Objektive für Leica M aus China – da lösen schon die Namen bei vielen M-Fotografen starke Reaktionen aus. TTArtisan, 7Artisans, Laowa, Thypoch, Light Lens Lab, Polar, Mr. Ding, Funleader: All das sind Firmen in China, die Objektive mit Leica-M-Anschluss herstellen. Einige von ihnen gibt es schon seit einigen Jahren, andere sind neu. Diese Folge der M-Files gibt einen Überblick über China-Linsen für M-Mount und setzt sich auch mit dem Thema Imitate auseinander. 

Die Vielfalt ist verwirrend geworden. Eine ganze Reihe neuer Hersteller für Objektive mit M-Mount ist in den letzten Jahren auf der Bildfläche erschienen – aus China und mit einer oft merkwürdig erscheinenden Produktpalette. Von eigenständigen Entwicklungen über kaum verhohlene Kopien von Leica-Produkten bis zu originellen Umbaulösungen ist da so ziemlich alles dabei. Alles in allem sind es inzwischen vermutlich mehrere dutzend M-Mount-Objektive, die auf diese Art und Weise zur bereits großen Auswahl bei Leica, Zeiss, Voigtländer und Co. dazugekommen sind.

Es gibt inzwischen viele chinesische Objektive für Leica M

All diese Objektive so umfassend zu erproben und zu beurteilen, wie das bisher in den M-Files der Fall war, ist im Moment nicht zu machen. Das liegt zum einen an der schieren Menge. Zum anderen sei auch die Frage erlaubt, wie man mit Objektiven umgeht, auf die der Begriff der Produktpiraterie vielleicht nicht ganz unzutreffend ist. 

Ich will hier keine einzelnen Hersteller oder Produkte anklagen, erlaube mir aber eine generelle Anmerkung: Sich über Patente und Schutzrechte einfach hinwegzusetzen, ist nicht nur unfair und dreist, sondern oft auch illegal. Damit müssen sich in erster Linie die betroffenen Unternehmen herumschlagen. Aber auch wir Kunden können uns natürlich überlegen, ob wir solche Praktiken mit unserem Geld fördern wollen.

Dieser Artikel: Überblick statt Reviews

Auf der anderen Seite sind diese Produkte nun einmal in der Welt, und immer wieder erreichen mich auch Fragen dazu. Deshalb habe ich mich entschlossen, eine Spezial-Episode der M-Files einzulegen. In ihr gebe ich einen Überblick (mit Stand Frühjahr 2024, der Markt ist ständig in Bewegung) über Hersteller von M-Mount-Objektiven aus China und deren Angebot. Auf die Optiken selbst gehe ich so ein, wie ich es sonst in den M-Files mache – es gibt keine Beurteilungen zu optischer und mechanischer Qualität und keine Beispielfotos. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass im Einzelfall solche Reviews noch folgen.

Das vorweg. Ich gehe einfach nach Herstellern vor, erhebe aber keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Einige der bekanntesten sollten dabei sein. Aber die Dinge ändern sich schnell auf diesem Markt. 

Objektive für Leica M aus China, #1: 7Artisans

7Artisans ist einer der ältesten Hersteller von M-Mount-Objektiven in China. Das Unternehmen wurde 2016 gegründet, wie es auf seiner Website schreibt. Es stellt Objektive für verschiedene Anschlüsse und auch eine breite Palette von Cine-Objektiven her. Ich habe keine Ahnung, auf welcher Basis sie das Leica L- oder Nikon Z-Bajonett verwenden, aber das Patent für Leica M ist schon lange abgelaufen, also kann es frei verwendet werden. Die Preise sind in der Regel niedrig, und die Firma hat Kooperationen mit US-amerikanischen und europäischen Vertriebspartnern aufgebaut, so dass man aus einer Vielzahl von Quellen kaufen kann.

Für Leica M-Anschluss bietet 7Artisans derzeit ein 5,6/28, ein 1,4/35, ein 2,0/35 und ein 5,6/35 Pancake-Objektiv an. Vor einiger Zeit waren auch ein 1,4/28 und ein 1,25/75 im Programm – diese beiden Spezifikationen werden vielen Leica-Nutzern sofort ein Begriff sein. Vielleicht handelte es sich dabei um einmalige Produktionslose, oder sie wurden aus anderen Gründen eingestellt. Man kann sie auf jeden Fall noch immer finden. Beide Objektive wurden mit Werkzeugen für die Feineinstellung der Entfernungsübertragung an den Messsucher ausgeliefert, sodass der Kunde einiges an Arbeit zu leisten hat. Aber das 1,25/75 kostete ja auch weniger als 500 Euro (Noctilux 1.25/75: 12.950 Euro).

Die Objektive vom 7Artisans sind aus Metall und Glas, sie sind ziemlich schwer und nicht so kompakt wie ihre Gegenstücke von Leica oder Voigtländer. Die Verpackung erinnert irgednwie an die Schachteln einiger sehr teurer Leica-Objektive. Ich selbst habe einige der Objektive gesehen, aber noch nie eines davon benutzt.

Objektive für Leica M aus China, #2: TTArtisan

TTArtisan klingt ziemlich ähnlich wie 7Artisans, und es gab einige Verwirrung darüber. Soweit ich weiß, haben die Unternehmen stets betont, dass sie nichts miteinander zu tun hätten. Petapixel berichtet unter Berufung auf eine dritte Quelle, dass TTArtisan im Jahr 2019 als Konkurrenz zu 7Artisans gegründet worden sei. Beide Unternehmen haben jedoch in mehreren Märkten die gleichen Vertriebspartner. TTArtisan bietet Objektive für alle wichtigen Anschlüsse an, aber nicht das gesamte Sortiment mit allen Bajonetten.

Leica-M-Nutzer finden Objektive mit Spezifikationen, die vielen M-Nutzern bekannt vorkommen dürften, darunter ein 0,95/50, ein 1,4/50 und ein 1,4/35. Aber es gibt auch ein 1,5/21 mit einer anschraubbaren Streulichtblende, die, sagen wir mal, sehr nach Leica aussieht. Das 5,6/28 wiederum erinnert stark an das Summaron von Leica. Der jüngste Neuzugang ist ein 2,0/35-Objektiv mit APO im Namen – ein echter Brocken, aber zu einem Bruchteil des Preises von Leicas oder sogar Voigtländers 35 APO. 

Bei den Objektiven, die ich bisher gesehen habe, ist der Versuch, sich an Leica-Produkte anzulehnen, offensichtlich, bis hin zur Beschriftung und anderen Details. TTArtisan scheint in dieser Hinsicht keine Berührungsängste zu haben, sie haben ja auch den Voigtländer Aufsteckbelichtungsmesser mehr oder weniger kopiert. Die Preise sind sehr niedrig, meist weniger als ein Zehntel dessen, was Leica verlangt. Auch die Verpackung ist beeindruckend. Ob das auf die Objektive selbst auch zutrifft, kann ich bisher nicht sagen. Der erwähnte Belichtungsmesser ist bei mir im Einsatz und leistet sehr gute Dienste.

Objektive für Leica M aus China, #3: Laowa 

Laowa ist eine der bekannteren Marken für chinesische Optiken. Das liegt aber nicht in erster Linie an ihrem Engagement für Leica M, sondern an ihren innovativen Produkten für viele spiegellose Systeme. Laowa hat hier fraglos eine Reihe von Objektiven auf den Markt gebracht, die niemand erwartet und von denen niemand geglaubt hätte, dass wir so etwas brauchen. Darunter sind Ultra-Makro-Objektive mit kurzer Brennweite, ein Sonden-Objektiv und mehr. 

Petapixel hat einige interessante Hintergrundinformationen zu Laowa: „Laowa is the brand name of Chinese manufacturer Venus Optics (headquartered in Hong Kong), another recent startup having begun operations in 2013. They claim their design team has worked for Japanese and German manufacturers and – presumably – has good knowledge of their lens designs.“ Wer auch immer der „deutsche Hersteller“ sein mag und ob das jemals überprüft werden kann, das soll zumindest seriös klingen. Interessantes Detail: Die Domäne von Laowa ist bisher der manuelle Fokus – eine kluge Entscheidung, denn das macht Konstruktion und Herstellung eines Objektivs weit weniger komplex.

Für Leica M-Mount bleibt Laowa bei seinem Hauptgebiet: Weit- und Ultraweitwinkelobjektive mit vernünftiger Ausgangsöffnung, überschaubarem optischem Design und begrenzten Herstellungskosten. Die meisten M-Mount-Objektive sind Messsucher-gekoppelt und bemerkenswert klein. So kann selbst das ziemlich spektakuläre 14/4-Objektiv (kein Fisheye) normale 52-mm-Schraubfilter aufnehmen. Ein einzigartiges Objektiv in der M-Welt ist das 12-24/5,6, ein Ultraweitwinkel-Zoom. Dieses Objektiv ergibt natürlich nur mit einem elektronischen Sucher Sinn.

Objektive für Leica M aus China, #4: Thypoch

Ein anderer junger und ziemlich interessanter Hersteller von chinesischen M-Objektiven ist Thypoch. Mike Evans hat hier die Ethymologie des ungewöhnlichen Namens beschrieben. Laut Petapixel ist Thypoch erst seit 2023 aktiv, aber es ist jetzt schon deutlich, dass sich diese Marke von der Billig-Strategie mancher Mitbewerber abheben will. Die Produktion ist angelaufen und manche Händler haben die neuen Objektive auch schon am Lager (beim Hersteller selbst scheinen sie ausverkauft). 

Zum Start kommen, wenig überraschend, ein 28er und ein 35er. Beides sind ja Messsucher-Klassiker. Bemerkenswert ist eher, dass Thypoch gleich mal die Herausforderung annimmt, mit einer Lichtstärke von 1,4 an den Start zu gehen. Die Messlatte liegt ziemlich hoch, und die Preise von jeweils rund 760 Euro für die beiden Objektive zeugen von einem gewissen Selbstbewusstsein. Das ist immerhin so ziemlich der Preispunkt von Voigtländer – ihr 1,4/35 kostet weniger und das brandneue 1,5/28 (das von Kritikern sehr gelobt wird) nicht viel mehr. Andererseits verfügen beide Thypoch-Objektive über ein Floating Element, was eine ziemliche Herausforderung für Konstruktion und Fertigung darstellt.

Eine schöne Detaillösung ist die Schärfentiefe-Anzeige, die mit einer – zwar nicht neu erfundenen, aber schön umgesetzten – automatischen Skala intuitiv für die gewählte Entfernung und Blende zeigt, von wo bis wo der Schärfebereich reicht. Wenn Optik und Mechanik der beiden Objektive – die ich bisher nur mal in die Hand nehmen konnte – den zu Schau gestellten Ambitionen entspricht, wäre das ein bemerkenswerter Neuzugang in die M-Mount-Welt.

Objektive für Leica M aus China, #5: Light Lens Lab

Light Lens Lab ist insofern besonders, als sich dieser Hersteller komplett auf den Nachbau historischer Leica-Objektive konzentriert. Dafür sucht sich das Unternehmen Objektive auf, die einen mehr oder weniger legendären Status haben, und versucht diese – nach eigenen Angaben so nah am Original wie möglich – nachzubauen. Das alles scheint mit einer fast wissenschaftlichen Herangehensweise vollzogen zu werden, bis hin zu Vergleichen der MTF-Kurven.

Zu den Optiken, die Light Lens Lab bisher nachgebaut hat, gehört das erste Noctilux, das 50/1.2 mit asphärischen Linsen. Das ebenso sagenumwitterte achtlinsige Summicron 35 gehört auch dazu, natürlich das 35/1.4 ASPHERICAL (double aspheric) außerdem das ELCAN 50/2, das als eine Art Turbo-Summicron in Kanada für militärische Zwecke entwickelt und hergestellt wurde. So weit ich es verstanden habe, werden diese alten Rechnungen mit möglichst authentischen Glassorten umgesetzt. Auch die Asphären werden, historisch korrekt, durch Polieren hergestellt.

Für kommende Projekte sammelt Light Lens Lab, ähnlich wie bei einem Crowdfunding, Anzahlungen ein, den Rest bezahlen die Kunden dann bei Lieferung. Was sie dafür bekommen, ist sicher kein billiges Imitat, diesen Anspruch erheben allein schon die Preise. Ich habe noch keines dieser Objektive selbst benutzt, kenne aber einige begeisterte Besitzer, und die Reviews des renommierten Experten Ed Schwartzreich auf Macfilos sprechen auch für sich: Er hat das 1,2/50 mit Freude benutzt und zeigt sich auch vom 1,4/35 „double aspherical“ sehr beeindruckt

Objektive für Leica M aus China, #6: Polar

Der Nachbau legendärer Leica-Designs scheint ein beliebtes Hobby unter chinesischen Objektivherstellern zu sein. Polar ist einer der jüngeren, der erst seit 2023 aktiv ist. Aus den Bildern, die im Internet aufgetaucht sind, ist zu sehen: Da versucht jemand, Leicas Klassiker bis hin zur einzigartigen Leica-Schriftart zu kopieren. Beim ersten Objektiv von Polar, einer Neuauflage des Summicron 35 Version IV, Pre-Asph („King of Bokeh“) ging das mit der Typographie freilich schief. Das Originalobjektiv verwendete noch die frühere, Helvetica-ähnliche Schrift und nicht die neuere Leica-Schrift, der Type LG1050.

Auf jeden Fall ist hier ein weiterer Hersteller von chinesischen Objektiven für Leica M am Start, und es bleibt abzuwarten, ob er Erfolg hat. Das Objektiv, das Polar nachbauen will, wird unter Leica-Benutzern geradezu kultisch verehrt, und ohne asphärische Linsen dürfte es nicht allzu schwer sein, es zu kopieren. Aber klar ist auch, dass die Herstellung eines Objektivs eine Menge Fähigkeiten, Wissen, Technologie und Ressourcen erfordert, auch im Herstellungsprozess. Hier auf fredmiranda.com wird das Projekt diskutiert.

Mit den Remakes des siebenlinsigen Summicron 35 von Polar und des achtlinsigen Summicron 35 von Light Lens Lab (siehe oben) stehen den Kunden zwei interessante Nachbauten von Objektiv-Klassikern zur Verfügung, ohne dass sie dafür vollkommen durchgeknallte Sammlerpreise zahlen müssen. Ob sie für ihr Geld aber auch gute Objektive bekommen, muss sich im Falle des so genannten „Classic-M“-Objektivs von Polar erst noch zeigen.

Objektive für Leica M aus China, #7: Mr. Ding 

Mr. Ding nennt sich selbst ein „Studio“ und sagt über sich selbst: „„We are a local brand in China, currently mainly dedicated to the research and development of the Leica-M Mount lens and the exploration of the old lens For Leica M.“  Bislang sind laut der Website zwei Objektive rausgekommen. Das eine heißt „Noxlux“ (Ähnlichkeiten in der Nomenklatur sind natürlich rein zufällig) und ist ein 50er mit einer Ausgangsöffnung von f/1,1. Das andere ist ein 1,8/35, das laut Mr. Ding auf dem ebenfalls legendären Leica 35/2 (IV) basiert.

Mr. Ding erklärt, dass er klassische Konstruktionsprinzipien verfolge und auch im Material mit Lanthan-Glas ganz traditionell unterwegs sei. Zugleich wird aber auch versprochen, dass die Mehrschichtvergütung des Objektivs dem T*-Standard von Zeiss entspreche, was eine ziemliche Ansage ist. Ich hatte noch nie eines dieser Objektive in der Hand, aber mit einem Preis von 600 US-Dollar für das 1,8/35 versucht sich Mr. Ding offensichtlich, sich von den chinesischen Objektiven für Leica M im Niedrigpreissegment abzuheben. Interessanterweise ist das 1,1/50 mit 400 USD billiger.

Neben den beiden Irgendwie-fast-Leica-Objektiven bietet Mr. Ding auch einen Umbausatz für das beliebte Contax G-Mount 2,0/45 an, der stark an das Funleader-Kit erinnert (siehe unten). Ein ultradünnes 18mm f/8 Objektiv ist ebenfalls im Programm, allerdings nicht für Leica M-Mount.

Objektive für Leica M aus China, #8: Funleader

Funleader ist ein bisschen ein Sonderfall. Es ist fraglich, ob die Produktion von chinesischen M-Mount-Objektiven überhaupt ihr Hauptgeschäft ist. Ein wichtiger Teil ihres Geschäfts ist der Umbau von Contax G-Mount-Objektiven für das leider aufgegebene Autofokus-Messsuchersystem aus den 1990er und 2000er Jahren in M-Mount-Objektive mit manuellem Fokus. Und die optische Zelle, die sie verwenden, wurde immerhin in Japan hergestellt.

Funleader hat bisher zwei G-Mount-Objektive vorgenommen: Das Planar 2,0/45, das meistverkaufte und Standardobjektiv für das System, und das Planar 2,0/35, ein deutlich selteneres Objektiv, das nicht von Anfang an erhältlich war und von den frühen G1-Gehäusen auch gar nicht unterstützt wird. Beide Objektive haben einen ausgezeichneten Ruf, sind aber nicht mehr so leicht zu finden. Deshalb verkauft Funleader meist nur die Fassung mit Einstellschnecke für diejenigen, die mutig genug sind, den Umbau selbst vorzunehmen. Darüber hinaus bietet Funleader zwei Pancake-Objektive an: ein superwinziges 2,8/28 und ein 18er mit Lichtstärke f/8.

Ich habe das ehemalige Contax Planar 2,0/45 ausgiebig an Leica Messsuchern verwendet, mehr über das Objektiv steht in Folge 15 der M Files. Auch Blog-Gastgeber Claus Sassenberg war sehr angetan. In einem Satz: Dies ist ein ausgezeichnetes Objektiv. Auf das 2,0/35 will ich irgendwann noch in einem seit langem aufgeschobenen Artikel oder in einer kleinen Serie über das Contax G-System schreiben. Beide Objektive/Fassungen sind nicht billig (Fassungen etwa 500 Euro, die kompletten Objektive, wenn verfügbar, ab 1.100 Euro), aber die Verarbeitung ist in diesem Fall wirklich ganz hervorragend. 

Fazit: Was taugen Objektive für Leica M aus China?

Ich denke, es wurde deutlich, dass die Vielfalt dieser Objektive für Leica M aus China enorm ist. Sie reichen von, ich kann es nicht anders sagen, billigen Kopien aktueller Leica-Designs bis hin zu wirklich innovativen Lösungen. In jedem Fall eröffnen diese Objektive neue Möglichkeiten für M-Nutzer. Viele von ihnen wirken recht erschwinglich – aber Achtung, Steuern und Abgaben können das erwartete Schnäppchen deutlich teurer machen. Selbst in China haben gute Qualität und seriöse Forschung und Entwicklung ihren Preis, und deshalb sind einige dieser neuen Objektive dann am Ende auch gar nicht so billig.

Objektiv betrachtet: Wann ist eine neue Linse ein Schnäppchen?

Bei Objektiven zu sparen, ist nie eine gute Idee, denn hier handelt es sich zumeist um eine langfristige Investition. Der niedrige Preis allein ist also kein sehr überzeugendes Argument für den Kauf eines dieser chinesischen Optiken. Ein gutes Objektiv kann Jahrzehnte halten (und einen guten Teil seines Wertes erhalten). Deshalb ist es sinnvoller, hier zu investieren, statt ständig neue Kameras zu kaufen. Wer aber zum Beispiel nur ab und zu eine bestimmte Brennweite benötigt, wird vielleicht doch mal zur China-Ware greifen. Hat man dann aber seine Nische gefunden, zum Beispiel mit einem lichtstarken 21er, und will sich dann „etwas Richtiges“ kaufen, sollte man sich vom Wiederverkauf der China-Ware freilich nicht viel erwarten.

Um es kurz zu machen: Unter diesen Objektiven für Leica M aus China befinden sich einige sehr interessante Produkte. Sicher, die offensichtlichen Plagiate sind ärgerlich; und es gibt gute Gründe, solche Praktiken nicht durch Kauf zu unterstützen. Aber auf der anderen Seite haben zum Beispiel Light Lens Lab oder Laowa einzigartige Produkte und verfolgen eine ganz andere Strategie, als einfach nur mit niedrigeren Preisen zu konkurrieren. Ich persönlich würde im Zweifelsfall eher zu einem der nicht ganz so billigen, aber immer noch sehr preiswerten Voigtländer-Objektive greifen, wenn ein Original-Leica-Objektiv unerschwinglich ist. Aber das bleibt natürlich jedem selbst überlassen.

Made in China kann hervorragende Qualität bedeuten. Der Funleader-Umbau des Contax G-Mount 2,0/45 für Leica M lässt keine Wünsche offen.

Zum Weiterlesen: Petapixel veröffentlichte jüngst, nicht nur für M-Mount, einen Leitfaden für chinesische Objektive. Ein weiterer Überblick findet sich in diesem Artikel auf philipreeve.net.


Die M-Files: M-Mount-Objektive, -Kameras und passendes Zubehör jenseits von Leica M

Die M-Files sind ein Langzeit-Projekt. Es konzentriert sich auf Foto-Ausrüstungsteile mit oder für Leica M-Bajonett, die von anderen Firmen als Leica hergestellt werden/wurden oder die sonstwie nicht zum M-System von Leica gehören. Es verfolgt einen mehr oder weniger enzyklopädischen Ansatz, ohne wissenschaftlich zu sein. Der Schwerpunkt liegt immer auf der praktischen Nutzung von Kameras, Objektiven und anderen Produkten. Zu den in den M-Files besprochenen Ausrüstungsteilen gehören Kameras, Objektive, Sucher, Belichtungsmesser und mehr. Einige der Marken auf der wachsenden Liste sind Billingham, Contax, Gossen, Konica, Minolta, Rollei, Sekonic, Voigtländer und Zeiss.

Hier geht es zum M-Files Navigator, der einen einfachen Zugang zu allen Artikeln auf Deutsch und Englisch und Reviews nach Produkttyp und Marke ermöglicht.

Find out more about the project and get access to all English versions of the M Files episodes (including this article in English) on www.macfilos.com.

2 Kommentare

  1. Jörg-Peter Rau

    Lieber Kai,
    vielen Dank für Deinen Kommentar und das offene Wort. Man könnte an diesem Beispiel sehr schön all das Für und Wider des Welthandels diskutieren. Und auch die Rolle von uns Verbrauchern, was ich ja oben zumindest angetönt habe. Ich denke, dass auch Leica sehr gute Gründe hat, ihr „Made in Germany“ (oder zumindest Made in EU) jenseits von direkten Marketing-Erwägungen so zu betonen. Das hier ist sicher kein politischer Blog, aber auf eine Art ist jede unserer Entscheidungen politisch. Das sollten wir in der Tat nie vergessen.
    Grüße, Jörg-Peter

  2. Lieber Joerg-Peter.
    Viele Dank für diesen sachlichen Artikel und die aufwendige Übersicht.
    Leider sind Geschäfte in China mit der Welt ideologisch besetzt. Sie gehen aus meiner Sicht in letzter Konsequenz mit (angestrebter) Unterdrückung und deren Finanzierung einher. Gäbe es einen fairen Wettbewerb und ansatzweise Menschenrechte, hätte ich abgesehen von Plagiaten kein Problem mit bestimmten Artikeln. Aber so versuchen wir selbst, möglichst auf Fair Trade beim Einkauf zu achten. Ich bin überzeugt, die sogenannten Schnäppchen werden uns in absehbarer Zeit noch teuer zu stehen kommen. Die Studenten au dem Platz des Himmlischen Friedens, Hong Kong und jetzt die Bedrohungen gegen Taiwan, die Attacken auf die philipinischen Fischer vor deren Küste, all das sollte uns bei unseren Kaufentscheidungen endlich nicht mehr kalt lassen. China bekämpft weltweit die Demokratie und wir finanzieren das mit.

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