da!
Verdammt zur Ewigkeit
Ich wechselte also Kameras wie ein Zirkusjongleur. Aber nach Sichtung aller Bilder muss ich feststellen: Am häufigsten benutzte ich die Q, weit öfter als die M240, die mir zwar einige schöne Shots mit schöner Isolierung des Objekts brachte, aber für den Gesamteindruck war mehr die Q verantwortlich.
Die Gräber öffnen sich
Der heilige Barnack steh mir bei, wenn das, was ich gleich zu Papier, äh, auf den Bildschirm bringe, möglicherweise den Tatbestand der Häresie erfüllt aber… die Q allein hätte den Job auch geschafft! Da, jetzt ist es raus…möglicherweise holen mich bald die Schergen aus Wetzlar, um mich dem Großinquisitor Dr. Kaufmann vorzuführen, aber ich stehe zu meiner… abartigen Lehre.
Die sind nicht zum Kuscheln! Der weite Bildwinkel der Q ist der bizarren Szenerie angemessen
Wenn es nicht ausdrücklich um Isolation des Motivs ging, war der Weinwinkelblick der Q sogar besser geeignet, die bizarre Szenerie darzustellen, als der relativ “langweilige” Bildwinkel des 50ers auf der M. Aber natürlich gilt: Sonst habe ich, statt mit Kameras, mit Objektiven jongliert. In den Vorjahren hatte ich aus eben diesen Gründen alles von 21 bis 200mm vor der M und das ging hervorragend. Meine provokative These ist, dass man mit einer guten Kamera mit Festbrennweite bewaffnet alles abdecken kann, vorausgesetzt, man darf nah genug heran. Das haben auch schon genügend Leute mit der Fuji X100 bewiesen.
Gruselbraut
Bühnenfotografie ist eigentlich eine Schwarz-Weisse Domäne. Aber dies ist eine Ausnahme, und wer die Bilder anschaut, versteht hoffentlich, warum. Mit Beleuchtung, Masken und den Kostümen fand ein Farbenrausch statt, der zum Gesamteindruck unbedingt dazugehört (dennoch bin ich auf die Tri-X Bilder gespannt). Übrigens, Farben: Man merkt die unterschiedliche Gewichtung im Weissabgleich zwischen Q und M. Die Q ist deutlich kühler (und ich muss sagen, realistischer) als die M, ebenso sind die Hauttöne der Q angenehmer. Bei der M muss man immer ein bisschen tricksen, bis es passt.
Die letzten Pinselstriche
Duett: Totale Finsternis
Pause
Grauenvolle Gesellschaft
Gewusel in der Maske
Sarahs Solo
Der Graf umgarnt sein Opfer
Die Ahnen sehen zu
Tanz der Vampire
Vampire? Die gibt's hier nicht!
Ich denke, man kriegt so langsam einen Eindruck, was da los war. Das Schwierigste war, hinterher überhaupt Bilder auszusortieren, denn ich habe nicht die Entschuldigung, dass viele einfach nichts geworden sind. Kaum unscharfe oder verwackelte Fotos. Wenn, dann wegen meiner Unzulänglichkeit, das Summilux zu fokussieren. Die Q hatte ich im Single-Modus, der Autofokus nagelte alles auf den Punkt fest, die Bildstabilisierung tat ihr übriges.
Wenn ich die Bilder ansehe, die hier gezeigt werden, habe ich immer den Eindruck, es fehlt noch was. Davon abgesehen, dass ich den ganzen ersten Teil des Konzertes verschweige, aber wer sich mehr Bilder ansehen will, für den werde ich die entsprechende Seite der Musikschule verlinken, wenn sie online ist.
Best friends forever... im wahrsten Sinn des Wortes
Hi there!
Try me!
A chorus line
Porträts habe ich ohne Ende gemacht. Mein gewohnter Ansatz ist, dafür wenigstens 50er, 75 oder 90er Brennweite zu nehmen, aber die 28mm der Q sind kein Problem, wenn man nicht zu nah herangeht.
Die Porträts der Ahnen
Mein Fazit? Gebt mir eine Q, lasst mich nah genug heran, und ich mache damit alles, ohne dass ihr etwas vermisst. Gebt mir eine M mit 50er Summilux dazu, und ich zeige euch, was ihr vergessen habt, zu vermissen!
50er Summilux: Perfekte Isolation
Alle Bilder sind als DNG’s in Lightroom entwickelt, nur die Tonwerte angepasst, bei den Fotos der M240 manchmal die Farbtemperatur etwas kühler eingestellt. Entweder gar keine oder minimale Rauschunterdrückung (zwischen 160 und 10 000 ISO kam alles vor), dann als JPG’s exportiert.
Nebenbei: Für die Fortsetzung von “Falsches Spiel in Camera City” brauche ich noch etwas… aber sie kommt.
Falls sich jetzt jemand fragt, ob ich im Publikationswahn bin, sei gleich gesagt, dass ich vorhabe, mich über Ostern entspannt zurückzulehnen und die Zeit zu geniessen. Ausser einer Sache, und das ist “just for fun”. Ich möchte nämlich noch einen Artikel über die Fuji X-Pro2 von Macfilos übersetzen und hier einstellen, denn ich glaube, dass diese Kamera von allgemeinen Interesse ist.
Obwohl ich noch vor kurzem behauptet und selbst geglaubt habe, ich müsste dieses Jahr nicht zur Lasershow von “Der Hermann leuchtet” fahren, fand ich mich gestern Abend überraschend am Steuer meines Autos wieder, auf der Landstrasse nach Detmold. Irgendwie muss eine meiner multiplen Persönlichkeiten noch gestern Nachmittag meinen guten Freund Volker angerufen haben, der auch gerne fotografiert, und mit ihm vereinbart haben, dorthin zu fahren. Jedenfalls behauptete er das (mein Freund, nicht die multiple Persönlichkeit).
Dieses “Alter Ego” also, nennen wir es mal… Quentin, hatte dafür gesorgt, dass ich nur die Leica Q dabei hatte. Irgendwie hatte er es geschafft, Merlin kaltzustellen. Wer Merlin ist? Nun, sein Name fängt mit M an, also… ich sagte ja, multiple Persönlichkeiten.
Ich beschloss, später herauszufinden, was mit Merlin war und mir die Laune nicht durch die Intrigen meines Unterbewusstseins verderben zu lassen. Ich bin ja nicht verrückt.
Volker und ich waren so in ein “nerdiges” Gespräch über Kameras vertieft , dass ich erst nach sechs Kilometern merkte, das ich längst am Denkmal vorbei gefahren war… Gottseidank waren unsere Frauen nicht dabei, oder sie hätten uns mit Spott überhäuft wie der Chor einer griechischen Tragödie.
Übrigens, das Denkmal… Hermann, oder “Arminius” – ein Relikt aus einer Zeit, als man verzweifelt nach Volkshelden suchte und alles verklärte, was die so angestellt haben. Entgegen der damaligen Auffassung, er sei der “Befreier Germaniens”, weil er in der “Varusschlacht” drei Legionen abgemurkst hat, sieht es heute eher so aus, als hätte er hauptsächlich eigene Interessen verfolgt. Schliesslich war er selbst bei den Römern aufgewachsen und hatte für sie als Offizier gedient, bis er zu seinem Stamm, den Cheruskern, zurückkehrte und Thusnelda, die Tochter des Oberbonzen Segestes, zur Frau nahm. Sie war seine Tussi. Jedenfalls, bevor die Geschichte zu lang wird: Es ist sehr zweifelhaft, dass er mit einem fröhlichen Lied auf den Lippen für den Erhalt von Bratwurst und Brezeln kämpfte.
Ich frage mich sogar, ob man ihn noch posthum verklagen kann, dass er die Römer vertrieb. Der Schaden für die Tourismusindustrie ist immens! Man denke nur, wie viel lukrative Ruinen die hier hinterlassen hätten!
Naja, jedenfalls residiert dieser Bronze-Pseudo-Siegfried da im Teutoburger Wald und dient wenigstens als beliebtes Ausflugsziel…
Nach einem eleganten Wendemanöver stiessen wir an der Abzweigung der Strasse zum Denkmal auf einen unnachgiebigen Wächter, der sich todesmutig vor unser Auto warf und uns am weiterfahren hinderte. War der Heldenmut durch die unmittelbare Nähe zum Hermann inspiriert oder war er einfach nur stoned? Er beharrte darauf, dass der Parkplatz oben auf dem Berg voll war und wir die Park + Ride – Möglichkeit nutzen sollten, die vom Heimatmuseum abging. Dabei deutete er auf einen Gelenkbus, der gerade vorbeifuhr und in dem sich eine derartige Menge Menschen quetschte, dass die Verkehrsbetriebe von Tokyo noch eine Menge hätten lernen können, was effektive Personenbeförderung betrifft. Der Anblick liess uns spontan beschliessen, noch eine kleine Wanderung zum Denkmal zu machen. Die etwas über drei Kilometer bergauf waren kein Problem, aber es war schon ziemlich dunkel und ab und zu kam einer dieser Busse vorbei, vollbeladen mit verdammten Seelen… aber nein, hinter dem Steuer sass wider Erwarten kein Knochenmann, sondern ein von lippischer Hausmannskost wohlgenährter Busfahrer mit rosigen Wangen.
Oben angekommen, konnte von Verdammnis keine Rede sein. Zu unserem Erstaunen waren die Fahrgäste ohne Knochenbrüche, innere Blutungen oder verlagerte Organe aus dem Bus gekommen. Man tummelte sich feuchtfröhlich an den zahlreich vorhandenen Theken oder flanierte über das Gelände. Der Wald war bunt illuminiert und der Hermann von einer Batterie giftgrüner Laser umgeben, die seinen Standort vermutlich selbst auf dem Jupiter preisgaben.
Alles hübsch bunt, klarer Fall von Augenkrebs…
Mein Freund und ich erforschten die Location, ich machte auch mal ein Bild der Statue von vorne, denn aufgrund der Beschaffenheit des Geländes ist für ausreichen Zuschauer nur dahinter Platz, also wendet uns der Möchtegern-Germane bei der Show unhöflich sein Hinterteil zu. Ich beschloss, die Bildstabilisierung einzuschalten, die ich bisher mit Skepsis betrachtet hatte, stellte auf eine 1/10sec und machte Bilder aus der Hand. Das war kein Problem, ich muss bei Gelegenheit mal die Grenzen austesten, irgendwo habe ich gelesen, dass Bilder aus der Hand bei einer 1/2 Sekunde möglich sind (natürlich funktioniert das alles nur, wenn sich das Motiv nicht bewegt. Der Hermann stand vorbildlich stocksteif da, obwohl man schon vom Hinsehen einen lahmen Arm bekommt…).
Hermann mal von vorne, schon vom Hinsehen wird der Arm lahm
Bevor die Show begann, suchten wir uns einen geeigneten Standort, der bei 28mm Brennweite einen passenden Bildausschnitt bot. Um uns herum waren eine Menge anderer Foto-Enthusiasten mit Kameras aller Kategorien und Stativen. So ein Ding hatte ich aus alter Gewohnheit auch mitgebracht, aber mir wurde jetzt klar, dass das völlig überflüssig war. Sicher, für ein paar “Standfotos” bei niedriger ISO war es o.k., aber bei den meisten Fotos heute Abend ging es um rapide ablaufende Laser, die entsprechend kurze Belichtungszeiten erforderten., sonst würde man auf den Fotos nur Schlieren sehen. Wozu also hatte ich mich überhaupt mit dem sperrigen Teil belastet? Es nervte mich schon geraume Zeit. Quentin lächelte überheblich aus den Tiefen meines Bewusstseins. Er hätte es gleich sagen können. Ich ignorierte ihn und stopfte das überflüssige Stativ in ein Versteck unter einer der Hütten, um die Hände frei zu haben.
Das unvermeidbare Selfie
Ich bin eigentlich ein Typ, der sein Motiv durch den Sucher betrachtet, vorzugsweise durch einen optischen. Es widerstrebt mir, die Kamera wie ein Kind mit einer stinkenden Windel mit ausgestreckten Armen zu halten. Aber man muss auch mal flexibel sein. Bei den vielen Menschen um uns herum war es eindeutig von Vorteil, die Kamera über den Kopf zu heben und mit Live-View zu arbeiten. Die Blende hatte ich natürlich ganz offen, ISO auf Automatik (auf max. 6400 begrenzt) und die Belichtung manuell auf 1/60, dann auf 1/125 gestellt. Die Bildstabilisierung hatte ich angelassen. Ach ja, als Belichtungsmessmethode wähle ich immer “Mittenbetont”, irgendwie komme ich damit am besten zurecht und hier war das sogar sehr sinnvoll, weil das meiste Licht in der Bildmitte entstehen würde. Mehrfeldmessung würde die eher dunklen Bildränder mit einbeziehen und tendenziell eine zu lange Belichtung einstellen (oder höhere ISO), Spot-Messung nur die helle Bildmitte in Betracht ziehen und zu stark unterbelichten.
Man wartet gespannt auf die Show
Die Lasershow begann, um mich herum ratterten die Verschlüsse. Ich hatte zunächst überlegt, die Entfernung manuell einzustellen, aber wollte dem Autofokus einen Chance geben. Und der hatte auch tatsächlich nicht die geringsten Schwierigkeiten, Bild auf Bild den Fokus auf den Punkt festzunageln. Ich hatte auf “S” (Single-Mode) gestellt, weil es normalerweise nicht meine Art ist, beim Fotografieren nach dem Motto “Spray and Pray” vorzugehen. Da ich aber jetzt fast unaufhörlich den Auslöser betätigte, kann das der Sache schon ziemlich nahe. Der Pufferspeicher der Kamera schluckte alles klaglos, die rote Leuchtdiode, die den Schreibvorgang auf die Karte anzeigt, blinkte unaufhörlich, aber ich musst nicht einmal eine Zwangspause einlegen. Das fotografieren ging so idiotisch einfach, dass ich viel zu viele Bilder machte. HCB hätte mich vierteilen lassen, vom “Instant décisif” konnte keine Rede sein. Am Ende hatte ich fast 450 Bilder (DNG+JPG). Aber obwohl die Kamera pausenlos im Live-View-Betrieb lief und diese Menge Bilder gemacht hatte, war der Akku noch zu 2/3 voll.
Gegenüber letztem Jahr hatten die Veranstalter mächtig aufgerüstet, es war deutlich mehr Spektakel und Effekt. Ich war doch froh, dass Quentin mich hierhergelockt hatte. Volker kam übrigens mit seiner Fuji X-E2 auch bestens zurecht (ebenfalls ohne Stativ). Ich wage zu behaupten, dass die Qualität seiner Bilder ebenfalls sehr gut ist und (mal wieder) den Preisunterschied der beiden Kameras von locker 3000 Euro in keiner Weise widerspiegelt.
Hatte ich schon erwähnt, dass es kalt war? Antarktisch. Zwischendurch mussten wir unsere steifen Finger an einem Becher (alkoholfreien) Punsch aufwärmen, sonst hätte jedenfalls ich nicht mal mehr den Auslöser drücken können. An vernünftige Handschuhe hatte ich nicht gedacht, denn die Q (wie auch die M) kann man damit ganz gut bedienen, das hatte sie im Skiurlaub bewiesen (nur den Touchscreen muss man vergessen). Nach etwa zwei Stunden beschlossen wir, dass es sich nicht lohnte, für weitere Fotos erfrorenen Gliedmaße in Kauf zu nehmen. Wir gingen verächtlich an dem schon wieder vollgestopften Shuttlebus vorbei und machten noch mal die kleine Nachtwanderung, dabei wurde uns wenigstens wieder warm. Vor allem, wenn wir uns mit einem Satz in den Graben vor dem Bus in Sicherheit bringen mussten.
Zuhause hatte ich die Qual der Wahl beim aussortieren der Fotos. Die ISO lag meist zwischen 1000 und 3200, manchmal bei 6400. Ich hielt mich mit der Rauschunterdrückung in LR stark zurück. Wenn man in den dunklen Bildbereichen etwas Luminanzrauschen sieht, ist mir das lieber, als alles platt zu bügeln.Quentin bemerkte selbstgefällig, dass ich kaum Ausschuss hatte, Merlin war neidisch und stocksauer, dass er ausgetrickst worden war. Ich blendete das Gezeter der beiden aus und ging todmüde ins Bett. Vielleicht sollte ich meinen Kopf doch mal untersuchen lassen.
Eine Weile ist vergangen, seit ich den letzten Blog schrieb. Es gab so vieles anderes, das mich beschäftigte ausser Fotografie. Das heisst nicht, dass ich nichts fotografiert habe (meist innerfamiliäres). Ebenso habe ich wie gewohnt die großen fotografischen Webseiten verfolgt (eigentlich eine tägliche Routine), aber auch dort gab es nichts bahnbrechendes zu berichten. Zumindest, was meine Zielgruppe betrifft. Es gibt Neuauflagen von professionellen DSLR’s und von Kameras im spiegellosen Segment mit kleineren Sensoren, beides für mich ohne Interesse.
Ich gebe zu, dass ich ein wenig Schadenfreude empfunden habe, als der Review der Sony RX1R II bei DPreview herauskam und man am Ende (vorsichtig) durchblicken liess, das in den Augen der Tester die Leica Q gegenüber der Sony (in gewisser Weise) zu bevorzugen sei. Erstaunt war ich auch, denn ich hatte angenommen, dass Sony inzwischen den “automatischen Gold-Award” gebucht hatte. Es gibt noch Überraschungen.
Auf derselben Website gab es vor ein paar Tagen einen Bericht über die Leica Q im Einsatz bei einem Hochzeitsfotografen. Dies war… gelinde gesagt “underwhelming”. Oh, er war verständig genug, hat die richtigen Dinge gesagt, “great Lens”, “schneller Autofokus”, “tolle Farben”, und so weiter in der Art. Aber die Bilder dazu… ich will auf keinen Fall zu sehr darauf herumhacken (es gibt genügend mittelmässige Bilder auf meiner Webseite, von geschmacklichen Erwägungen beim Postprocessing ganz abgesehen), aber… um es mal so auszudrücken: Wenn ich auf einer so großen Webseite einen Bericht abliefere, dann müssen zumindest zwei, drei Bilder richtige Whopper sein. Da das Bildmaterial eher durchschnittlich war, fing der Mann sich einen Haufen Troll-Kommentare ein, die weder er noch die Q verdient haben. Immerhin zeigt der Beitrag, dass Profis wie er, die sich sonst nur auf ihre DSLR’s als “Workhorses” verlassen haben, Kameras wie der Leica Q eine Chance geben. Überhaupt hat die Q anscheinend eine ganze Menge Leute dazu gebracht, Leica als Kamerahersteller (wieder) ernst zu nehmen. Nicht wenige, die sonst mit Leicas gar nichts anfangen konnten, haben sich eine Q zugelegt.
Auch wenn ich gerade keinen neuen Blog schreibe, freue ich mich über den stetigen Zustrom von Kommentaren und E-Mails, durch die ich interessante und nette Leute kennen lerne (bisher wurde ich von Trollen verschont, mal sehen, wie lange noch…). Es sind oft Anregungen oder auch Anfragen zu technischen Details, die ich gerne beantworte. Neulich bekam ich sogar ein Script “geschenkt”, das verhindert, dass beim herunterladen von der Speicherkarte auf die Festplatte die (an sich) überflüssigen JPG’s der Leica Q mit geladen werden und Speicherplatz fressen. Vielen Dank nochmal! Aufmerksam machen möchte ich noch auf einen “Leica-Kollegen”, Kai-Torsten Steffens, der hauptsächlich mit einer M7 und (analog-) MP fotografiert und eine Schleswig-Holstein-Webseite mit vielen interessanten Inhalten aufgebaut hat. Für seinen (sehr lesenswerten) Beitrag zur Insel Sylt hat er auf Bilder zurückgegriffen, die ich in den Jahren 2011-2013 mit M9 und M240 gemacht habe.
Letzten Samstag spielte “Cellissimo”, das ist das Cello-Ensemble von Oliver Krüger, in einem Flüchtlingsheim in der Nähe von Vlotho. Da meine Tochter auch beteiligt ist, war ich dabei und hatte mir vorgenommen, die Sache fotografisch zu dokumentieren. Eine willkommene Gelegenheit, die Q in Kombination mit der M zu testen. Ich nahm also beide Kameras mit, die M nur mit dem 50er Summilux, kein weiteres Objektiv. Ich wollte sehen, was ich mit 28 und 50mm Brennweite abdecken kann. Ein weiterer Grundgedanke war, ohne Objektivwechsel auszukommen und so Staub (auf dem Sensor) und Zeit zu sparen.
Als ich die M checkte, sah ich eine Anzeige, die ich noch nie zuvor gesehen hatte: Auf dem Display erschien in roter Schrift: “Akku-Alter prüfen”. Obwohl der Ladezustand noch gut war, scheint eine gewisse Alterung der Ladungsträger einzutreten. Jedenfalls zeigte mir dass, wie sehr ich mich in letzter Zeit auf die Q verlassen habe. Ein kurzes Nachladen behob das Problem.
Wir waren eine Stunde vor Konzertbeginn am Ort, nicht nur Cellissimo war beteiligt, sondern auch die “Cellissimo-Kids”, die ganz jungen Schüler von Oliver Krüger. In dieser Zeit vor Beginn machte ich schon einige Fotos, man kann schon mal die Belichtungsbedingungen testen und sich “warmschiessen”. Oft ist auch schon was Brauchbares dabei. Je näher der Beginn rückte, desto mehr Besucher fanden sich in der ehemaligen Aula der alten Schule ein, vor allem Kinder.
Und während ich meine Bilder machte, fand ich mich auf einmal von den Kindern umringt, die sich fragten, was ich gleich mit zwei Kameras dort anstellte. Bemerkenswert ist nebenbei, dass sie meine Kameras so anziehend fanden, denn dort waren auch andere, z.B. mit einer Bridge-Kamera mit Klapp-Display oder kleine Kompakte Kameras. Sie stürzten sich aber auf die Leicas. Warum? Ich vermute, dass selbst bei diesen Kindern, die (geschätzt) zwischen 5 und 11 Jahre alt waren, die “Gestalt” der Kameras quasi den Archetyp eines “ernstzunehmenden” Fotoapparats darstellt. Allerdings will ich das nicht überbewerten, wenn ich mit einer Canon 5D dort gewesen wäre, hätte die die Kinder auch angezogen.
Ich zeigte ihnen die Kameras und sie verstanden sehr schnell (wir verständigten uns mit Zeichensprache), dass die M zu kompliziert für sie war (eigentlich haperte es wie immer nur am manuellen Fokus, ein Konzept, dass für sie fremd war). Die Q hingegen konnten sie sofort intuitiv bedienen. Vielleicht erklärt mich der eine oder andere für Verrückt, aber ich liess sie mit der Q losziehen und drauflos fotografieren. Sie blieben ja im Saal, und die Sache machte mir genauso viel Spass wie ihnen. Das einzige, was schade war: Bei dem Gefummel an der Kamera hatte ich nicht bemerkt, dass das Zeitrad von Stellung “A” auf eine 1/2000 Sekunde gerutscht war. Daher machte die Kamera (deren maximale ISO ich auf 6400 eingestellt hatte) Bilder, die ich in Lightroom zwei Blendendstufen hochziehen musste. Andererseits beschert mir das einen Test über High-ISO, denn die resultierenden Bilder entsprechen 25 000 ISO. Sie sind trotzdem brauchbar, haben eine verträgliche Körnung und nur eine minimale Andeutung von Banding in ganz dunklen Bildbereichen (wenn man nicht danach sucht, findet man es nicht). Diese und alle anderen Bilder habe ich übrigens in Silver Efex entwickelt, dazu etwas Filmkorn gegeben (keins der anderen Bilder war über ISO 2000, also war etwas Struktur erwünscht, um die Dateien nicht so “klinisch” wirken zu lassen). Hier kommen die “High-ISO-Bilder:
So also wurde die Q zu meiner “Verleih-ca” (Begriff bei Paul Ripke geklaut).
Während die Q unterwegs war, machte ich einige Schnappschüsse von den Kindern mit der M und dem 50er Summilux:
Was die Kombination 28/50 mm betrifft: Unter den dort vorherrschenden Bedingungen brauchte ich nichts anderes, da ich mich frei bewegen konnte und auch nah dran kam (gerade bei 28 mm muss ich immer an Robert Capa denken: “If your Photos aren’t good enough, you’re not near enough!”). Müsste ich mehr Reichweite haben, bliebe immer noch, das 75er oder 90er zum Wechseln mitzubringen. Hier war das überflüssig.
Der unterschiedliche Bildwinkel beider Brennweiten sorgt für Abwechslung, 28mm bezieht mehr Umgebung mit ein, selbst bei “Close-Up”-Aufnahmen, während 50mm tendenziell mehr isoliert. Das Freistellungspotential beider Objektive ist natürlich willkommen. Nur bei dem Gruppenbild zum Schluss habe ich einmal auf f/2.8 abgeblendet, sonst immer Offenblende benutzt. Hier einmal eine Gegenüberstellung der Perspektiven bei ähnlichem Motiv und Entfernung:
Ich machte einige “Studien” mit dem 50er Summilux:
Nach dem Konzert stellten sich alle zu Gruppenbild auf, darunter auch einige Kinder und die Dolmetscher:
Aber die Kinder waren nicht nur auf meine Kameras scharf, die Musik hatte sie durchaus erreicht. Sie zeigten dann reges Interesse für die Celli. Ich hatte nun meine Q wieder:
Meine Tochter und ich verliessen die Schule mit einem Gefühl menschlicher Wärme. In diesen zwei Stunden konnten wir nur wieder mal feststellen, dass die Flüchtlinge und deren Kinder genau so sind wie wir. Nur haben wir das Glück, nicht in einer Gegend zu wohnen, wo blutrünstige Fanatiker uns ermorden wollen. Obwohl — was Fanatiker betrifft, haben wir die hier auch um uns. Der Hohe Bauzaun um das Schulgebäude und die zahlreichen Security-Leute waren ja wohl nicht da, um die Bevölkerung vor den Flüchtlingen zu schützen…
Die Fotos habe ich auch dem DRK-Mann gesandt, der das Camp leitet. Er wird sie den Kindern zur Verfügung stellen.
Die Schlussfolgerungen:
Die Q und die M mit 50er Objektiv sind eine Super-Kombination.
Die Q kann man jedem bedenkenlos in die Hand drücken
Aber noch etwas war an diesem Wochenende: Das 8-Klassenspiel der Waldorfschule Minden, die meine jüngere Tochter besucht. Die Klasse hatte in den letzten Wochen intensiv das Stück “Die Welle” einstudiert, das einen geradezu unheimlichen aktuellen Bezug hat. Meine Frau fotografiert sonst mit dem iPhone, aber als Fotos von den Proben für’s Programmheft gebraucht wurden (und ich keine Zeit hatte), drückte ich ihr die Q in die Hand. Sie war erst skeptisch, dann brachte sie ordentliche Fotos nach Hause:
Ich machte während der Aufführung noch ein paar zur Erinnerung (mit der M, weil ich für die Q zu weit weg war):
Zu guter Letzt noch ein Tipp: Wer nicht zu weit von Detmold entfernt wohnt und seine Technik für Nachtaufnahmen perfektionieren möchte, sollte wissen, dass die Aktion “Der Hermann leuchtet” wieder begonnen hat. Das ist ein Lichterspektakel mit Lasershow, das noch bis zum 20. März am Hermannsdenkmal stattfindet. Letztes Jahr war ich dort (siehe auch diesen Blog-Beitrag), diesmal hatte ich eigentlich nicht vor, dorthin zu fahren. Ich bin mit den Fotos vom letzten Jahr noch durchaus zufrieden, selbst wenn ich ein wenig neugierig bin, wie die Q sich machen würde.
Gleich nach Weinachten machte sich unsere Familie auf in die Alpen. Mit im Gepäck natürlich die Leica Q. Bis dahin hatte ich insbesondere im Skiurlaub immer die Fuji X100s benutzt, denn es kann unter Umständen sehr ungesund sein, sich mit einem Backstein um den Hals wie der M240 zu verplätten.
Aber nicht nur aus gesundheitlichen Gründen ist die M nicht so praktisch für solche Aktivitäten. Man kann sie z.B. nicht mit einer Hand bedienen (ausser man verzichtet aufs fokussieren, was sich evtl. auf die Bildqualität ungünstig auswirkt…), kurz gesagt, Autofokus ist erforderlich. Die Fuji X100 hingegen hat sich in diversen Skiurlauben bewährt, selbst unter widrigsten Witterungsbedingungen.
Da Standbilder unbeteiligte Betrachter nach kürzester Zeit einschläfern, mache ich gern “Actionfotos” während der Fahrt (darum die notwendige Bedienung mit einer Hand) oder auch Serienbilder von Vorbeifahrten oder Sprüngen. Ein schneller Autofokus ist also essentiell, die Fuji war bereits sehr gut in dieser Hinsicht, die Q ist bekanntermaßen noch besser. Während der Fahrt benutze ich selbstverständlich nur den Monitor zur Bildkomposition, da ich dann die Piste auch im Auge habe, um keinen umzufahren.
Ich benutze für die Q den Standard-Trageriemen der M-Kameras, der sehr gut zu ihr passt und sich in der Länge verstellen lässt (warum ist der mitgelieferte Tragriemen der Q so ein blödes Ding?). Quer über die Schulter gehängt, liegt die Kamera so gut vor oder hinter dem rechten Arm am Körper an und stört nicht beim Skifahren, selbst wenn man sehr schnell und sportlich fährt oder springt. Zum Schutz der Frontlinse habe ich einen B+W UV-Filter 010 (49mm-Gewinde) vorgeschraubt. Nur gute Filter nehmen, nicht daran sparen! Ansonsten hatte ich die Q nicht verpackt (ich bin ein Feind von Bereitschaftstaschen oder Halfcases, die Teile sind mir alle viel zu klobig), selbst bei Schneefall hätte ich die Kamera umbehalten, wie ich es auch bei der Fuji X100 tat, denn wenn die Kamera Aussentemperatur hat, schmilzt der Schnee nicht, Feuchtigkeit ist so kein Problem. Kristian Dowling hat die Q sogar im strömenden Regen benutzt, nur kann er das natürlich nicht weiterempfehlen. Den Objektivdeckel nehme ich übrigens nie, die Sonnenblende ist Schutz genug und so ein loser Deckel ist meist in Nullkommanix verschwunden. Der Akku hält so einen Skitag locker aus, allerdings hatte ich einen zweiten in der Tasche, für alle Fälle. Wenn ich von der Piste zurückkam, wurde der Ersatzakku für den Abend eingesetzt. Am nächsten Morgen waren wieder beide frisch geladen.
Doch ganz so extreme Wetterverhältnisse wie beim letzten Skiurlaub die Fuji X100 musste die Q diesmal nicht ertragen, denn es war die ganze Woche sehr frühlingshaft. Der gesamte Alpenraum litt unter Schneemangel, entsprechend bestanden die Pisten aus Kunstschnee, der aber von überraschend guter Qualität war und uneingeschränktes Fahrvergnügen zuließ. Die Einheimischen kratzten sich am Kopf und konnten sich kaum erinnern, wann mal so ein Schneearmes Weihnachten war. Die Angaben gingen denn auch zum Teil in die 50er Jahre zurück, einer behauptete gar, das sei das letzte Mal 1946 so gewesen. Meine Kollegin (mit der ich zusammen die Praxis habe) ist sich sicher, dass es in den 90ern schon mal so war.
Wie auch immer, Skifahren ging sehr gut, es war dafür sonnig und das Skigebiet nicht überfüllt. Dazu muss ich unsere Unterbringung erwähnen: Im Haus “Rehblick”, direkt am Feistritz-Lift, von dem man schnell zur Talstation kommt, kein Auto oder Ski-Bus nötig.
Aber das allein machte es nicht aus, Rehblick ist eine bodenständige, traditionelle Frühstückspension des Ehepaars Yvonne und Michael Ladstätter. Yvonne kümmert sich wirklich liebevoll um die Gäste und versucht alles, den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Im Vorfeld organisierte sie sogar, wo wir Sylvester feiern konnten, für meine Frau buk sie extra einen Geburtstagskuchen (weil im Ort kein Bäcker mehr ist). Ihre freundliche und herzliche Art ist alles andere als geschäftsmässig, und das spürt man sofort, man fühlt sich willkommen. Desgleichen Michl, ihr Mann, Leiter der Skischule. Michl hat immer gute Tipps parat und schüttelte für uns spezielle Skistunden und ein Langlauf-Special am Staller Sattel aus dem Ärmel. Er hilft in der Pension, wo er kann, dabei ist nämlich auch eine kleine Landwirtschaft. Die Milch kommt immer von den eigenen Kühen. Schade, dass die Schneelage so mies war, denn Michl hätte mit uns eine Tour abseits der Pisten gemacht.
So, das war der Werbeblock, aber das durfte nicht unerwähnt bleiben. Diese persönliche und freundliche Atmosphäre ziehe ich jedem Fünf-Sterne-Hotel vor.
Zurück zum Thema: Die Q war also auf der Piste ebenso gut zu gebrauchen wie die Fuji X100, welch letztere, ich muss es einfach sagen, vom Preis-Leistungsverhältnis nach wie vor die ultimative Wahl unter den kompakten High-End-Kameras darstellt. Selbst die Sony RX1R II ist nüchtern betrachtet sehr teuer, wenn man bedenkt, was sie (und die Q) der Fuji voraus haben. Aber natürlich: Für Leute wie mich ist so ein Vollformatsensor das Lockmittel.
Und der ist in Verbindung mit dem Summilux-Objektiv schon Klasse, eine andere Liga als jede APS-C oder Micro 4/3 Kamera. Ursprünglich hatte ich den Eindruck, dass die Farben der Q der der M240 sehr ähnlich sind, aber das war, als ich jede Menge Low-Light Aufnahmen machte, bei Kunstlicht ist das schwer zu beurteilen. Nachdem ich jetzt viele Tageslicht-Fotos gesichtet habe, stelle ich fest, dass das Farbschema der Q etwas anders ist, vielleicht sogar besser, obwohl ich mich über die Farben der M240 nie beschwert habe.
Bei Sonnenschein und Schnee ist man bei herkömmlichen Kameras schnell gezwungen, die Blende zu schliessen oder einen ND Filter zu benutzen. Die Fuji hatte einen eingebaut, den man zuschalten konnte, die Q braucht ihn nicht, weil sie ab einer 1/2000 sec auf elektronischen Verschluss umschaltet, der bis zu einer 1/16 000 sec geht. Bei bestimmten, sehr schnell bewegten Motiven kann “Rolling Shutter” auftreten, dann muss man doch auf den guten alten ND-Filter zurückgreifen. Dieses Problem gab es aber auf der Piste nicht, zwar war die Fortbewegungsgeschwindigkeit insbesondere meiner älteren Tochter etwa im Bereich einer Pershing-Rakete, für die Q reichte es aber noch.
Bei Blende f/4.0 oder f/5.6 wurden bei der Helligkeit teilweise noch Belichtungszeiten von 1/10 000 sec gebraucht. In Verbindung damit muss ich noch den Autofokus erwähnen: “Lichtgeschwindigkeit” beschreibt ihn nur unzulänglich. In der Silvesternacht machte ich aus Neugier Schnappschüsse von den Raketen, die Michl in den Nachthimmel schickte. Die Kamera war in der Lage, in dem Augenblick zu fokussieren, in dem die Raketen explodierten und ohne wahrnehmbare Verzögerung auszulösen, so dass dieser Moment im Bild festgehalten wurde. Was das in Bruchteilen von Sekunden eigentlich heisst, weiss ich nicht, aber es ist sehr, sehr wenig… übrigens ist das totaler Blödsinn, auf diese Weise Feuerwerke zu fotografieren. Mir ging es nur um das Experiment. Wer wissen will, wie man das wirklich macht, sollte sich mein Tutorial dazu ansehen. Es befindet sich in der Mitte dieses Blog-Beitrags.
Noch etwas zum automatischen Weissabgleich: Er ist (fast) immer perfekt. Bei Kunstlicht neige ich gelegentlich dazu, es etwas weniger gelblich zu machen, aber das liegt nicht an der Kamera. Die hat es so genommen, wie es war. Wenn ich ganz besonders sicher sein will, nehme ich meine Whibal-Karte und mache einen manuellen Weissabgleich, zwei individuelle Werte kann die Kamera speichern. Meistens kann man sich die Mühe sparen. Das folgende Bild ist eine Herausforderung an den Weissabgleich (und die Sensordynamik). Später Nachmittag, Talstation im Schatten, Spiegelung der gegenüberliegenden Berge im Sonnenlicht, Kunstlicht in den Schaufenstern… ein Alptraum für den Weissabgleich. Ich habe ihn so gelassen, wie er aus der Kamera kam:
Eigentlich bin ich ein Verfechter des “Instant décisif”, also des “Entscheidenden Augenblicks”. Das bedeutet, man drückt im richtigen Moment ab. Demgegenüber steht die Taktik “spray and pray”, also den Verschluss rattern lassen und hoffen, dass irgendwas Brauchbares dabei herauskommt. Beim Sport aber weiche ich meine eigenen Regeln auf, hier ist es durchaus sinnvoll, mal Serienbilder von Bewegungsabläufen zu machen. Bei der Q muss man den Einschaltknopf nur von “S” auf “C” (Continuous) stellen, dann macht sie Serienaufnahmen. Im Menü kann man einstellen, ob man 10, 5, oder 3 Bilder pro Sekunde haben möchte. Beim Skifahren fand ich die mittlere Einstellung am besten (5 Bilder/Sek.). Mit meiner verhältnismässig “langsamen” 16 GB Sandisk Extreme 30MB/s Speicherkarte machte die Kamera maximal zwölf DNG+JPG Bilder in rascher folge, dann musste sie “nachladen”. Sean Reid machte mit seiner Sandisk 16GB 45MB/s fünfzehn Bilder in Folge. Das hängt also von der Schreibgeschwindigkeit der Karte ab. Aber allein diese grosse Datenmenge zeugt von einem ziemlich grossen Arbeitsspeicher, über den die Kamera verfügt. Die Nachverfolgung beim fokussieren funktioniert tadellos. Alle Bilder einer Serie gestochen scharf. Ich habe ein paar zusammengestellt (nicht zu hoch aufgelöst, weil sie sonst zu viel Platz auf der Webseite wegnehmen, prinzipiell könnte man sie in 4K wiedergeben).
Einzelne Bilder aus Serien:
Das Gegenlicht-Verhalten des Objektivs ist exzellent, man kann locker gegen die Sonne Fotografieren, insbesondere etwas abgeblendet kommt es kaum zu “Flare” oder ähnlichen störenden Artefakten. Dabei bin ich mir bei den Skifotos nicht sicher, ob es eher an dem UV-Filter lag, wenn überhaupt etwas auftrat. Ich hatte zuhause mal bei Sonnenaufgang Fotos (ohne Filter) gemacht und nicht das geringste entdecken können.
Die Nächte waren sternenklar und wie immer im Hochgebirge ist trotz Restlichts der Ortschaften mehr zu erkennen als in unseren total “lichtverseuchten” Gegenden. Die Q verfügt über ein lichtstarkes Weitwinkel-Objektiv, dazu macht sie noch bei ISO 400 immerhin 30 Sekunden Belichtung. Bei 28mm Brennweite fangen bei 30 Sekunden Belichtungszeit die Sterne zwar an, leicht “länglich” zu werden, das macht sich aber nur bei näherer Betrachtung bemerkbar. Wer die genauerem Zusammenhänge nachlesen will, kann sich mein Tutorial zur Fotografie des Sternenhimmels ansehen. Für den Bildeindruck an sich spielen die leicht ovalen Sterne keine Rolle. Also schnappte ich mir ein Stativ und ging aufs Feld oberhalb von “Rehblick”. Die Nächte im Tal waren kalt, -7 Grad und weniger, ich fummelte mit kalten fingern an der Kamera herum. Aber wie die M9 oder M240 sind die wenigen notwendigen Bedienknöpfe ohne weiteres im Dunkeln gut zu finden. Man muss manuell auf unendlich fokussieren, denn am dunklen Himmel findet der Autofokus keinen ausreichenden Kontrast. Blende auf f/1.7 und das Zeitwahlrad auf 1+ gestellt, wählte ich mit dem Daumenrad die maximale Belichtungszeit von 30 Sekunden. Die Bildkomposition war schwierig, hier zeigt sich das Manko eines noch so guten elektronischen Suchers. Ich konnte mich nur an Lichtpunkten orientieren. Zum Glück gibt es die Wasserwaage, dass man wenigstens den Horizont gerade hat. Ansonsten muss man zur Not belichten, nachsehen (“chimpen”), und die Komposition korrigieren.
Von dem Ergebnis war ich selbst überrascht, etwas ähnliches könnte ich mit der M240 nur mit dem 35er Summilux erreichen, diese Brennweite ist aber schon zu lang für die erforderliche Belichtungszeit. Um genügend Sternenlicht “einzufangen”, musste ich in Kauf nehmen, dass die Strassenbeleuchtung überproportional hell wird, entsprechend teilte ich das Bild bei der Nachbearbeitung in zwei Zonen, durch entsprechende graduierte Filter: Unten nahm ich die Highlights und die Belichtung insgesamt zurück, während ich beim Sternenhimmel um eine Blende hochzog und den Kontrast und die Tiefen verstärkte. Normalerweise hätte ich mir das sparen können, wenn ich keine Strassenbeleuchtung im Bild gehabt hätte, aber das konnte ich mir nicht aussuchen. Für “echte” Astrofotografie sollte man das vermeiden. Hat man in dieser Hinsicht Ambitionen (ich nicht!), sollte man sich übrigens eine Nikon D810 zulegen, es gibt sogar ein Sondermodell mit speziellen Features für die Bedürfnisse der Astrofotografen. Aber dass die Leica Q in der Lage ist, immerhin einen solchen “Eindruck” zu verschaffen, ist eine nette Zugabe. Hier noch mal nur die Milchstraße, einfach in den Himmel fotografiert:
Selbstverständlich konnte ich auch die Low-Light Eigenschaften der Kamera gut gebrauchen. Es gibt dort urige Hütten und Restaurants, in denen es recht schummrig ist. Nächstes Foto: Stromausfall beim Silvesterdinner. Kerzenlicht als einzige Lichtquelle.
In der Silvesternacht waren wir noch in dem angesagten Aprés-Ski-Schuppen “Kuhstall”, um etwas abzufeiern.
Am Ende des Urlaubs stellte ich verblüfft fest, dass ich meine M nicht einmal benutzt hatte. Das sagt viel darüber aus, wie ich mit der Q zufrieden bin. Aber dennoch: Ohne M geht es nicht, es gibt Gelegenheiten, da reicht mir die 28mm Optik doch nicht. Man darf gespannt sein, was im September dieses Jahres die neue M bringen wird, die Q gibt schon einen Vorgeschmack auf den neuen Wind, der bei Leica weht.
Es ist eigentlich seltsam, dass hier nicht öfter Pferde auftauchen, denn die spielen bei uns eine nicht unbedeutende Rolle. Die drei Frauen, die mein Leben bestimmen, suchen ihr Glück nämlich unter anderem auf dem Rücken der… wie schon gesagt. Ich bin selbst mal einige Jahre viel geritten, aber habe mich dann mehr aufs Rennrad fahren verlegt. Man muss eine Auswahl treffen, wenn man so viele Tauben auf dem Dach hat wie ich, sonst geht man im Freizeitstress unter.
Heute war in unserem Reitverein “Weihnachtsreiten”, das ist eine gesellige Veranstaltung. Es wird eine “Quadrille” geritten, die Kinder bekommen Geschenke (hauptsächlich “Leckerlis” für die Pferde), zum Schluss ein Mächtigkeitsspringen (wer sich traut).
Der “Chef”, Helmut Rethemeier, Olympiasieger von 1976
“Q” wie Quadrille, da liegt es nahe, mal wieder die Q unter erschwerten Bedingungen auszuführen… auf dem Prüfstand heute: Der Autofokus.
Und ich muss gleich sagen, ich bin immer noch dabei, mich vom Boden hochzurappeln, so hat mich das Ergebnis umgehauen! Der Autofokus nagelte die Pferde im Sprung über dem Hindernis fest. Während der Quadrille machte ich ein paar mitgezogene Aufnahmen mit relativ langer Belichtungszeit, dadurch kommt es zu partiellen Bewegungsunschärfen im Bild. Doch gerade das verschafft den Fotos (Bewegungs-)Dynamik. Die Bildstabilisierung war ausgeschaltet, die verträgt Bewegung im Bild nämlich nicht. Ich hatte sie bei keinem der Fotos an.
Das Licht in der Reithalle wechselte ständig, weil teils grelles Sonnenlicht durch die Oberlichter fiel, dafür war es zwischendurch schummrig. Die ISO der Bilder schwankt infolgedessen zwischen 100 und 2000. Die Belichtungszeit stellte ich manuell ein, da die Kamera dazu tendiert, immer 1/60 sec zu nehmen (man kann natürlich eine andere Grenze einstellen). Ich wählte aber lieber manuell je nach Bedürfnis mal 1/125, 1/250 oder 1/500 sec. Die ISO stellt sich entsprechend ein. Blende hatte ich immer zwischen f/1.7 und f/3.2, viel kleiner war nicht nötig.
Letztes Jahr habe ich etwa das gleiche mit meiner M und dem 35er Summilux fotografiert und das ging hervorragend… aber… ich bringe es kaum über die Lippen… mit dem Autofokus der Q kann jeder Depp die Bewegung einfangen, während das mit der M ganz schön Übung erfordert. Obwohl es so “einfach” war, hat es auch mit der Q Spass gemacht. Das soll jetzt aber nicht heißen, dass die Q von jedem bedient werden kann. Damit vernünftige Fotos entstehen, gehört doch etwas mehr dazu als nur ein schneller Autofokus. Eine teure Kamera allein war noch nie ein Garant für gelungene Fotos.
Wenn man genügend Bewegungsfreiheit hat, kann man das 28er Summilux Objektiv für alles gebrauchen. Vielleicht fällt es mir auch besonders leicht, weil 28mm ja schon lange meine bevorzugte Brennweite ist.
Fazit: Die Q wird in dieser ersten Reportage der hohen Erwartungshaltung gerecht, die ich an sie stellte. Zwar bin ich mit der M und Wechselobjektiven noch flexibler, dafür ist es befreiend, nur mit einer Brennweite zu “sehen”. Ausserdem: Kleine, leichte Kamera, keine weitere Ausrüstung erforderlich! Aber bei aller Lobhudelei sollte man jetzt nicht zu dem Schluss kommen, meine M hätte jetzt ausgedient! Es gibt genügend Gelegenheiten, bei denen die Q mit ihren 28mm suboptimal ist… und gelegentlich möchte man doch auch mal den Blickwinkel ändern. Ein 50er Summilux, 75er Summicron oder das 90er Macro-Elmar haben ihren eigenen Reiz, auf den ich nicht verzichten wollte.
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