Von selbst wären wir wahrscheinlich gar nicht auf die Idee gekommen, an die Westküste Dänemarks zu fahren, aber eine befreundete Familie fragte uns, ob wir mit wollten. Anders als in den Vorjahren hatten wir nichts im voraus geplant, also entschlossen wir uns spontan. Eine schöne Unterkunft war auch schnell gefunden, also stand der Sache nichts im Wege.

Ich war erst einmal zuvor (so richtig) in Dänemark, und das war im letzten Jahr, als ich eigentlich zum mountainbiken nach Südtirol wollte und in Kopenhagen gelandet war…
Es war von vornherein klar, dass der Urlaub zum ausspannen gedacht war, denn an unserem destinierten Reiseziel gab es hauptsächlich drei Attraktionen: Den Strand, die Dünen und das Meer. Leute, die gewohnheitsmässig nur in diese Gegend fahren, müssten erst schrittweise an andere Reiseziele herangeführt werden, weil sie vermutlich sonst an Reizüberflutung zugrunde gehen 😉

Die ganze Küste entlang reihen sich Cluster von Ferienaussiedlungen in regelmässigen Abständen aneinander, meist “in the middle of nowhere”. Fuchs und Hase haben dort schon Sehnenscheidenentzündung vom vielen Pfote schütteln beim gute Nacht sagen…
Entsprechend lag auch unser Domizil in den Dünen von Bjerregård auf dem schmalen Landstreifen zum Fjord von Ringköping. Der nächste Ort, Nymindegab, wurde von uns in Nymindegrab umgetauft, wegen der friedhofsähnlichen Stille, die dort herrschte…obwohl wir andererseits auch wieder Witze darüber machten, wie die, die dort nicht einmal tot über’m Zaun hängen wollten, von Bussen dort abgeholt werden…
Nach Norden hin findet sich Hvide Sande, wer sich nicht für Fischerei interessiert, kann die Stadt getrost vernachlässigen, ausser man möchte in der Einkaufsstrasse in den siebenundzwanzig verschiedenen Modegeschäften siebenundzwanzig mal das identische Sortiment von Jack-Wolfskin-Klamotten durchforsten.

Wenn man wirklich ein schönes dänisches Städtchen besuchen möchte, muss schon die halbe Stunde Autofahrt nach Ringköping in Kauf genommen werden, dann kommt man auf seine Kosten. Ferner gibt es ein sehenswertes Wikingermuseum in Bork, ansonsten kann man die Attraktionen in der unmittelbaren Umgebung an den Fingern einer Hand abzählen, aber was soll’s? Es geht hauptsächlich um die Familie, um das Zusammensein.

Sollte ich also jetzt mit meinem Sarkasmus ein wenig über’s Ziel hinausgeschossen sein, nehme ich mich jetzt zurück: Was wir dort hatten, war ein sehr schönes Fleckchen Erde gleich hinter den Dünen, unsere Freunde wohnten nur wenige hundert Meter entfernt. Wir waren mitten in der Natur, konnten sofort an den Strand, Rad- und Spazierwege gab’s auch, das Wetter war gut. Unser Häuschen hatte eine sehr schöne Einrichtung, Ausstattung und Raumaufteilung, die Details der Vermietung waren in einem perfekten Service geregelt. Alle Dänen, mit denen ich zu tun hatte, waren sehr freundlich und sprachen beschämenderweise alle Deutsch. Ich kann ganz gut Schwedisch (das grosse Ähnlichkeiten aufweist), aber das gesprochene Dänisch klingt doch ganz anders. Lesen kann ich es ganz gut, aber ich habe mir vorgenommen, etwas mehr dänisch zu sprechen, wenn ich das nächste mal in dieses Land komme.
Ausserdem hatten wir ziemlich viele Kinder…denn unsere Freunde haben fünf, von 3 Monate bis 8 Jahre, wie die Orgelpfeifen. Obwohl unsere zwei schon “aus dem gröbsten raus sind” (und meine Älteste eher als Babysitter fungierte und von den Kleinen angehimmelt wurde), war entsprechend viel Leben in der Bude…damit kommt jetzt wieder der Standort ins Spiel, denn der ist für Kinder ideal! Am Strand spielen, Drachen steigen lassen, Muscheln oder Steine suchen, irgendwas gibt’s immer zu tun (und soviel besser für die Entwicklung als in Monitore zu starren…).

Ein reiner Familienurlaub also, das bedeutet auch, dass ich zwar einen Haufen Fotos gemacht habe, aber die sind im wesentlichen privat. Eine ganze Menge Kinderbilder sind sehr schön geworden, auch Porträts, und das widerlegt mal wieder die Behauptung, mit einer Leica-M könne man nur statische Szenen fotografieren (ich weiss, ich reite immer darauf herum, aber mich wurmt es jedes mal, wenn wieder so ein “Experte”, der noch nie eine Leica in der Hand hatte, dergleichen idiotische Thesen aufstellt. Dass es nicht so ist, kann man auf meiner Webseite mindestens hundert mal sehen).
Man muss freilich schnell sein…das bringt mich auf einen Exkurs: In wenigen Tagen wird die kommende Leica SL angekündigt, den Gerüchten nach wird sie Vollformat haben, dazu Autofokus und entsprechende Objektive. Es scheint fast so, als bekämen jetzt diejenigen, die sich die Q mit Wechselobjektiven gewünscht haben, ihren Willen. Ich wiederhole jetzt nicht alle Spezifikationen, wer sich “up to date” bringen will, soll hier nachsehen. Jedenfalls wird das bestimmt ein tolles Ding, nur heisst das noch lange nicht (wie bei der Q, die ich auch toll finde), dass ich die unbedingt haben will. Sicher, der Sensor wird besser sein, und das ist nie schlecht…vielleicht ist sie ein wenig kleiner als die M, und das wäre für mich sehr verlockend…aber andererseits: Wenn ich eine Kamera haben wollte, die wie die Sony A7 ist, hätte ich sie bereits!
Denn eins ist klar: Autofokus ist ja ganz nett, aber ich will den manuellen Fokus gar nicht aufgeben! Wenn die “Neue” nicht die Option hat, meine Objektive genau so schnell wie mit einem “echten” Messsucher zu fokussieren, ist sie für mich ein Gutteil uninteressanter. Aber eben das bleibt abzuwarten. Vielleicht haben die Leica-Ingenieure ja einen Weg gefunden, sowas wie einen Messsucher elektronisch einzufügen, und damit meine ich nicht Fokus-Peaking. Ich lass mich überraschen…
Man kann immer noch mehr wollen. Eigentlich kann ich mit meiner M alles machen, was ich gerne fotografiere, aber eine Sache ist ganz mies bei der Kamera, sogar schlechter als bei der M9, dem Vorgängermodell. Nämlich einen Sonderfall der Langzeitbelichtungen betreffend, die Ablichtung des Sternenhimmels. Warum in Dreiteufelsnamen kann man selbst in Stellung “Bulb” nicht länger als 60 Sekunden belichten? Und warum verkürzt sich diese Zeit sogar erheblich, wenn man höhere ISO-Werte einstellt als 200? Selbst die M9 konnte das, von meiner alten Canon 5D Mark II ganz zu schweigen. Wird der Sensor dann zu heiss? Für eine vernünftige Aufnahme der Milchstrasse brauche ich wenigstens 20-30 Sekunden bei einer ISO, die grösser ist als, sagen wir 1000. Mit der M nicht möglich, ich kapier’s einfach nicht.
Grund für dieses Lamento ist, dass nämlich der Sternenhimmel in Dänemark fantastisch war, es war nicht nur gerade Neumond, man ist halt auch von zivilisatorisch bedingten störenden Lichtquellen weit entfernt, also ideale Aufnahmebedingungen. In einer halben Stunde am nächtlichen Strand konnten wir sieben Sternschnuppen zählen, wenn die M da bessere Eigenschaften hätte, hätte ich einiges festhalten können. Okay, wieder mal Jammern auf höchstem Niveau, denn es gibt sonst nichts, was ich (für meine Bedürfnisse) mit der M nicht machen kann. Aber trotzdem…so was nervt mich…für die M hätte ich das Tutorial “Wie man den Sternenhimmel fotografiert” nie geschrieben.
Reicht allerdings bei weitem nicht aus, mich wieder ins DSLR-Lager zu treiben…nein Danke…so wichtig ist mir das denn doch nicht.
Aber von solchen kleinen Ärgernissen mal abgesehen schwelgte ich vor allem in der Fotografie mit meinen 35er und 50er Summiluxen bei Offenblende (vor dem 50er habe ich beinah standardmässig einen ND-Filter vor). Gerade, wenn es um Menschen geht (in diesem Sonderfall Kinder, also kleine Menschen, obwohl die in Deutschland von manchen in der Rangfolge hinter den Hunden eingeordnet werden…), ist das Freistellungspotential enorm und gibt den Bildern eine Tiefe, die sich mit herkömmlichen Optiken nun mal nicht erzielen lässt. Und da kommt meine Skepsis von weiter oben wieder zum tragen: Den Autofokus möchte ich sehen, der bei der kleinen Tiefenschärfe genau auf den Punkt scharf stellt (z.B. Augapfel), den ich anvisiere. Auch Fokus-Peaking z.B. ist viel ungenauer (oder deutlich langsamer), wie ich leidvoll feststellen musste, als vor einigen Wochen mein Messsucher “hing”.
Bei den folgenden zwei “spontanen” Porträts wird eine wichtige kompositorische Regel demonstriert: Bei geringer Tiefenschärfe muss das Auge immer im Fokus sein, sonst wirkt das Bild “schwammig”. Wenn die Person im Profil abgelichtet wird, muss mindestens das Auge scharf dargestellt sein, das dem Fotografen zugewandt ist. Gegebenenfalls leicht abblenden, um das andere Auge in den Bereich der Tiefenschärfe zu bekommen. Das ist aber schon nicht mehr so wichtig. Allerdings sollte man insgesamt die Sache mit der flachen Tiefenschärfe nicht so weit auf die Spitze treiben, dass schon die Nasenspitze deutlich im Bokeh-Bereich liegt. Wenn man bei einer klassischen Porträt-Brennweite (die irgendwo zwischen 80 und 130mm liegt) mit Blende f/4.0 arbeitet, ist man immer auf der sicheren Seite. Die beiden folgenden Bilder sind mit dem 35er und 50er Summilux bei f/1.4 gemacht, da muss man schon mal darauf achten, dass man nicht übertreibt. Bei dem 50er ist das fokussieren auf die Pupille besonders knifflig, vor allem, wenn das Motiv nicht wirklich still hält. Man muss einfach blitzschnell sein. Anmerkung: Ein Autofokus hilft bei den Bedingungen auch nicht weiter.

Und war Dänemark schön? Natürlich, die Tage vergingen schnell und die Abende waren gesellig, es ist jetzt schon viel früher dunkel und es lohnte sich, den Ofen anzuheizen. Einmal habe ich den Sonnenuntergang fotografiert, ich konnte mich nicht zurückhalten…dabei gibt’s solche Fotos doch zu tausenden! Soviel Auswahl an Landschaftsmotiven gab’s halt nicht, da nimmt man, was man kriegen kann. Jedenfalls wurde ich deswegen von meiner Familie ausgelacht, als ich damit zurückkam! Die sind ganz schön verwöhnt! Ausserdem sei der auf Sylt (also, der Sonnenuntergang)! Da kann ich doch nichts dafür, dass die Dänen den gleichen Landschaftsarchitekten beschäftigen!
Aber vielleicht ist es interessant, bei den drei folgenden Fotos die unterschiedliche Bildwirkung zu vergleichen, die allein durch die Wahl des Objektivs vorbestimmt wird. Das erste ist mit dem 28er Elmarit, das zweite mit dem 90er Macro-Elmar und das dritte mit dem R-Vario Elmar 80-200 bei 200mm gemacht.

Aber man muss am Meer nicht allein Sonnenuntergänge fotografieren. Bei ständig wechselnden Lichtbedingungen ergeben sich oft interessante Motive, oder man verlegt sich auf Gegenlicht-Fotos.

Insgesamt habe ich eine ganze Anzahl Schwarzweiss-Fotos, eigentlich mische ich sie ungern mit den Farbigen, aber ich wollte nicht ganz darauf verzichten. Viele Fotos, die mir wirklich am Herzen liegen, kann ich hier nicht zeigen, weil sie zu persönlich sind. Trotzdem bekommt man vielleicht einen Eindruck von dem, was dort angesagt war. Es muss nicht immer Paris, London oder Berlin sein, um gute Motive zu finden. Die besten hat man meist um sich! Nämlich die eigene Familie.
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